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Erste Stolpersteine in Geisa verlegt - Nachkommen der Familie Stern angereist

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Johannes Henning, Vorsitzender Heimat- und Geschichtsvereins,  Bürgermeisterin Manuela Henkel und die Nachkommen der Familie Stern (von links) bei der Stolpersteinverlegung.
Johannes Henning, Vorsitzender Heimat- und Geschichtsvereins, Bürgermeisterin Manuela Henkel und die Nachkommen der Familie Stern (von links) bei der Stolpersteinverlegung. © Stadt Geisa

„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist!“ Mit diesem Zitat aus dem jüdischen Talmud begleitete Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel die erste Stolpersteinverlegung der Stadt vor dem Athanasius-Kircher-Haus.

Geisa - Mit der Verlegung der Steine werde die Erinnerung an die Menschen wieder lebendig, die hier einst wohnten, sie bringen die Namen zurück und erinnerten an jedes einzelne Schicksal.

Manuela Henkel begrüßte die Nachkommen der einst in Geisa lebenden Familie Stern, die heute in den Vereinigten Staaten und in England zu Hause sind. Die Familie war vor zwei Jahren auf die Stadt zugekommen und hatte nach einer Stolpersteinverlegung in der Nähe des einstigen Wohnhauses in der Schulstraße angefragt. (Lesen Sie hier: Großvater aus Hünfeld: US-Amerikaner Stewart Flörsheim auf den Spuren seiner Vorfahren)

Geisa: Erste Stolpersteine verlegt - Nachkommen der Familie Stern angereist

Im vergangenen Jahr hatte die Stadt gemeinsam mit dem Heimat- und Geschichtsverein „Geisaer Amt“ anlässlich der Veranstaltungsreihe „1700 Jahre jüdisches Leben“ Gelder für die Verlegung der Steine gesammelt. „Über einen langen Zeitraum hinweg hat der Heimat- und Geschichtsverein versucht, für Stolpersteine im Allgemeinen ein Bewusstsein zu schaffen“, betonte Vereinsvorsitzender Johannes Henning.

Er verwies nochmals auf die Neuauflage des Buches „Jüdisches Leben in Geisa“, dessen Verkaufserlös der Heimat- und Geschichtsverein mit Unterstützung der Werner-Deschauer-Stiftung in die Verlegung weiterer Stolpersteine investieren möchte.

Die Stolpersteine wurden von Marie Trender, Tristan Kehr und Tim Jentsch unter Mithilfe von Bauhofmitarbeiter Andreas Rothardt verlegt. Die drei Schüler des Gymnasiums Vacha hatten sich während ihrer Seminarfacharbeit mit dem Thema „Jüdische Kultur in Geisa – verdrängt und vergessen?“ beschäftigt. Insgesamt wurden neun Steine für Ruth, Nelly, Max, Betty, Beate, Hermann, Franzi, Lisel und Johanna Stern verlegt.

Video: 90 000. Stolperstein für Opfer der Nationsozialisten verlegt

Mit der Enthüllung der Gedenktafel am Athanasius-Kircher-Haus, einem Gedicht des 17-jährigen Ghettoinsassen Pavel Friedmann „Der Schmetterling“, das von den Schülern vorgetragen wurde, sowie dem Gesang des Kirchenchores Geisa wurde der feierliche Akt beschlossen. (Lesen Sie auch: Heimat- und Geschichtsverein plant Verlegung weiterer Stolpersteine in Schlüchtern)

„Als wir heute die Stolpersteine in den Bürgersteig legten, hatte ich das Gefühl, dass wir meine Familie nach Hause gebracht haben“, sagte Joan Arshen, Tochter von Max Stern, für den ebenso ein Stolperstein verlegt wurde. „Ich habe gelernt, dass der kleine Ort Geisa ein großes Herz hat.“ Beamte hätten ihren Vater bereits früh gewarnt und zur Flucht geraten, er wollte aber seine Eltern Hermann und Johanna nicht verlassen.

„Er hat nur ein einziges Mal über die Ereignisse des Holocaust gesprochen“, sagte Joan Arshen sichtlich bewegt. Sie dankte allen, die die Verlegung der Stolpersteine unterstützt hatten. „Unsere Familie ist überwältigt von Ihrer Großzügigkeit. Wir können Ihnen nicht genug danken!“ Im Anschluss gaben Damian Trost und Nils Kuldschuhn an den Klarinetten jiddische Lieder zu Gehör. (hw)

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