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Kultusminister sieht Hessens Schulen für Corona-Winter gewappnet - „Sondermaßnahmen darf es nicht geben“

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Corona und Schulen
An Hessens Schulen gilt aktuell keine Corona-Maskenpflicht. Laut Kultusminister Alexander Lorz soll das möglichst lange so bleiben. © Matthias Balk/dpa/Symbolbild

Ab Oktober gelten neue Corona-Regeln. Hessens Kultusminister dringt darauf, dass bei einer Verschärfung der Corona-Lage in den Schulen nicht strengere Maßnahmen als in anderen gesellschaftlichen Bereichen gelten. Die Opposition wirft dem Minister viele Defizite vor.

Wiesbaden - Kultusminister Alexander Lorz (CDU) schaut trotz der erwarteten Zunahme von Corona-Infektionen im Herbst und Winter mit Zuversicht auf das laufende Schuljahr in Hessen. Sein Ziel sei, den Präsenzunterricht ohne Maskenpflicht so lange aufrechtzuerhalten, wie das epidemiologisch vertretbar ist, sagte Lorz im hessischen Landtag in Wiesbaden.

Corona in Hessen: Kultusminister will keine Sondermaßnahmen an Schulen

Natürlich werde es in der Schule weiterhin auch die Möglichkeit geben, freiwillig Mund und Nase zu bedecken. Auch die freiwilligen Angebote für Corona-Tests zuhause werde es zumindest bis zu den Osterferien geben.

„Wir wären aber auch vorbereitet, wenn doch wieder Verschärfungen nötig werden sollten“, versicherte der Kultusminister. „Dabei ist mir eines wichtig: Sondermaßnahmen für die Schulen, gar strengere Regeln an den Schulen als in anderen gesellschaftlichen Bereichen darf es nicht geben.“ (Welche Corona-Regeln ab dem 1. Oktober gelten, können Sie hier nachlesen.)

Dem Recht der Kinder und Jugendlichen auf schulische Bildung und Erziehung müsse bestmöglich Rechnung getragen werden. „Und das heißt, so viel schulische Normalität wie möglich und infektiologisch vertretbar aufrechtzuerhalten.“

Neben der Corona-Pandemie seien auch die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine für die Schulen noch nicht absehbar, betonte der Minister. In der Folge seien niemals zuvor in Hessen in so kurzer Zeit so viele Schülerinnen und Schüler als Seiteneinsteiger ohne Deutschkenntnisse in den Unterricht aufgenommen worden.

Fast 13.000 ukrainische Kinder und Jugendliche würden seit Anfang März an den Intensivsprachfördermaßnahmen teilnehmen. Im Kreis Fulda etwa starteten rund 530 Ukrainerinnen und Ukrainer in das neue Schuljahr.

Niemals seien auch innerhalb weniger Wochen so viele neue Intensivklassen geschaffen worden. „Es sind allein 840 zusätzlich seit dem Beginn des Krieges“, teilte Lorz mit. Im neuen Schuljahr seien insgesamt fast 1900 Intensivklassen eingerichtet worden, an denen über 30.000 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger aller Nationen unterrichtet werden.

Trotz der Krisen habe das Land klare bildungspolitische Akzente gesetzt: Alleine zur weiteren Stärkung der Bildungssprache Deutsch seien seit Beginn der laufenden Legislaturperiode für diesen Zweck im Landeshaushalt insgesamt rund 600 Stellen zusätzlich bereitgestellt worden. Ein weiterer Schwerpunkt sei, die Digitalisierung an den Schulen voranzubringen. Allein seit März 2020 hätten rund 50.000 Lehrkräfte an akkreditierten Fortbildungen im Bereich der Digitalisierung teilgenommen.

Mit der Erprobung des neuen Schulfachs „Digitale Welt“ würden die Voraussetzungen geschaffen, damit Schülerinnen und Schüler auf Basis informatischer Grundkenntnisse lernen, wie digitale Technologien zur Lösung sozialer, ökonomischer und ökologischer Problemstellungen beitragen können. Zwölf Pilotschulen und 70 Klassen nehmen laut Lorz daran teil. Im Grundschulbereich besuche der „Digitaltruck“ als rollendes Klassenzimmer Grundschulen in ganz Hessen, um frühzeitig das Interesse an den Möglichkeiten neuester Technik zu wecken.

Hessens Kultusminister Alexander Lorz erntet Kritik von der Opposition

Hessen stelle in diesem Schuljahr rund 55.680 Lehrerstellen bereit. „Dies sind über 5000 Stellen mehr als bei meinem Amtsantritt als Kultusminister im Jahr 2014“, berichtete der CDU-Politiker in seiner Regierungserklärung. Seitdem die schwarz-grüne Landesregierung bildungspolitische Verantwortung trage, sei der Bildungsetat um fast 40 Prozent gestiegen. Mit rund 4,8 Milliarden Euro sei er in diesem Haushaltsjahr abermals auf Rekordniveau.

Der Ausbau ganztägiger Angebote nach den Prinzipien der Freiwilligkeit und Angebotsvielfalt sei ein weiterer zentraler Baustein der hessischen Schulpolitik, sagte der Minister. 4331 und damit erneut 350 Stellen mehr als im vergangenen Schuljahr stelle das Land in diesem Schuljahr für ganztägige Angebote an 1298 Schulen bereit. Rund 70 Prozent der Grundschulen und verbundenen Grundschulen arbeiteten bereits ganztägig. Im weiterführenden Bereich seien es über 92 Prozent. Mit Blick auf den Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung von Kindern im Grundschulalter sei Hessen auf einem guten Weg und bleibe im Dialog mit den Trägern und kommunalen Partnern. (Mit unserem Corona-Ticker für Hessen bleiben Sie auf dem Laufenden.)

Der SPD-Bildungsexperte Christoph Degen warf dem Kultusminister Schönrednerei vor. Mini-Projekte und Modellversuche seien keine Antwort auf bildungspolitische Missstände und Versäumnisse. Hessen brauche eine Bedarfsanalyse für den Rechtsanspruch auf den Ganztag und einen entsprechenden Ausbauplan. Es müssten mehr Lehrkräfte durch Qualifizierung gewonnen und mehr Studienplätze im Land für das Lehramt angeboten werden.

Video: Neue Fächer und mehr Schüler: Das ändert sich in Hessen zum Schulstart

Die Linken-Bildungsexpertin Elisabeth Kula mahnte, niemand könne mit Sicherheit sagen, wie sich das Infektionsgeschehen entwickele. Die Städte, Kreise und Hochschulen arbeiteten an Notfallplänen für eventuelle Energieknappheit. Lorz sei sich offenkundig nicht bewusst, welche Szenarien in Herbst und Winter auch auf die Schulen zukommen könnten. Der Minister versuche die Realität an Hessens Schulen immer wieder aufs Neue mit Schönrednerei zu verschleiern.

Der AfD-Bildungsexperte Heiko Scholz kritisierte, eine flächendeckende Datenerhebung zu den Lerndefiziten als Grundlage für die begründete Festsetzung des Förderbedarfes der Schüler in Hessen gebe es bis heute nicht. Außerdem fehle es an qualifiziertem Lehrpersonal im Land. Das bisherige Ergebnis der Bildungspolitik des Kultusministers falle auch nach acht Jahren recht bescheiden aus.

Der FDP-Bildungsexperte Moritz Promny warf dem Kultusminister vor, den Lehrkräftemangel nicht anzugehen und zu wenig für die Digitalisierung an den Schulen zu tun. Der FDP-Politiker forderte einen flächendeckenden Informatik-Unterricht anstelle des geplanten Fachs „Digitale Welt“. Informatische Bildung sei Teil von Allgemeinbildung, grundlegend für die Chancengerechtigkeit und essenziell für den Wirtschaftsstandort. (dpa, lio)

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