Neuer Anlauf für Corona-Impflicht? Vorstoß aus Hessen, Bayern und Baden-Württemberg

Die Länder Hessen, Baden-Württemberg und Bayern dringen angesichts einer drohenden Corona-Welle im Herbst auf einen Neuanlauf im Bundestag für eine Impfpflicht ab 60 Jahren.
Wiesbaden/Stuttgart - Bei der digitalen Gesundheitsministerkonferenz in dieser Woche stellten der baden-württembergische Ressortchef Manne Lucha und sein hessischer Amtskollege Kai Klose (beide Grüne) einen Antrag, der einen neuen Anlauf für eine Impfpflicht vorsieht. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) schloss sich dem Vorschlag an.
Nun soll am 23./24. Juni im Kreise der Gesundheitsminister erneut darüber beraten werden und ein Beschluss fallen. Die drei Südländer sind der Meinung, dass mit der Corona-Impfpflicht ab 60 eine Überlastung des Gesundheitssystems und damit auch Einschränkungen für die Gesamtbevölkerung vermieden werden könnten.
Corona: Neuer Anlauf für Impfplicht? Drei Gesundheitsminister machen Druck
Lucha sagte am Dienstag, man dürfe die Debatte zu diesem Thema nicht aufgeben. „Ich habe noch Hoffnung, dass zumindest bei der Impfpflicht ab 60 Jahren das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“ Zu den saisonalen Erkältungserkrankungen kämen im Herbst wieder vermehrt Covid-Fälle mit schweren Krankheitsverläufen hinzu.
Klose erinnerte daran, dass die allgemeine Impfpflicht im April im Bundestag zwar gescheitert sei. Jedoch sei die Impfpflicht für besonders gefährdete Personen „ein wichtiger Bestandteil präventiver Gesundheitspolitik“. Der CSU-Politiker Holetschek forderte die Ampel-Koalition auf, einen neuen Vorschlag vorzulegen. „Wir müssen für neue Infektionswellen im Herbst gewappnet sein.“ Ältere hätten ein höheres Risiko, schwer zu erkranken. „Die Bundesregierung darf sich hier nicht länger wegducken.“
Ein fraktionsübergreifender Entwurf für eine allgemeine Impfpflicht zunächst ab 60 Jahren war Anfang April im Bundestag klar gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte daraufhin deutlich gemacht, dass er keine Basis für einen erneuten Anlauf sieht.
Mit Blick auf die Impfpflicht in Gesundheitsberufen zieht Hessens Gesundheitsminister Klose indes eine positive Bilanz. Der Anteil ungeimpfter Beschäftigter im hessischen Gesundheitswesen, für die eine Impflicht besteht, ist nach Angaben des Sozialministeriums niedriger als prognostiziert. (Lesen Sie hier: Corona-Pandemie geht, Homeoffice bleibt: Zahlreiche Beschäftigte arbeiten weiter zu Hause)
In der stationären Pflege gelten 4,2 Prozent der rund 66.000 impfpflichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als ungeimpft, wie das Ministerium am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. In den Kliniken und medizinischen Einrichtungen mit insgesamt 55.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liege diese Quote bei acht Prozent - also ebenfalls unter den vorhergesagten zehn Prozent.
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Seit Mitte März dieses Jahres gilt für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und im medizinischen Bereich bundesweit eine Impfpflicht. Die Einrichtungen sind verpflichtet, ungeimpfte Beschäftigte beim Gesundheitsamt zu melden. Diese Daten seien inzwischen von rund 5200 hessischen Einrichtungen und Unternehmen eingegangen, teilte das Ministerium mit.
„Auch wenn noch nicht alle Verfahren abgeschlossen sind, kann eine bisher positive Bilanz gezogen werden“, resümierte Klose. „Trotzdem ist jede und jeder nicht geimpfte Mitarbeitende eine und einer zu viel.“ Das Land setze daher weiter darauf, alle Beschäftigten von einer Impfung zu überzeugen. (dpa)