„Im April und im Mai hatten wir einen absoluten Mangel am Brustkrebsmittel Tamoxifen“, berichtete Hans-Peter Hubmann, Vizevorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, der Deutschen Presse-Agentur. Für die betroffenen Frauen ein Risiko: „Sie wissen nie, wann die Zeitbombe hochgeht, deswegen ist da schon die Gesundheit gefährdet.“
Susanne Sauer von der Rosenapotheke in Fulda erklärt: „Wir versuchen alles möglich zu machen, aber wenn jemand auf eine bestimmte Firma angewiesen ist, wird es kompliziert. Manchmal lassen sich andere Packungsgrößen bestellen.“ Bislang habe sie es immer weitgehend hingekriegt, den Patienten ein passendes Mittel mitzugeben. „Aber es ist manchmal nicht einfach, und es kostet Zeit, die muss man sich dann nehmen.“
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) schreibt in einem Faktenblatt, dass 62,2 Prozent der Apotheker in Deutschland mehr als 10 Prozent ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden, um bei Engpässen gemeinsam mit Ärzten, Patienten und Großhändlern nach Lösungen zu suchen.
Neu ist das Thema nicht: Wie aus einer Statistik des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hervorgeht, gab es 2013 42 Lieferengpassmeldungen. 81 solcher Meldungen waren es 2016, 268 im Jahr 2018 und im Pandemiejahr 2020 waren es 543 .
Die eine Ursache für die Lieferengpässe gibt es offenbar nicht. „Die Gründe sind komplex. Aber einige Hauptursachen kristallisieren sich deutlich heraus“, erklärt Berit Gritzka, Geschäftsführerin des Hessischen Apothekerverbands, und führt etwa die sogenannten Rabattverträge an. Solche Verträge regeln die Abnahme von Medikamenten zwischen Kassen und Pharmaherstellern.
„Gewinnen Arzneimittelhersteller solche Ausschreibungen, bedienen sie auf einen Schlag einen großen Teil des Marktes. Können sie dann nicht liefern, ist auch bei anderen Herstellern nur schwer an Ausweichpräparate zu kommen, da diese aufgrund von Lagerhaltungskosten und Verfallsdaten nicht in überproportionalen Mengen produzieren“, sagt Gritzka.
Das sieht auch Thomas Krick von der Bergwinkel-Apotheke in Schlüchtern (Main-Kinzig-Kreis) als ein großes Problem an. „Es kommt jetzt alles zusammen. Die Rohstoffpreise sind hoch, und die Krankenkassen wollen nicht viel für den Gesundheitssaft zahlen, sodass sich die Herstellung für einige nicht mehr lohnt“, erklärt Krick.
Die Arzneimittelproduktion finde schon lange nicht mehr in Deutschland statt. „Bei den Medikamenten sind wir abhängig von ausländischen Zulieferern. Wir sind weit davon entfernt, dass eine Tablette irgendwo in einem Werk hergestellt wird. Und wenn dann in Asien wegen Corona nicht produziert werden kann, dann hat das große Auswirkungen.“