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Ermittlungen gegen Ärzte aus der Rhön laufen: Auch Nutzern der falschen Atteste droht Strafe

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Den Ärzten wird vorgeworfen, falsche Atteste ausgestellt zu haben.
Den Ärzten wird vorgeworfen, falsche Atteste ausgestellt zu haben. © imago / U. J. Alexander

Eine Arztpraxis aus dem Raum Gersfeld hat möglicherweise falsche Atteste zur Befreiung von der Corona-Maskenpflicht ausgestellt. Die Staatsanwaltschaft Fulda ermittelt nun gegen zwei Ärzte. Nicht nur ihnen droht eine Strafe, sondern auch den Nutzern der Atteste.

Update vom 2. Februar, 12.01 Uhr: Nicht nur dem Arzt, der Corona-Kritikern ein falsches Attest ausstellt, das vor dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreien soll, droht eine Strafe, sondern auch dem Bürger, der weiß, dass er ein falsches Attest benutzt. Den Ärzten droht, falls die Staatsanwaltschaft sie anklagt und sie vom Gericht verurteilt werden, eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstraße bis zu zwei Jahren wegen des „Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ (im Strafgesetzbuch § 278). Das erklärt Dr. Christine Seban, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Fulda, auf Anfrage unserer Zeitung.

Corona: Ermittlungen wegen falscher Maskenpflicht-Atteste - Auch Nutzern droht Strafe

Auch für die Nutzer dieser Atteste könnte es eine Strafe geben, wie Seban erläutert: „Der ,Besteller‘ entsprechender Atteste könnte sich der Anstiftung zu § 278 StGB schuldig machen, was dasselbe Strafmaß nach sich zieht. Zudem könnte derjenige, der das Attest für sich nutzt, sich des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse, § 279 StGB, schuldig machen. Diese Strafvorschrift sieht als Folge Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor“, erläutert die Staatsanwältin.

Auch die Landesärztekammer in Hessen hat sich mittlerweile eingeschaltet. „Grundsätzlich gilt: Sobald die Landesärztekammer Kenntnis davon erhält, dass ein Arzt gegen die ärztliche Berufsordnung verstößt, kann dies zu berufsrechtlichen Maßnahmen gegen ihn führen“, erklärt die Ärztekammer unserer Zeitung. Die Kammer hat bereits mehrfach vor der Ausstellung von Gefälligkeitsattesten zur Befreiung von der Maskenpflicht gewarnt.

Ausdrücklich warnt Landesärztekammer-Präsident Dr. Edgar Pinkowski: „Zur gewissenhaften ärztlichen Berufsausübung gehören insbesondere die Einhaltung der Regelungen in der Berufsordnung. Gemäß § 25 S. 1 Berufsordnung haben Ärzte bei der Ausstellung ärztlicher Zeugnisse und Gutachten mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen.“ Sollten Ärzte dagegen Atteste wider besseres Wissen, aus Gefälligkeit und ohne individuelle Untersuchung ausstellen, könne dies Gegenstand berufsrechtlicher Maßnahmen gegen sie sein – neben den möglichen strafrechtlichen Folgen.

Kripo Fulda durchsucht Praxis in Gersfeld: Wurden falsche Maskenpflicht-Atteste ausgestellt?

Update vom 30. Januar, 11.41 Uhr: Die Staatsanwaltschaft in Fulda ermittelt gegen die beiden Ärzte wegen des Verdachts „des Ausstellens falscher Gesundheitszeugnisse“, wie es die Juristen nennen. Die Mediziner hatten demnach Corona-Atteste ausgestellt, die vom Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung befreien – und zwar sehr viele Atteste. „Während ursprünglich sieben Atteste den Verdacht begründeten, erstreckt sich der Verdacht nunmehr auf rund 300 Fälle. Die Auswertung der sichergestellten Unterlagen dauert an“, erklärte Dr. Christine Seban, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Fulda, auf Nachfrage unserer Zeitung.

Einem Arzt aus dem Gersfelder Raum wird vorgeworfen, falsche Atteste zur Befreiung von der Corona-Maskenpflicht ausgestellt zu haben. (Symbolfotos)
Zwei Ärzten aus dem Gersfelder Raum wird vorgeworfen, falsche Atteste zur Befreiung von der Corona-Maskenpflicht ausgestellt zu haben. (Symbolfotos) © Patrick Seeger/dpa; Frank Rumpenhorst/dpa

Die betroffene Arztpraxis wollte sich gegenüber unserer Zeitung nicht zu den Durchsuchungen äußern. Die betroffenen Mediziner hatten sich in den vergangenen Monaten mehrfach öffentlich kritisch zur Corona-Politik von Bund und Ländern geäußert.

„Die Meldung von der Durchsuchung der Praxis- und der Privaträume, die die Fuldaer Zeitung im Internet verbreitete, geht rum in Gersfeld. Ich bin mehrfach darauf angesprochen worden“, sagte Bürgermeister Dr. Steffen Korell (CDU) gegenüber unserer Zeitung. „Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass die beiden Ärzte 300 offenbar falsche Atteste ausgestellt haben, dann wäre das wirklich aufsehenerregend. Man müsste allerdings auch sehen, über welchen Zeitraum die Atteste ausgestellt wurden.“ (vn)

Erstmeldung vom 29. Januar, 11.27 Uhr:

Gersfeld - „Im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Fulda wegen des Verdachts des Ausstellens falscher Gesundheitszeugnisse durchsuchten Beamte der Kriminalpolizei Fulda am Mittwochmorgen eine Arztpraxis in Gersfeld“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft und der Polizei in Fulda.

Corona: Falsche Maskenpflicht-Atteste bei Demo in Fulda? - Ermittlung gegen Arzt

Bei Demos gegen die Corona-Regeln in der Fuldaer Innenstadt seien der Polizei im November 2020 vermehrt ärztliche Atteste vorgelegt worden, die von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreiten. Dabei stellten die Beamten fest, dass die Atteste in mehreren Fällen von dem gleichen Arzt ausgestellt worden waren.

„Im daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren erhärtete sich gegen den Mediziner aus dem Raum Gersfeld der Verdacht, dass dieser falsche Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben könnte“, berichten Polizei und Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft Fulda beantragte daraufhin beim zuständigen Amtsgericht in Fulda einen Durchsuchungsbeschluss für die Praxis des Arztes und dessen Privatwohnung, der am Mittwoch vollstreckt wurde. Dabei stellte die Kriminalpolizei Fulda „umfangreiche, digitale Beweismittel sicher, die derzeit ausgewertet werden“, heißt es in der Mitteilung abschließend.

Wie die HNA berichtet, sind der Polizei auf Corona-Demos immer wieder unrechtmäßige Atteste* aufgefallen. (lio) *hna.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerkes

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