Hohmann veranstaltete seit Mai 33 Wahlkampfveranstaltungen unter freiem Himmel und mit Bierzeltgarnituren im Wahlkreis. „Manchmal kam keiner, manchmal war es eine Art kleines Volksfest.“ Wegen der aktuellen Lage sei es insgesamt schwierig gewesen, mit Bürgern in Kontakt zu kommen. Dass er nicht flächendeckend Wahlplakate aufgehangen hatte – ein paar sollen in den kommenden Tagen folgen –, sondern nur in einigen Orten zu sehen ist, erklärt der Kandidat mit einer „Plakatallergie“; er sehe sich nicht gern auf Plakaten. Zumal hätten diese die Aufgabe, den Wähler an die bevorstehende Wahl zu erinnern, das Gesicht sei nicht so entscheidend.
In einer Serie zur Bundestagswahl 2021 stellt die Redaktion die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten im Wahlkreis Fulda (174) vor. Heute: Martin Hohmann. In Teil eins ist Michael Brand (CDU) porträtiert worden, in Teil zwei Birgit Kömpel (SPD), in Teil drei Jürgen Lenders (FDP) und in Teil vier Gianina Zimmermann (Grüne).
Dass der Jurist und einstige Kriminaloberrat, der mit Unterbrechungen seit 1984 kommunal- und bundespolitisch tätig ist und 1998 als Nachfolger Alfred Dreggers im hiesigen Wahlkreis erstmals in den Bundestag einzog, noch einmal kandidiert, begründet Hohmann mit Angela Merkels Politik, die er als „asymmetrische Demobilisierung“ bezeichnet: Diese Politik sei zwar bedacht, seriös und ruhig dahergekommen und dargestellt worden, sei jedoch nicht „zum Besten für die Menschen und des Volkes“ gewesen. „Es ist einiges schief gelaufen“, urteilt der AfD-Kandidat. Seine Partei wolle auf einigen Politikfeldern eine Alternative bieten.
Etwa beim Thema Klimawandel und der Energiepolitik: Dies gehe „in die falsche Richtung“; Hohmann – von 1984 bis 1998 Bürgermeister von Neuhof – nennt es „Klimawahn“ und „ein Stück weit Größenwahn“, der das Land arm und abhängig mache. Man dürfe Atomstrom nicht aufgeben; als Grundlast sei diese Stromart ohnehin nicht zu ersetzen. Insgesamt müsse man „das gesamte Klimageschehen sehen. Dann sieht man: Es gab ständig Wandel, auch ohne Menschen.“ So könne man keinen menschengemachten Wandel erklären; oder nur einen kleinen Teil, der aber „vernachlässigbar“ sei.
In der Steuer- und Wirtschaftspolitik setze die AfD auf Steuersenkungen, weil Deutschland „Hochsteuerland“ sei, in dem die wirtschaftlich Aktiven „aus dem Land getrieben“ würden. Steuergelder müssten verstärkt in die Infrastruktur gesteckt werden und „weniger in die EU“, die Hohmann als „großes Fass“ bezeichnet. Nachdem Großbritannien ausgetreten sei, übernehme Deutschland dessen Beitragsanteil.
Beim Thema Zuwanderung fehle der Politik laut Hohmann „Mut, einen Strich und einen Schnitt zu machen“. Man könne nicht „das gesamte Elend in der Welt besiegen“; als Beispiele nennt er Afghanistan, Afrika, wo Menschen verhungerten, und die Favelas in Südamerika. Man könne „nicht alles stemmen“. Nachbarländer von Krisenregionen „müssen einspringen“.
Corona nennt der 73-Jährige, der im Bundestag Sprecher der Landesgruppe Hessen der AfD ist und bei seinem Wiedereinzug 2017 der einzige Parlamentarier in der anfangs 94-köpfigen AfD-Fraktion mit bundespolitischer Erfahrung war, zwar „ernst und ansteckend“. Es dürfe jedoch nicht eine einzelne Krankheit entscheidend für politisches Handeln sein.
„Was ist mit Krebs oder Adipositas, wieso greift der Staat da nicht ein und überwacht nicht die Nahrungsmenge.“ Die Coronaschutzimpfung müsse eine „freie Entscheidung bleiben“; wer sich schützen wolle, könne sich impfen; wer nicht, trage das Risiko einer Ansteckung. Mit der Debatte um Ungeimpfte dürfe „kein Keil in die Gesellschaft getrieben werden“.
Bundesregierung und großer Koalition stellt Hohmann, der nach ihm benannten Affäre wegen einer als antisemitisch bewerteten Rede am 3. Oktober 2003 aus der CDU ausgeschlossen worden war und 2016 in die AfD eintrat, ein schlechtes Zeugnis aus. Er sieht ein „Versagen auf breiter Ebene“.
Die Koalitionsfähigkeit der Christdemokraten 2017 sei beispielsweise damit „erkauft worden“, dass die „Ehe für alle durchgewunken“ wurde. Für Hohmann, der sich im katholischen Glauben verankert sieht, geht dies ebenso zu weit wie der Sexualkundelehrplan in Hessen. Dieser stehe für die „Übergriffigkeit gegenüber Kindern“. In Schule und Kindergarten brauche es mehr Neutralität.
Insgesamt sage die AfD, „was die CDU lange propagiert hat“, sagt Hohmann und zitiert Passagen aus früheren Parteiprogrammen der Christdemokraten. Die AfD werde nun „in eine Schmuddelecke gestellt, damit nicht geschaut werden könne, was die AfD will“, sagt Hohmann, der im Petitions- und Haushaltsausschuss des Bundestags sitzt. „Wir halten der CDU den Spiegel vor.“