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Corona nötigt Kneipen zu Zwangspausen - Bermuda-Dreieck in Fulda leidet unter 2G-Plus

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In der Heimat wurden die Öffnungszeiten bereits an die geringeren Besucherzahlen angepasst.
In der Heimat wurden die Öffnungszeiten bereits an die geringeren Besucherzahlen angepasst. © Emilia Krack

Heruntergelassene Rollläden und verkettete Stühle – Besuchern der Fuldaer Innenstadt bietet sich aktuell ein ungewohntes Bild: Wo man normalerweise bereits tagsüber beisammen sitzt, ist wegen Gästemangels nur noch abends und am Wochenende geöffnet.

Fulda - Hinter den Besitzern der Kneipen in Fulda liegen harte Wochen und Monate. Die Einführung von 2G-Plus und Sitzplatzpflicht beeinflusste nicht nur den Arbeitsalltag des Personals, sondern auch das Ausgehverhalten der Gäste. Diese bleiben weg und die Umsätze brechen ein. Mehrere Gastronome sehen sich daher gezwungen, ihre Kneipen zeitweise zu schließen.

So musste auch Felix Wessling, Inhaber der Alten Schule und der Heimat in Fulda, die Öffnungszeiten vor einigen Wochen an die verringerte Besucherzahl anpassen. Die Alte Schule empfängt ihre Gäste von Mittwoch bis Sonntag nur noch bis 21 statt bis 1 Uhr und die Heimat soll außer freitags und samstags nur noch abends geöffnet sein. (Lesen Sie hier: Fuldaer Gastronomen hüllen sich in rotes Licht - Aktion wegen Corona-Lockerungen)

Corona in Fulda: Kneipen leiden unter 2G-Plus - Kürzere Öffnungszeiten

„Das aktuelle Ausgehverhalten lässt sich nur schwer einschätzen. An manchen Abenden sind die Kneipen voll, an anderen Tagen sind wir von der geringen Anzahl an Gästen enttäuscht“, sagt Wessling. Die Personalplanung gestalte sich entsprechend schwierig: Für die Corona-Kontrollen hat er bisher keine neuen Mitarbeiter eingestellt, jedoch plant er hierfür manchmal zusätzliche Dienste ein. „Der Großteil der Einlasskontrollen funktioniert gut, die Gäste zeigen viel Verständnis“, berichtet Wessling.

Dennoch seien die Auflagen aufwendig für Gast und Gastgeber. „2G-Plus hat zu einem Einschnitt in der Gastronomie geführt und eine Hemmschwelle geschaffen. Ich bin auf die kommenden Entwicklungen in der Politik gespannt – das Plus muss weg“, sagt der Kneipeninhaber.

Auch die Öffnungszeiten der Bar 22 haben sich geändert: Wo man früher schon ab 11 Uhr sitzen konnte, können Gäste nun werktags erst ab 18 Uhr einkehren. Inhaber Andreas Muhl, der außerdem das Schöppchen besitzt, berichtet von insgesamt weniger Kundschaft in den Kneipen. „Es kommen mehrere Faktoren zusammen – nicht jeder kann und will 2G-Plus erfüllen, anderen ist es wegen der hohen Inzidenz momentan zu riskant“, erklärt er, und ergänzt: „Die Gastronomie ist eben eine Begegnungsstätte.“

Durch die Sitzplatzpflicht, die mit den Auflagen der Politik einhergehe, sei der Laden wochenends schnell voll, und man müsse einige Gäste wegschicken. „Durch den Alkohol werden die Leute unvernünftig, und es kommt zu Diskussionen, die das Personal unnötig aufhalten“, bedauert Muhl. Er überlege momentan, wie schon vor einigen Wochen, zusätzliches Personal zur Kontrolle an der Tür einzustellen, jedoch sei dies ein wirtschaftliches Abwägen.

„2G-Plus ist wirtschaftlich eine Oberkatastrophe“

Im Schöppchen hingegen bleiben die Öffnungszeiten vorerst unverändert, denn der Inhaber hofft wie auch Wessling auf Lockerungen infolge der heutigen Bund-Länder-Konferenz. Auch die Bar 22 soll dann wieder regulär öffnen: „Wir freuen uns auf den Frühling, wenn die Terrasse wieder zum Einsatz kommt“, sagt Muhl.

Jochen Köhler, Inhaber der Kneipen Altstadt und Krokodil, hat die Öffnungszeiten ebenfalls stark reduziert. Wo früher jeden Tag geöffnet war, herrscht nur noch freitags und samstags Betrieb. „Es lohnt sich nicht mehr, an den anderen Tagen zu öffnen. Da kommen zu wenig Besucher“, bedauert Köhler. Auch er sieht die aktuellen Corona-Regeln für die Gastronomie kritisch: „2G-Plus ist wirtschaftlich eine Oberkatastrophe für mein Geschäft. Unter diesen Vorgaben kann ich keine Gewinne machen, sondern nur Schadensbegrenzung betreiben.“

Wie Wessling stellt auch Köhler fest, dass die Anzahl der Gäste aktuell stark variiert. An manchen Tagen mangele es beiden Kneipen nicht an Besuchern, ganz im Gegenteil: „Wir haben viele Anfragen von Gästen, und vor den Türen bilden sich Schlangen. Leider können wir nicht alle rein lassen, da wir aufgrund der Sitzplatzpflicht nur zu 30 Prozent ausgelastet sein können.“

Video: Umfrage: Mehrheit befürwortet 2G plus in der Gastronomie

Mittlerweile würden viele Tische vorab reserviert. Das Personal müsse daher teilweise Gäste, die bereits früher am Abend einen Platz ergattert hatten, wegschicken. Für die Kneipe Altstadt hat der Inhaber eine Sicherheitsfirma beauftragt, deren Mitarbeiter die 2G-Plus-Nachweise am Eingang kontrollieren.

Köhler hofft auf eine Änderung der Corona-Regeln. „Zurück zu 2G, das wäre ein idealer Kompromiss für alle. Damit kann ich als Gastronom gut umgehen und auch darüber nachdenken, wieder unter der Woche zu öffnen“, sagt er.

Ebenso wie ihre Gäste blicken alle Inhaber gespannt nach Berlin, wo heute die Minister von Bund und Ländern über Lockerungen diskutieren. Die Stadt Fulda erwartet laut Pressesprecher Johannes Heller von der heutigen Konferenz schrittweise Lockerungen, die eine Normalisierung der Gastronomie ermöglichen. Zudem prüfe die Stadt derzeit Möglichkeiten, Gebühren für die Außengastronomie wie bereits im vergangenen Jahr zu senken. (von Sophie Brosch und Sandro Prasch)

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