In einer Serie zur Bundestagswahl 2021 stellt die Redaktion die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten im Wahlkreis Fulda (174) vor. Heute: Nuha Sharif-Ali. In Teil eins ist Michael Brand (CDU) porträtiert worden, in Teil zwei Birgit Kömpel (SPD), in Teil drei Jürgen Lenders (FDP), in Teil vier Gianina Zimmermann (Grüne), in Teil fünf Martin Hohmann und in Teil sechs Dagmar Heil.
Hinter diesem Verlangen steht auch eine Erfahrung, die sie auf ihrem Lebensweg gemacht hat: „I could’nt see what I can be“ – „ich konnte nicht sehen, was ich alles sein kann“ –, so beschreibt sie ihren Weg durch Grund-, Real- und Fachoberschule. „Da waren keine schwarzen und keine muslimischen Frauen unter den Lehrerinnen.“ Doch die Möglichkeit, sich an Vorbildern orientieren zu können, sei wichtig.
Mit Blick auf ihre Kandidatur für Berlin zeige sich das beispielsweise auch darin, dass ihr immer wieder Menschen mit Migrationsgeschichte sagten, dass sie allein wegen dieses Signals nun – anders als bisher – zur Wahl gehen wollten. Deutsch sein, das könne im Jahr 2021 auch heißen, schwarz, muslimisch jüdisch oder queer zu sein. Dazu wolle sie den Menschen Mut machen.
Eine Senkung des Wahlalters hält sie für sinnvoll, damit möglichst viele ihre Zukunft mitgestalten könnten. „Mit einem Wahlrecht ab 16 bekämen wir ein anderes Ergebnis“, ist Sharif-Ali sich sicher. Und weil es ja um Gerechtigkeit gehe, sei es eigentlich richtiger, allen hierzulande Lebenden unabhängig von der Staatsbürgerschaft das Wahlrecht zuzugestehen, denkt sie weiter.
Sharif-Ali sieht sich auch als Aktivistin: in der Fridays-for-future-Bewegung, in Initiativen gegen weibliche Genitalverstümmelung, in Hilfsvereinen, die Geflüchteten im deutschen Sozial-Dickicht helfen. Diese Erfahrung hat auch Auswirkungen an die Erwartungen an die Linke als Partei. Wer rot-rot-grüne Koalitionspläne ablehnt, der findet in Sharif-Ali eine Verbündete. Denn sie sieht den Platz der Linken auf den Oppositionsbänken. „Gehen wir Kompromisse ein, wenn es um Menschenleben geht?“, fragt sie auf die Rüstungsexporte anspielend provokativ.
Ob die SED-Vergangenheit für die Linke belastend sei? Das sei keine Frage für die junge Generation: Gerechtigkeit sei ein bundesweit aktuelles Thema. Die Partei-Vorgeschichte komme vielleicht noch in den neuen Ländern zum Tragen – „wo manche uns vielleicht gerade deswegen wählen – oder eben gerade deswegen ablehnen“.