Überall klaffen Lücken: Erkältungskrankheiten sorgen für hohen Krankenstand
Corona, Influenza, RSV – die Auswahl an Erkältungskrankheiten ist aktuell sehr groß. Und fast überall führt dies zu einem hohen Krankenstand. Wo sorgt dies für Schwierigkeiten – und wo (noch) nicht? Wir verschaffen Ihnen einen Überblick.
Berlin/Fulda - Wie sieht es bei den Behörden in der Region aus? Die Landkreise in Osthessen bekommen den erhöhten Krankenstand zu spüren, allzu starke Auswirkungen können bislang aber laut Pressestellen noch verhindert werden. Im Kreis Fulda waren Anfang der vergangenen Woche 130 Mitarbeitende krank, das entspricht 9,68 Prozent. In der Vorwoche waren es 10,23 Prozent. „Wie überall ist der Krankenstand aktuell relativ hoch. Der Dienstbetrieb ist jedoch zu jeder Zeit gewährleistet“, schreibt uns die Pressestelle auf Anfrage.
Corona, Influenza und RSV führen zu hohem Krankenstand in Osthessen
Die Krankheitsquote bei der Kreisverwaltung im Vogelsbergkreis lag in vergangenen Woche bei 7,43 Prozent – die Mitarbeiter in den Schulen werden hierbei jedoch nicht berücksichtigt. In den Vorwochen lag die Quote auch schon bei 8,19 Prozent. „Bei bloßer Betrachtung der Krankheitstage pro Kalenderwoche fällt auf, dass diese im Vergleich zum Vormonat und im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind“, schreibt die Pressestelle. „Die gesunden Kolleginnen und Kollegen versuchen, durch Arbeitsverdichtung beziehungsweise Überstunden die Lücken zu schließen und Arbeitsrückstände zu vermeiden.“
Der Main-Kinzig-Kreis erfasst den Krankenstand quartalsweise und kann daher keine genauen Auskünfte über den aktuellen Krankenstand geben. Im dritten Quartal habe die Quote bei etwa acht Prozent gelegen. „Auch wenn wir keine aktuelleren Zahlen liefern können, so wird der Krankenstand im vierten Quartal voraussichtlich noch einmal deutlich ansteigen, so die Einschätzung aufgrund der allgemeinen Rückmeldungen“, schreibt uns die Kreispressestelle. Noch ließen sich einschneidende Folgen vermeiden, die Arbeit müsse aber teilweise entsprechend priorisiert verteilt werden. „Aufgrund von Corona lassen sich zudem keine belastbaren Vergleiche zu den vergangen Jahren ziehen, aber – die allgemeine Erkältungswelle hat auch die Verwaltung erreicht.“ Unauffällig sei die Situation bei der Stadt Fulda. „Ein übermäßiger Krankenstand ist derzeit nicht auffällig, die Verwaltung funktioniert weitgehend reibungslos“, heißt es seitens der Verwaltung.
Schon seit Ende Oktober registrieren auch Osthessens Kindertagesstätten und Schulen verstärkte Ansteckungen mit Erkältungskrankheiten, wovon auch das Personal stark betroffen ist. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht Kitas in Deutschland angesichts hoher Krankenstände bei Erzieherinnen und Erziehern kurz vor dem Zusammenbruch. „Die Bedingungen in den Kitas sind kaum noch zu verantworten“, schrieb zuletzt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit. Zu oft gehe es „nur noch um Verwahrung“.
Grassierende Infektionen, allgemeine Erschöpfung der Beschäftigten und eine ungewöhnliche hohe Fluktuation in der Belegschaft lassen es Siebernik zufolge nicht mehr zu, allen Kindern gerecht zu werden. „Es gibt Häuser mit einem Krankenstand von mehr als 50 Prozent.“ Betreuungszeiten würden massiv gekürzt oder ganze Einrichtungen geschlossen. Mancherorts sei die Situation „regelrecht dramatisch“.
Fulda: Erkältungswelle sorgt für hohen Krankenstand in Kitas
Das liegt der Gewerkschafterin zufolge aber nicht nur an der Grippewelle, sondern an Personalmangel, fehlenden Kitaplätzen und Belastungen durch die Pandemie oder die Aufnahme geflüchteter Kinder. Den Kitas sei die notwendige Unterstützung verweigert worden. „Deshalb trifft die aktuelle Krankheitswelle jetzt auf ein insgesamt geschwächtes System.“ Es fehle nach wie vor entschlossenes politisches Handeln, um den Platzausbau und die Qualitätsentwicklung zu verbessern. „Erst wenn die Arbeits-, Rahmen- und Einkommensbedingungen stimmen, werden sich noch mehr Menschen für diese tollen Berufe entscheiden“, mahnte Siebernik mit Blick auf fehlende Fachkräfte. Aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld hieß es diese Woche, dass der Krankenstand bei Lehrern wie Schülern extrem hoch sei. In Karlstein im Landkeis Aschaffenburg fehlte diese Woche jedes vierte Kind in den Grundschulen aufgrund von Erkrankung. Und auch bei den Lehrern herrsche „personeller Notstand wie noch nie zuvor“.
Die Krankheitswelle wirkt sich auch auf den ÖPNV in Hessen aus. Vor allem im Raum Frankfurt sind in dieser Woche viele Zugverbindungen ausgefallen, weil es an Personal mangelte. So fuhren viele Züge der Hessischen Landesbahn zwischen Aschaffenburg und Rüsselsheim nicht, auch die S-Bahnen in Frankfurt sowie der Flughafenshuttle waren betroffen.
Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, sollte vorher in den Online-Angeboten der Verkehrsanbieter vor Ort schauen, ob die Verbindungen wie geplant bedient werden. So informiert der RMV in seiner App live darüber, ob eine Fahrt oder einzelne Halte ausfallen. Hinter vielen der aktuellen Meldungen ist derzeit zu lesen: „Grund dafür ist der hohe Krankenstand des Fahrpersonals.“

Die Schwierigkeiten sind bundesweit zu beobachten. Besonders in Mecklenburg-Vorpommern sowie Sachsen-Anhalt fallen viele Zugfahrten aufgrund des Personalmangels aus. Allein im November seien laut Deutscher Bahn aufgrund der Krankheitswelle Zehntausende Zugfahrten ausgefallen. Immer häufiger kommt es zudem vor, dass die Fahrtausfälle nicht auf das Personal im Zug (Lokführer) zurückzuführen ist, sondern dass mangels ausreichend vieler Fahrdienstleiter die Strecken nicht sicher gesteuert werden können.
Personalausfälle führen bei der Deutschen Post zu Verzögerungen
Auch die Deutsche Post sprach vor wenigen Tagen von „lokalen Problemen“ bei der Briefzustellung und begründete sie mit einem hohen Krankenstand und der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt. Geht es nach der Deutschen Post, könnte es bald eine Zwei-Klassen-Gesellschaft für Briefe geben. „Wir könnten uns vorstellen, unseren Kunden künftig eine Wahlmöglichkeit zu geben, ob die Briefe schnell zugestellt werden sollen oder ob sie etwas länger unterwegs sein dürfen, mit entsprechender preislicher Differenzierung,“ sagte ein Post-Sprecher.
Die Kundinnen und Kunden „könnten dann entscheiden, ob ihnen eine besonders schnelle Zustellung einen Aufpreis wert ist“, warb das für das Brief-Geschäft zuständige Post-Vorstandstandsmitglied Nikola Hagleitner. Derartige unterschiedliche Zustellgeschwindigkeiten gebe es auch in vielen anderen europäischen Ländern, hieß es bei der Post. Bei Krankheitswellen wie der aktuellen hätte das zur Folge, dass zunächst einmal nur Briefe „erster Klasse“ zugestellt werden würden.
Voraussetzung für einen solchen Schritt wäre aber wohl, dass bei der anstehenden Reform des Postgesetzes die Verpflichtung des „gelben Riesen“gestrichen würde, wenigstens 80 Prozent der Briefe am folgenden Tag zuzustellen. Derzeit kommen Firmenangaben zufolge 83 bis 84 Prozent der eingeworfenen Briefe am Folgetag an.