„Unsinn ist kaum erträglich“ - Bouffier kritisiert Corona-Politik der Ampel-Koalition scharf

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier kritisierte den Beschluss des Bundestags scharf, die meisten Corona-Regeln fallen zu lassen. Im Bundesrat nannte er das Verfahren „unsäglich und unwürdig“.
Berlin - Hessens Corona-Kabinett hat am Freitagabend eine neue Corona-Verordnung verabschiedet. Sie soll am Samstag in Kraft treten und die Corona-Regeln für die Übergangsfrist bis 2. April nach Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes an diesem Wochenende festzurren. Demnach bleiben die hessischen Corona-Maßnahmen zunächst bis auf wenige Ausnahmen unverändert. Dies betrifft etwa den Zugang zu Restaurants.
Für einige Schutzmaßnahmen entfällt jedoch ab Sonntag (20. März) die Rechtsgrundlage. Dann laufen die bisherigen Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen oder die Kontaktdatenerfassung aus. Das entsprechende neue Gesetz der Bundesregierung für das Corona-Management war am Freitag vom Bundestag beschlossen worden und hatte den Bundesrat passiert.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat das Vorgehen der Ampelkoalition bei der Bestimmung des künftigen Corona-Kurses scharf kritisiert. „Das Verfahren ist unsäglich und schlichtweg unwürdig“, sagte Bouffier am Freitag im Bundesrat.
Corona in Hessen: Bouffier kritisiert Politik der Ampel-Koalition scharf
Bouffier sagte, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fürchte öffentlich Schlimmstes und lege gleichzeitig so ein Lockerungsgesetz vor. „Es untergräbt die Akzeptanz.“ Die Bundesregierung wolle Verantwortung bei Corona „für nichts“ mehr übernehmen. „Juristisch ist das Murks“, sagte Bouffier mit Blick auf die geplante Hotspotregelung.
Wer sich das in Ruhe durchlese und anschließend erkläre, dies sei eine Lösung - „dem kann ich nicht mehr helfen“. Laut Bouffier gibt es etwa keine klaren Kriterien für die Definition eines Hotspots. Bouffier sagte, „dass das Thema Hotpot der untaugliche Versuch ist, eine missglückte Regelung durch eine Klausel noch irgendwie zu retten“.
Konkret störten sich viele Länder daran, dass der Bund beinahe in allen Bereichen des Alltags die Maskenpflicht abschaffen will. Die Hürden für die Einführung der sogenannten Hotspot-Regelung, mit der sie selber strengere Regeln erlassen können, halten sie in der Praxis für kaum umsetzbar.
Das Verfahren sei auch ein Tiefpunkt im Verhältnis von Bund und Ländern. Die Regierung und die Ampelparteien hätten die Gemeinsamkeit bei der Bekämpfung der Pandemie aufgekündigt. Es habe keine Abstimmung mit den Ländern gegeben, die Regierung habe dies nicht gewollt. Mit Blick auf von der Regierung kaum eingeräumte Zeit zur Prüfung der Pläne sagte Bouffier: „Es ist kaum erträglich, welchen Unsinn wir uns da bieten lassen müssen.“
Der Ministerpräsident warnte vor einer weiteren faktischen Entmachtung der Länder und des Bundesrats. „Wer das auf Dauer mit sich machen lässt, diese gezielte Selbstverzwergung insbesondere auch dieses Verfassungorgans, muss sich nicht wundern, was bei anderen Sachverhalten so passiert», sagte er mit Blick auf Reformen auf anderen Feldern. «Ich gehöre diesem Haus jetzt 23 Jahre an, ein solches Verfahren habe ich noch nie erlebt.“
Mit der verlängerten Corona-Verordnung in Hessen ist für den Besuch von Gastronomie oder eine Hotelübernachtung weiter ein 3G-Nachweis nötig. Das bedeutet, Gäste müssen sowohl im Innen- als auch im Außenbereich entweder geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Discos, Clubs und andere Tanzlokale dürfen ihre Innenbereiche nur mit der 2G-Plus-Vorgabe öffnen - dies bedeutet, Gäste ohne Booster-Impfung benötigen einen tagesaktuellen Test.
Video: Bundestag schafft fast alle Corona-Regeln ab
Auch die Maskenpflicht sowie Abstands- und Hygienekonzepte gelten im bisherigen Umfang weiter. Das bedeutet, der Mund-Nasen-Schutz muss in Geschäften und auch im Restaurant bis zum Platz getragen werden. Draußen gilt die Maskenpflicht, wenn die Abstände nicht eingehalten werden können. Auch beim Sport und im Museen gilt weiter drinnen 3G. Für private Treffen gibt es keine Beschränkungen mehr, sie waren für Geimpfte und Genesene schon Anfang März weggefallen.
Das neue Gesetz der Bundesregierung sieht nur noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können. Für regionale „Hotspots“ sollen weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt.
Nach der Sitzung des hessischen Corona-Kabinetts bekräftigte Bouffier mit Blick auf die aktuelle Entwicklung in der Pandemie laut
Mitteilung: „Wir befinden uns in einer ernsten Lage.“ Es sei falsch, „dass uns ab April nur noch sehr wenige Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um auf eine sich möglicherweise zuspitzende Infektionslage zu reagieren“.