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Blitz trifft uralte Linde - 71 Jahre alte Zeitkapsel im Sperrgebiet gefunden

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Von: Rainer Ickler

Gustav Schleicher (links) und Volkmar Weikard präsentieren die Zeitkapsel.
Gustav Schleicher (links) und Volkmar Weikard präsentieren die Zeitkapsel, die in Kippelbach gefunden wurde. © Georg Fischer

Eine 71 Jahre alte Zeitkapsel ist jetzt geöffnet worden. Sie lag unter dem Gedenkstein, den der Rhönklub Gersfeld zur Erinnerung an das 1938 abgesiedelte Dorf Kippelbach im heutigen Sperrgebiet aufgestellt hatte.

Rhön - Die Einwohner mussten Kippelbach verlassen, weil dort der Truppenübungsplatz Wildflecken gebaut wurde. Lediglich die 166 Jahre alte Linde in der Ortsmitte blieb stehen und war lange Zeit einzige Zeugin des Lebens in Kippelbach, das nur wenige Kilometer vom Gersfelder Stadtteil Rengersfeld entfernt gelegen war.

Der Baum könnte viele Geschichten über das 170-Einwohner-Dorf erzählen. Die traurigste ist die von der Absiedlung. Im Jahr 1938 mussten alle Einwohner mitsamt ihrem Hab und Gut sowie dem Vieh das Dorf verlassen.

Rhön: 71 Jahre alte Zeitkapsel unter Gedenkstein in Kippelbach gefunden

Nach 166 Jahren, in denen der Baum einige Generationen Kippelbacher gesehen hatte, zwei Weltkriege überlebte und vielen Übungen der US-Armee und der Bundeswehr getrotzt hatte, ist er Geschichte. Ein Gewitter in der Umgebung von Fulda fällte den mächtigen Baum in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni im vergangenen Jahr.

Stehen blieb lediglich ein Stumpf, den die Teilnehmer der traditionellen Kippelbachwanderung zum Eierhauck im Sperrgebiet im vergangenen Jahr vorfanden. Auch der 1951 errichtete Gedenkstein wurde beschädigt, da der Baum unglücklich darauf fiel. Der Stein zerbrach dabei in mehrere Teile. Darunter verborgen war die Zeitkapsel.

Georg Fischer fand Vermerk auf Zeitkapsel in alten Unterlagen

Der Rhönklub-Zweigverein Gersfeld, der die traditionelle Wanderung organisiert sowie der 96 Jahre alte Gustav Schleicher, einer der wenigen noch lebenden Kippelbacher, pflegen das Areal im Sperrgebiet mit Erlaubnis der Bundeswehr. Der Rhönklub entschied schnell, dass der Gedenkstein saniert und wieder aufgestellt werden soll, und dass eine neue Linde gepflanzt wird, um die Erinnerung an Kippelbach wach zu halten.

Nachdem die Bundeswehr den Baum beseitigt hatte, räumten Ernst Mai, Waldemar Niebling und Georg Fischer den Platz auf. Aber nicht nur das: In den alten Unterlagen fand Georg Fischer einen Vermerk: „Im Fundament des Gedenksteines wurde eine Zeitkapsel eingemauert.“ Diese wurde jetzt ausgegraben und geöffnet, erzählt Wanderwart Georg Fischer. In ihr enthalten waren: ein Lageplan von Kippelbach, ein Bild vom Dorf Kippelbach und Abschiedsschreiben mit der Anwohnerliste.

Zeitkapsel unter Linde in Kippelbach enthielt Abschiedsdokumente

Georg Fischer fotografierte die Gegenstände in der Kapsel, um sie für die Nachwelt zu dokumentieren. Jetzt sollen in der alten Kapsel die gefundenen Dokumente sowie eine aktuelle Ausgabe der Fuldaer Zeitung, eventuell der Bericht über die Bergung der alten Kapsel, eine aktuelle Münze und Bilder von der alten, der neu gepflanzten Linde und des Baumstumpfes deponiert werden. (Lesen Sie auch: Skelett-Funde an der Michaelskirche geben Rätsel auf - Archäologin nennt Theorien)

Der Stein ist in Auftrag gegeben und soll demnächst gesetzt werden. Dann wird auch die Kapsel mit eingemauert. Der Zeitpunkt dafür steht noch nicht fest. Aber bei der nächsten Kippelbachfeier im kommenden Jahr soll der Gedenkstein wieder stehen, sind sich die Verantwortlichen einig.

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