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„Das falsche Instrument“: Linda Teuteberg (FDP) lehnt Corona-Impfpflicht ab und warnt vor Spaltung

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Linda Teuteberg ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied des FDP-Bundesvorstandes.
Linda Teuteberg ist Mitglied des FDP-Bundesvorstandes und Abgeordnete des Bundestages. © Ralf Hirschberger/dpa

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg spricht sich im Gastbeitrag in der Fuldaer Zeitung gegen eine allgemeine Corona-Impfpflicht aus. Diese sei das „falsche Instrument“ und könne Spaltungstendenzen in der Gesellschaft verstärken.

Fulda/Berlin - Die Bundestagsabgeordnete und frühere FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg (40) hält eine eine allgemeine Corona-Impflicht für falsch. In einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung spricht sich die Bundestagsabgeordnete - genau wie vor einigen Wochen bereits ihr FDP-Parteikollege Wolfgang Kubicki („Vierte Corona-Welle wird nicht durch Impfpflicht gebrochen“) - gegen ein solches Vorhaben aus.

Teuteberg war am Mittwoch (12. Januar) zum Thema Impflicht auch in der ARD-Sendung „Maischberger“ (22.50 Uhr) zu Gast. Ihr Gastbeitrag ist ebenfalls am 12. Januar in der Fuldaer Zeitung erschienen. Wir veröffentlichen ihn nachfolgend auch online.

Corona-Impfpflicht: Linda Teuteberg (FDP) warnt vor Spaltung der Gesellschaft

„Bei verschiedenen Gelegenheiten werbe ich für die Impfung: Es gibt bislang für die meisten erwachsenen Menschen keinen besseren Schutz vor einem schweren Covid-19-Krankheitsverlauf. Doch sowohl Impfangst als auch Wut darüber sind keine guten Ratgeber. Eine allgemeine Impfpflicht ist das falsche Instrument für ein wichtiges Ziel. Verfassungsrechtliche, praktische und politische Überlegungen sind für mich und weitere Abgeordnete Anlass für einen Gruppenantrag, der sich gegen die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht wendet.

Viele Fragen sind offen: Wäre sie verhältnismäßig auch für Jüngere, die nur selten auf den Intensivstationen landen? Wie häufig müsste man sich impfen lassen? Und egal wann, oder immer im Herbst? Mit welchem Impfstoff bei welcher aktuell kursierenden Variante? Und was wären angemessene Sanktionen?

Letzteres ist keine triviale Frage: Wie soll eine allgemeine Impfpflicht eigentlich durchgesetzt werden? Ein Impfregister ist umstritten und selbst wenn es käme, würde der Aufbau lange Zeit dauern. Bußgelder führen entweder zu sozialen Schieflagen oder zu einem gleichheitswidrigen Vollzugsdefizit. Freiheitsstrafen und unmittelbarer Zwang werden aus guten Gründen nur selten ernsthaft ins Spiel gebracht. Die Dinge müssen aber zu Ende gedacht und Regeln in einem Rechtsstaat auch regelmäßig durchgesetzt werden.

Was noch vor kurzer Zeit von Spitzenpolitikern verschiedener Parteien kategorisch ausgeschlossen wurde, soll nun Gesetz werden: eine allgemeine Impfpflicht. Zwar können sich Situationen ändern. Aber in einer spannungsreichen Zeit, in der es in besonderem Maße darauf ankommt, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen und Entscheidungsprozesse zu festigen, ist es besonders problematisch, die früheren Festlegungen in einer Frage, die den Kern der Grundrechte betrifft, einfach zu Makulatur zu erklären.

Teuteberg: Corona-Impfungen bieten weder sterile noch dauerhafte Immunität

In einem freiheitlichen Rechtsstaat und einer liberalen Demokratie darf sich der Staat nicht anmaßen, dem einzelnen Menschen eine bestimmte ärztliche Behandlung aufzuzwingen. Das gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass es sich um neu entwickelte Impfmethoden handelt und wir im Hinblick auf Grad und Dauer der Impfwirkung ständig dazulernen.

Daher gilt mit Blick auf allfällige Verweise auf die Impfpflichten gegen Masern und Pocken: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Anders als die Impfungen gegen diese Infektionen bieten die Corona-Impfungen weder sterile noch dauerhafte Immunität. Sie sind ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung schwerer Krankheitsverläufe und zur Entlastung des Gesundheitssystems. Nicht mehr und nicht weniger.

Video: SPD nennt Zeitplan für Entscheidung über Corona-Impfpflicht

Eine allgemeine Impfpflicht wird die schon jetzt erkennbaren Spaltungstendenzen in der Gesellschaft auf hochgefährliche Weise verstärken. Die damit verbundenen Verwerfungen sind nicht zu verantworten. Es gibt einen Unterschied zwischen einer entschlossenen, klugen Pandemiebekämpfung einerseits und einer schleichenden Gewöhnung an ein Übermaß staatlicher Eingriffe andererseits. Nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist deshalb auch sinnvoll und politisch klug.

Der freiheitliche Rechtsstaatlebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Dazu gehören Entscheider, die Verantwortung für die Freiheit wahrnehmen: Das Notwendige tun, ohne mit dem Ausnahmezustand zu flirten.“

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