Bei dem Inhaber liegen die Nerven jedoch blank. „Wir sind auf Gewinne und Umsätze angewiesen,“ erklärt er. Umso härter treffen ihn die laufenden Kosten. Hoffnung sieht er nur in der Herdenimmunität. Sein Lokal nur für geimpfte Gäste zu öffnen, könne er sich nicht vorstellen. „Ich würde zu lassen“, so Kling. Wenn wieder für alle geöffnet wird, könne er sich ein Nachtleben wie vor der Pandemie gut vorstellen. Seine Prognose lautet: „Die Freude wird riesig sein und das Erlebnis umso größer.“ Auch in Stuttgart wird aktuell an einem Konzept gearbeitet, um Nachtclubs zu retten*, wie bw24.de berichtet.
Mit Ruhe kann Felix Wessling nicht viel anfangen. Nachdem die Pandemie ihn genötigt hatte, die Kultkneipe Löwe in Fulda zu schließen, hat er ein neues Büro in Bronnzell bezogen. Dort kann sich der 39-Jährige, der noch Inhaber der Heimat und der Alten Schule ist, Verkostungen oder andere Events vorstellen. Wessling denkt auch an einen To-Go-Verkauf. Eine digitale Verkostung habe bereits stattgefunden. Eigentlich ein gutes Konzept, denn „keiner muss fahren“, scherzt der Inhaber. „Virtuell ein Bier zu trinken, ist anders, als am Tresen zu sitzen.“ Hinter dem Tresen zu stehen, bedeute für ihn außerdem, seinen Gästen zuzuhören. Der persönliche Kontakt sei ein wichtiger Faktor.
Überhaupt werde das Thema Gastronomie in der Politik „unterschätzt“. Austausch sei essentiell für die Gesellschaft, auch wenn die Nachtgastronomie durch den damit verbundenen Alkoholkonsum einen Spezialfall darstelle. Nach ein paar Bier denke man kaum noch an Abstands- und Hygieneregeln.
Für die Stadt Fulda gehe durch das Stilllegen des Nachtlebens ein wichtiger Wirtschaftszweig verloren, die Attraktivität sinke. „Es wirkt wie eine Geisterstadt. Die Innenstadt stirbt aus“, berichtet Wessling. Die Heimat bietet derzeit Speisen und Getränke zum Mitnehmen an. Das bringe Geld, aber nicht auf Dauer: „Anders als bei einer Imbissbude zahlen wir für viel ungenutzten Raum,“ erklärt Wessling.
Schon im vergangenen Jahr war im Z1 in Hünfeld „Alarmstufe Rot“: Sven Schirrmeister ließ das Haus mit rotem Licht anstrahlen – um zu zeigen, dass es schlecht steht um die Abendgastronomie. Zur Zeit der Lockerungen im Sommer 2020 stieg das Z1 vom Disco- auf den Kneipenbetrieb um – denn Kneipen durften damals öffnen. Seit November ist alles dicht. „Ein halbes Jahr ist ein halbes Jahr“, sagt Schirrmeister. Das seien sechs Monate ohne Einnahmen, aber mit laufenden Kosten. Die Stammgäste sehnten sich nach Disco: „Die wollen wieder eine ordentliche Party feiern.“ Aber: „Vor Frühjahr 2022 wird das nichts“, schätzt Schirrmeister. Zu Schnelltests sagt er: „Wer lässt sich denn dreimal die Woche in der Nase bohren, um ein Bier trinken zu gehen?“, fragt er. „Die Sicherheit steht an erster Stelle, aber wir brauchen eine Perspektive.“
Weil Schirrmeister das Z1 nicht hauptberuflich, sondern als Hobby zusammen mit seiner Lebenspartnerin betreibt, erhalte er keine Corona-Hilfen. Die Fixkosten müssen aber trotzdem bezahlt werden. Zur Zeit der Lockerungen konnte er noch ein paar Rücklagen schaffen, doch die werden weniger. Mit dem Schließen der Clubs würden außerdem wichtige Orte für kontrollierten Alkoholkonsum verlorengehen. „Die Jugend trifft sich definitiv – sollen sie in ihrem Kämmerlein trinken? Da fehlt ein Hygienekonzept und jemand, der aufpasst.“ Auf die Frage, ob das Z1 diese schweren Zeiten überstehen wird, antwortet er: „Wir wollen durchhalten, die Hoffnung stirbt zuletzt.“ *bw24.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.