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Neuer Ministerpräsident in Hessen: Darum kann sich die CDU um Boris Rhein keine Abweichler leisten

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Boris Rhein und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier
Hessens langjähriger Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) legt sein Amt nieder. Am Dienstag soll nun Parteikollege Boris Rhein (links) übernehmen - vorausgesetzt, es geht alles glatt. © Arne Dedert/dpa

Hessen soll am Dienstag einen neuen Regierungschef bekommen. Läuft alles nach Plan, dann zieht am späten Nachmittag Boris Rhein (CDU) als Nachfolger von Volker Bouffier in die Staatskanzlei ein. Doch so sicher wie erwartet könnte der Wechsel nicht verlaufen.

Wiesbaden - Nach fast zwölf Jahren an der Spitze der Landesregierung in Hessen gibt Volker Bouffier (CDU) sein Amt am 31. Mai ab. Als Nachfolger des dienstältesten Ministerpräsidenten in ganz Deutschland soll Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) gewählt werden. Bouffier galt als „Erfinder“ der Schwarz-Grün-Koalition, die seit acht Jahren an der Spitze von Hessen steht.

Zur feierlichen Verabschiedung des 70 Jahre alten Bouffiers ist am Montag (30. Mai) eine Serenade im Biebricher Schloss in Wiesbaden und rund 600 Gästen geplant. Das Heeresmusikkorps Kassel wird am späteren Abend eine musikalische Ehrenbekundung anstimmen, Bouffier hat sich unter anderem das Lied „Die Gedanken sind frei“ gewünscht. Am Dienstag folgt dann der Abschied von der Regierungsbank im Landtag. Dort wird laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) der Ablauf vorwiegend von der Landesverfassung und der Geschäftsordnung des Landtags vorgegeben.

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Vor der Abstimmung für den neuen Ministerpräsidenten muss der amtierende Regierungschef Bouffier formal von seinem Amt zurücktreten. Nach der hessischen Verfassung treten damit auch die Ministerinnen und Minister zurück. Der langjährige CDU-Minister und Ministerpräsident Bouffier wird voraussichtlich die Gelegenheit für Abschiedsworte im Parlament nutzen. Er will mit Ablauf des 31. Mai auch sein Landtagsmandat abgeben.

Der neue Ministerpräsident wird im Landtag in geheimer Abstimmung gewählt. Doch die Regierungskoalition von CDU und Grünen hat eine parlamentarische Mehrheit von lediglich einem Mandat. Bei der Wahl ist ein Quorum von 69 der 137 Stimmen erforderlich. Schwarz-Grün kann sich deshalb daher keinen Abweichler leisten. Sollte Rhein die erforderliche Zahl der Stimmen erhalten und die Wahl annehmen, tritt er vom Amt des Landtagspräsidenten zurück.

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Auch mit Blick auf die Corona-Pandemie ist es alles andere als ausgeschlossen, dass es am 31. Mai keine krankheitsbedingten Ausfälle unter den Abgeordneten gibt. Trifft dies die Regierungsfraktionen, dann müssten bei der geheimen Wahl Parlamentarier aus der Opposition für Rhein votieren, damit der Wechsel gelingt.

Wenn die erforderlichen 69 Stimmen - auch bei den möglichen mehreren Wahlgängen - nicht zusammenkommen, dann bliebe die bisherige Landesregierung geschäftsführend im Amt. Sollte sich der Hessische Landtag gemäß der Landesverfassung selbst auflösen - dann fände binnen 60 Tagen eine Landtagswahl statt.

Die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen haben die Vize-Chefin der CDU-Fraktion, Astrid Wallmann, als neue Landtagspräsidentin vorgeschlagen. Sie kann in offener Abstimmung gewählt werden, es sei denn, eine Fraktion beantragt geheime Wahl. Für die Zeit zwischen dem Rücktritt von Rhein und der Wahl einer Nachfolgerin hat ein Vizepräsident den Vorsitz.

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Die neue Landtagspräsidentin würde dann im Anschluss den 50 Jahre alten Rhein als hessischen Ministerpräsidenten vereidigen. Danach soll die Landtagssitzung für rund eine halbe Stunde unterbrochen werden.

In dieser Zeit ernennt Rhein sein Kabinett. Dies soll im „Blauen Salon“ des Landtags geschehen, einem historischen Raum in der Nähe des Plenarsaals. Die CDU stellt neben dem Ministerpräsidenten sieben Ministerinnen und Minister in der Landesregierung. Die Grünen besetzen vier Posten im Kabinett. Zurück im Plenarsaal muss das Parlament der neuen Landesregierung das Vertrauen aussprechen - dann werden die Ministerinnen und Minister vom Regierungschef vereidigt.

Für den Dienstagabend ist eine erste Sitzung des neuen Kabinetts in der Staatskanzlei geplant, danach soll es ein öffentliches Statement geben. Läuft alles wie geplant, dann wird in Hessen erstmals ein amtierender Landtagspräsident zum Ministerpräsidenten gewählt. Das bedeutet, dass - zumindest für wenige Minuten - die beiden hohen Ämter der gesetzgebenden/legislativen Gewalt (Landtag) und der vollziehenden/exekutiven Gewalt (Landesregierung) in einer Hand liegen. (dpa)

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