Schwartz bestätigt, dass in Folge der Wolfs-Präsenz der Muffelwild-Bestand im Bereich des Übungsplatzes weitgehend oder völlig erloschen ist.
Muffelwild & Wolf
Der Bestand an Mufflons im Truppenübungsplatz Wildflecken ist entweder extrem reduziert worden odder ganz erloschen. Die Ursache dürfte der Wolf sein. Godfried Schwartz vom Bundesforstamt in Hammelburg weiß warum.
„Man beobachtet überall, dass dort, wo der Wolf auftaucht, das Muffelwild verschwindet. Das hängt nicht zuletzt mit dessen Fluchtverhalten zusammen.“ Denn die Wildschafe, die im Truppenübungsplatz, aber auch in Osthessen ausgewildert wurden, sind eigentlich in Felsregionen, etwa in Anatolien, aber auch in Korsika zu Hause.
Dort könnten sie Verfolger wie den Wolf dank ihrer enormen Kletterfähigkeit abschütteln. „Sie fliehen über extreme Steilhänge immer auf die höchsten Punkte – und der Wolf kann nicht hinterher.“ Doch in der Rhön gebe es kaum Regionen, die solche Fluchtpunkte böten.
Daher seien die Mufflons, die sich irgendwo auf eine Anhöhe zurückzögen, oft „leichte Beute“. Dass die Mufflons nicht wirklich in die Region gehörten, zeige sich aber auch daran, dass sie immer wieder an Huf-Erkrankungen litten – auch weil sich das Horn auf den Waldböden zu wenig abnutze.
Experten vermuten, dass auch in allen anderen hessischen Wolfsterritorien mit einem Paar oder Rudel im Jahr 2023 voraussichtlich Welpen zur Welt kommen werden. Einer deutschlandweiten Studie zufolge biete Hessen weitere potenzielle Lebensräume für Wölfe.
Jäger Paltian warnt vor einer enormen Vermehrung des Wolfsbestands, der im kommenden Jahr auf 30 Tiere anwachsen könne. Daher, so wünscht er es sich, müsse der Wolf unter das Jagdgesetz gestellt werden. Damit würde der strikte Schutz aufgehoben und die Möglichkeit der Bejagung geschaffen.
Diese Annahme widerspricht der Forstamtsleiter: Die Jungtiere vermehrten sich nicht im ersten Jahr und müssten erst einmal Partner und Reviere finden.
Die Forderung, den Wolf ins Jagdgesetz aufzunehmen, macht sich Godfried Schwartz nicht zu eigen. „Es gibt in der Wolfs-Frage auf beiden Seiten ideologisch verhärtete Fronten“, bedauert Schwartz. Für die Bundesrepublik werde der Wolfsbestand von den Naturschutzbehörden mit etwa 1200 Tieren beziffert.
Diese Zahl hält er für zu niedrig und geht von rund 2000 Individuen aus. „Das sind mehr Wölfe, als derzeit in ganz Skandinavien leben“, gibt er zu bedenken. Daher sei ein „Wolfsmanagement“, das auch die Option zum Abschuss einzelner Tiere aus seiner Sicht sinnvoll. „Ich kann gut versehen, wenn gerade in der Rhön, dem „Land der offenen Fernen“ die Weidetierhalter angesichts der Entwicklung besorgt sind“, sagt Schwartz. (Von Stephanie Elm und Hartmut Zimmermann)