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Druck auf Ungeimpfte weiter erhöhen? Das sagen Politiker aus Osthessen

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In Deutschland wird angesichts der steigenden Corona-Zahlen immer heftiger über die Ausdehnung der 2G-Regel diskutiert.
In Deutschland wird angesichts der steigenden Corona-Zahlen immer heftiger über die Ausdehnung der 2G-Regel diskutiert. © Moritz Frankenberg/dpa

Die Impfkampagne stockt, und Deutschland diskutiert immer heftiger über die Ausdehnung der 2G-Regel, um möglichst viele Menschen doch noch dazu zu bewegen, sich impfen zu lassen. Wir haben osthessische Politiker befragt, wie sie dazu stehen, Ungeimpfte von Aktivitäten wie Stadion- oder Restaurantbesuchen auszuschließen.

Fulda - Einige Bundesländer preschen vor und dehnen die 2G-Regel aus, das heißt im Extremfall: Ungeimpfte werden von bestimmten Veranstaltungen wie Stadionbesuchen oder dem Besuch von Kneipen und Restaurants ausgeschlossen oder brauchen einen teuren PCR-Test. Auch in Hessen gilt nun nur noch der PCR-Test anstatt eines Schnelltests. Zudem dürfen auch Supermärkte in Hessen die 2G-Regel anwenden, also Ungeimpften den Verkauf von Lebensmitteln verweigern.

Das kommt einem Corona-Lockdown für Ungeimpfte in bestimmten Bereichen gleich. Zugleich fordert die Bundeskanzlerin, die Zügel für Ungeimpfte weiter anzuziehen, und bringt tägliche Tests am Arbeitsplatz ins Spiel – und all das, obwohl auch seitens der Politik immer betont wurde, es werde keinen Impfzwang geben. Virologe Hendrik Streeck kritisierte die 2G-Regel unterdessen im Interview mit der Fuldaer Zeitung. Der Druck auf Ungeimpfte solle nicht weiter erhöht werden, sagte er. Wir haben bei Osthessens Politikern nachgehakt: Wie denken unsere Abgeordneten über 2G und mögliche Verschärfungen für Ungeimpfte?

Corona: Druck auf Ungeimpfte erhöhen? Das sagen Osthessens Politiker

Markus Meysner (CDU), Landtagsabgeordneter: „Ein Punkt muss geändert werden“

„Es gibt bei der Inzidenz einen immensen Unterschied zwischen der Gruppe der Geimpften (<30) und der Ungeimpften (>120). Daraus wird deutlich, dass die Impfung sinnvoll ist und ihren Zweck, einen schweren Verlauf weitgehend zu verhindern, durchaus erfüllt. Deshalb ist aus meiner Sicht Impfen die beste Möglichkeit, eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern, und das ist ja der Grund all unseres Tuns. Aufklärung und eine freiwillige Akzeptanz wären zwar optimal, allerdings den Druck durch die Hintertür zu erhöhen, halte ich für schwierig.

Dann wäre eine Impfpflicht die ehrlichere Entscheidung. Da es so oder so Personen gibt, die trotzdem nicht geimpft werden können, glaube ich, dass kostenfreie Tests die Sicherheit, insbesondere unter den aktuellen Vorgaben, erhöhen würden. Ein wichtiger Punkt, der geändert werden muss, betrifft den Status der Genesenen. Hier müsste man regeln, dass Genesene nach sechs Monaten ihre Antikörper testen lassen, bei ausreichend Antikörpern weiterhin als genesen gelten und diese Tests alle drei Monate wiederholen müssten. Erst wenn die Antikörper nicht mehr ausreichen, müsste/könnte geimpft werden.“

SPD-Politiker aus Main-Kinzig-Kreis fordert 2G-Regel am Arbeitsplatz

Heinz Lotz (SPD), Landtagsabgeordneter: „Keine Privatangelegenheiten“

„Natürlich kann es einem auf den Keks gehen, wenn jemand ständig Recht behält. Karl Lauterbach zum Beispiel. Der spricht sich klar fürs Impfen und für 2G aus. Und ich übrigens auch! Warum? Weil Impfen keine Privatangelegenheit ist. Wir schützen uns, aber auch alle anderen. Auch die Kassiererin im Supermarkt. Auch den Kellner in der Bar. Auch die Impfgegner oder Corona-Leugner, ob sie es wollen oder nicht.

Mit Impfen, Testen, Maske und 2G verringern wir die weitere Ausbreitung. 2G verschafft uns wenigstens einen Hauch von Normalität, und das tut der Psyche gut. Aber eines sehe ich nicht ein, und da zitiere ich gerne meinen Lieblingsbesserwisser Karl Lauterbach: „Der Ungeimpfte kann nicht für sich in Anspruch nehmen, Rechte zu genießen, die eigentlich medizinisch nicht vertretbar sind.“ Wenn es nach mir ginge, dann würden wir für die meisten Branchen und auf dem Arbeitsplatz verbindliche 2G-Regeln einführen. Wer sich impfen lassen kann, sollte das auch tun!“

Video: Diese neue Corona-Regeln sollen kommen

Silvia Brünnel (Grüne), Landtagsabgeordnete: „2G-Modell verantwortbar“

„Wer sich impfen lässt, schützt nicht nur sich selbst davor, intensivpflichtig zu erkranken, sondern auch all jene, die sich nicht oder noch nicht impfen lassen können. Trotzdem ist die Impfbereitschaft noch zu gering. Was tun auf dem langen Weg zurück in eine Normalität? Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs von grundimmunisierten Menschen fällt gering aus – dieser Fakt kann durch die intensivpflichtigen Fälle in unseren Krankenhäusern belegt werden – folglich ist das 2G-Modell verantwortbar.

Wichtig ist noch einmal zu betonen, dass es den Betreibern freigestellt ist, inwieweit sie auf die 2G-Regelung zurückgreifen. Die 2G-Option ist aus meiner Sicht ein sinnvolles Instrument, Freiheiten zurückzugeben, unser Gesundheitssystem stabil zu halten und einen erneuten Lockdown zu verhindern. Schritt für Schritt verantwortungsvoll zu einer Normalität zurückkehren und gleichsam weiterhin vulnerable Personengruppen schützen – das ist für mich Ausdruck eines gelebten gesellschaftlichen Zusammenhalts.“

Jürgen Lenders (FDP), Bundestagsabgeordneter: „2G-Regel werte ich kritisch“

„Der einzige Weg aus der Krise und das Ende der Einschränkungen ist für mich das Impfen. Ich selbst bin geimpft und sehe die steigenden Infektionszahlen mit großer Sorge. Dennoch werte ich die sogenannte 2G-Regel für Genesene und Geimpfte als Freier Demokrat kritisch. Das käme einer indirekten Impfpflicht gleich. Es sind heute bereits viele Menschen vollständig geimpft und damit sehr gut geschützt. Tiefgreifende Grundrechtseingriffe sind somit nicht mehr zu rechtfertigen.

Weitere Meinungen

Weitere Statements von osthessischen Politikerinnen und Politikern lesen Sie in der Montagsausgabe, 8. November, in der Fuldaer Zeitung, der Hünfelder Zeitung den Kinzigtal Nachrichten sowie dem Schlitzer Bote und im digitalen E-Paper. Hinweis: Die Abgeordneten wurde befragt, bevor die neue Corona-Maßnahmen für Hessen bekannt gegeben wurden.

Die Pandemie muss daher anders bekämpft werden als im letzten Jahr. Lockdowns und Schulschließungen darf es nicht wieder geben. Vielmehr müssen wir mehr impfen, besonders die vulnerablen Gruppen wie Menschen in Alten- und Pflegeheimen mit einem Booster. Um all das zu erreichen, haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP ein Konzeptpapier zur Beendigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vorgelegt. Mit seiner Umsetzung stärken wir Parlamentarismus, Bürgerrechte und Pandemiebekämpfung. Diese Woche beraten wir darüber im Bundestag.“

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