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Immunologe Timo Ulrichs rechnet 2023 mit endemischer Phase - „Grundimmunität vorhanden“

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Immunologe Timo Ulrichs rechnet im neuen Jahr mit dem Erreichen einer endemischen Phase.
Immunologe Timo Ulrichs rechnet im neuen Jahr mit dem Erreichen einer endemischen Phase. © Kira Hofmann/dpa; Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften

Immunologe Timo Ulrichs, der gebürtig aus Fulda kommt, bewertet in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung die aktuelle Corona-Situation in Deutschland. Er rechnet im neuen Jahr mit dem Erreichen einer endemischen Phase.

Fulda - Seit gut drei Jahren hat das Coronavirus die Welt im Griff. „Mittlerweile sind noch weitere Krisen und Herausforderungen dazugekommen, sodass es mit Blick auf unsere Ressourcen sinnvoll ist, die aktuelle Pandemie-Lage einzuschätzen und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu wagen“, befindet Timo Ulrichs. Der Immunologe, Mikrobiologe und Gesundheitswissenschaftler sowie Professor an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin kommt gebürtig aus Fulda.

Corona in Deutschland: Immunologe Ulrichs rechnet 2023 mit endemischer Phase

„Anders als in den vergangenen beiden Pandemie-Wintern haben wir in diesem (bis jetzt) keine Pandemie-Welle, was möglicherweise daran liegt, dass wir bereits eine Sommerwelle hinter uns haben und die Durchseuchung in dieser zusammen mit den Impfungen zu einer gewissen Grundimmunität in der Bevölkerung geführt hat“, vermutet der Naturwissenschaftler.

Jedenfalls würden alle Parameter - Neuinfiziertenrate, Corona-Antigen im Abwasser größerer Städte, Krankenhauseinweisungen etc. - keine starken Anstiege zeigen, und „wir könnten damit einigermaßen gut durch die Herbst-/Winter-Saison kommen“. Es könne aber auch sein, dass eine weitere Pandemie-Welle noch kommen wird, räumt Ulrichs ein.

Deshalb sei es nicht sinnvoll, bereits jetzt alle Schutzmaßnahmen aufzuheben wie Maskenpflicht im öffentlichen Raum, Isolations- und Quarantänepflicht. „Das sollte erst zu Frühlingsbeginn erfolgen, wenn wir sicher sein können, dass die kalte Jahreszeit vorüber ist – und damit die günstigen Ausbreitungsbedingungen für das Virus“. (Lesen Sie hier: Neue Corona-Welle in China: Virologe Streeck erklärt, was das für den Rest der Welt bedeutet)

Außerdem verweist der Immunologe auf eine „ziemlich große Welle“ von Erkältungskrankheiten, RSV-Infektionen bei Kindern und auch Influenza. Dabei handle es sich um einen Nachholeffekt, „da in den beiden vorangegangenen Erkältungssaisons das Immunsystem nicht so gut trainieren konnte, sodass sich diese Erreger nun leichter ausbreiten können“. Auch bei diesen Erregern gelte, dass das Tragen von FFP-2-Masken im öffentlichen Raum (besonders in Innenräumen) dazu beitragen könne, diese Erkältungswelle abzuflachen und damit das Gesundheitssystem zu entlasten.

Video: Virologe Drosten verkündet Ende der Corona-Pandemie: Fallen nun alle Maßnahmen weg?

Wie wird es nächstes Jahr mit der Pandemie weitergehen? „In Deutschland sind die Aussichten sehr gut, dass wir im kommenden Jahr die endemische Phase erreichen werden“, sagt Ulrichs. Die Grundimmunität scheine vorhanden zu sein, Impfstoff sei es auch. „Wir können bei einer erwarteten saisonalen Häufung im Herbst/Winter 2023/24 rechtzeitig Risikogruppen und ältere Menschen mit einer Auffrischimpfung versehen“, ergänzt der Professor.

Damit werde sich das Coronavirus einreihen in die saisonalen Infektionserreger im Winterhalbjahr. Das gelte allerdings nur dann, wenn sich die Omikron-Untervarianten nicht mehr stark verändern – und nicht durch eine völlig neue Variante ersetzt werden. Woanders auf der Welt sei die Impfabdeckung wesentlich geringer als in Deutschland und Europa, dort könne das Virus noch in großen Mengen zirkulieren.

China gibt nun seine Null-Covid-Politik auf, und die plötzliche Öffnung habe eine explosionsartige Vermehrung des Virus’ zur Folge, mit unabsehbaren Folgen für die Bevölkerung. Darüber hinaus steige auch das Risiko für Mutationen und das Entstehen neuer Varianten. „Erst wenn die Pandemie weltweit unter Kontrolle sein wird, wird sie auch sicher bei uns vorbei sein. Bis dahin sollten wir vorsichtig bleiben und dabei versuchen, aus den Erfahrungen der drei Pandemiejahre zu lernen, damit wir bei der nächsten besser vorbereitet sein werden!“, appelliert Ulrichs. (ah)

Der Gastbeitrag von Timo Ulrichs ist in der Ausgabe vom 27. Dezember in der Fuldaer Zeitung und im E-Paper erschienen.

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