Letzte Atomkraftwerke werden abgeschaltet: CDU-Abgeordneter Brand spricht von „sturer Ideologie“
Nach 60 Jahren endet die Atomkraft-Ära in Deutschland. Die jahrzehntelange Diskussion um die umstrittene Energieart dauert bis zum letzten Tag fort. Auch der Fuldaer CDU-Abgeordnete Michael Brand äußert Kritik.
Berlin/Fulda - Bundesumweltministerin Steffi Lemke hält den endgültigen Atomausstieg Deutschlands an diesem Samstag auch wegen des Entsorgungsproblems für richtig. Es gebe kein sicheres Endlager für den bisherigen Atommüll, dafür einen geeigneten Standort zu finden, sei eine „teure Jahrhundertaufgabe“, schrieb die Grünen-Politikerin in einem Gastbeitrag für den Berlin „Tagesspiegel“ (Freitag).
Ende für Atomkraft - Diskussion um Abschaltung bis zuletzt
Lemke rechnet damit, dass noch 30.000 Generationen mit dem Atommüll werden leben müssen. „Das ist eigentlich unvorstellbar lange, und es ist mir schleierhaft, wie man eine solche Technologie als nachhaltig einstufen möchte“, erklärte sie.
Am Samstag sollen die drei verbliebenen Kernkraftwerke - Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg - endgültig vom Netz gehen. Eigentlich sollte dies schon Ende vergangenen Jahres passieren. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise änderte die Ampel-Koalition nach einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Herbst jedoch das Atomgesetz, um die drei Meiler über den Winter bis Mitte April weiterlaufen zu lassen.
Eine Bevölkerungsmehrheit steht dem nun fälligen Aus laut Umfragen kritisch gegenüber. Deutlich mehr als die Hälfte (59 Prozent) hält dies für falsch, lediglich rund ein Drittel (34 Prozent) für richtig, ergab der ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimap - ähnlich wie zuvor bereits andere Umfragen. Überwiegende Zustimmung für das Ende der Atomkraft gibt es demnach ausschließlich unter den 18- bis 34-Jährigen (50 zu 39 Prozent), bei den mittleren und älteren Jahrgängen überwiegt dagegen die Ablehnung.
Anders als SPD und Grüne ist inzwischen auch der Koalitionspartner FDP gegen die Abschaltung, so wie auch die oppositionelle Union - weil befürchtet wird, dass Energie erneut knapp oder zumindest noch teurer werden könnte. Der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler, äußerte sich zuversichtlich, dass die letzten drei Atomkraftwerke im kommenden Winter noch reaktiviert werden können, falls der Ukraine-Krieg erneut eine Energiekrise auslöst.
„Die Notwendigkeit sehen auch die Stromkonzerne ein, dass vor dem kommenden Winter der Rückbau noch nicht begonnen wird“, sagte er dem Sender Welt-TV. Es sei eine Frage der Klugheit, dafür zu sorgen, dass die Meiler dann „im Zweifel wieder angeschaltet werden können“.

Dass der Rückbau nach der Abschaltung bis zum Beginn des Winters noch nicht begonnen haben wird, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Denn die Rückbaugenehmigungen der zuständigen Landesumweltministerien liegen noch nicht vor. Der Isar-2-Betreiber etwa, die Eon-Gesellschaft Preussen-Elektra, rechnet mit der Erteilung in den kommenden Monaten und damit, dass der Rückbau dann Anfang 2024 beginnen könnte.
Eine Reaktivierung dürfte aber unmittelbar kaum möglich sein: Denn dafür müssten abermals das Atomgesetz geändert, neue Betriebsgenehmigungen beantragt und erteilt, die nötigen Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt und die erforderlichen Brennstäbe bestellt werden. Letztere werden nach früherer Einschätzung von Wirtschafts- und Umweltministerium frühestens nach einem Jahr geliefert.
Streit um Atomausstieg: FDP ist gegen Abschaltung
Auch Michael Brand, CDU-Abgeordneter für den Wahlkreis Fulda, sieht den Ausstieg skeptisch: „Klimaschutz braucht Erneuerbare. Aber die sichersten Kernkraftwerke der Welt abschalten, als einziges (!) Land auf der ganzen Welt, mitten in der Energiekrise? Während weltweit selbst Aussteiger wieder einsteigen? Dafür Kohle verbrennen, die pro Jahr 30 Mio. Tonnen CO2 ausstößt?“ Das sei „sture Ideologie“, findet der 49-Jährige.
Er ergänzt: „Das bringt Klima, und uns alle, in Gefahr. Und blamiert uns vor der ganzen Welt, als Geisterfahrer. Wir haben die teuersten Stromkosten, teuer für Private, Betriebe, gefährlich für Jobs.“
Brand spricht von einer Doppelmoral: „Strom aus Kernkraft importieren – hier abschalten. Unser Gas nicht fördern – klimaschädlich LNG importieren. Verbot von effizienten Verbrenner-Kfz, nur noch Batterie-Kfz – ohne Rücksicht auf Menschen und Umwelt bei der Produktion. Jetzt noch Verbot von Gas- und Ölheizungen. Diese ideologische Geisterfahrt ist: irre. Über 70 Prozent der Menschen wollen die Kernkraftwerke weiter am Netz, zu Recht. Nicht Ideologie und Irrsinn, Vernunft und Verantwortung müssen siegen.“ (dpa)
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