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Wurden bei R+S Zahlen „frisiert”? Konzern fordert acht Millionen Euro von Ex-Vorständen

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Das Fuldaer Unternehmen R+S führt einen Rechtsstreit gegen den ehemaligen Vorstand.
Das Fuldaer Unternehmen R+S führt einen Rechtsstreit gegen den ehemaligen Vorstand. © sebra/stockadobe.com; R+S Group / Collage: Ann-Katrin Hahner

Bei der R+S Group sind in der Vergangenheit offenbar bewusst Bilanzen manipuliert worden. Konkret sollen zwei unterschiedliche Bilanzen geführt worden sein. Nun fordert der Konzern acht Millionen Euro vom ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und dem Ex-Finanzvorstand.

Fulda - „Es spricht sehr viel dafür, dass es zu Bilanzmanipulationen gekommen ist“, sagte Richter Dominik Dute am Montag anlässlich eines Gütetermins der Handelskammer am Landgericht Fulda. Bei seiner Einschätzung bezog er sich vor allem auf einen Bericht, den die renommierte Stuttgarter Kanzlei Ebner Stolz im Auftrag der R+S-Konzernleitung im Herbst 2019 erstellt hat.

Der Richter sieht es als erwiesen an, dass bei R+S zwei unterschiedliche Bilanzen – eine interne sowie eine externe – erstellt worden sind. Die externe soll demnach mit falschen Zahlen „frisiert“ worden sein. Den Schaden, der dem Unternehmen dadurch entstanden ist, beziffert R+S-Geschäftsführer Ralph Burkhardt auf acht Millionen Euro.

Fulda: R+S fordert acht Millionen Euro von Ex-Vorständen

Rückblick: Als 2019 im Rahmen einer Prüfung erheblicher Korrekturbedarf im Hinblick auf Bilanzierungsfehler aufgetreten waren, kam im Unternehmen der Verdacht auf, der ehemalige Vorstandsvorsitzende Markus R. sowie der Ex-Finanzvorstand hätten die Bilanzen durch den damaligen Leiter der Finanzbuchhaltung entsprechend manipulieren lassen. Aus diesem Grund wurde auf Drängen eines Bankenkonsortiums das weitere Gutachten durch die Stuttgarter Kanzlei in Auftrag gegeben. Dieses wiederum habe den Verdacht bestätigt, so Dute.

Das Problem: Wären die tatsächlichen Bilanzkennzahlen veröffentlicht worden, hätten die Banken das Recht gehabt, ihre Kredite an R+S außerordentlich zu kündigen. Um dies nun nach Bekanntwerden der echten Zahlen zu vermeiden, habe das Unternehmen rund acht Millionen Euro investieren müssen, gab R+S zu Protokoll. (Lesen Sie hier: Fast 100.000 Euro Schaden: 54-Jährige soll Arbeitnehmer-Beiträge nicht bezahlt haben)

Diese Summe, die der Konzern nun von den beiden Ex-Vorständen als Schadenersatz fordert, setzt sich demnach unter anderem aus einer Strafzahlung an das Bankenkonsortium, der Beauftragung des Ebner-Stolz-Gutachtens, der Erstellung eines Corporate Governance Codes, einer millionenschweren Zinsnachzahlung sowie der Erstellung eines weiteren Sanierungsgutachtens zusammen.

Dass tatsächlich alle diese Kosten ausschließlich aufgrund der Bilanzmanipulation entstanden sind, stellte Richter Dute in der Verhandlung allerdings infrage. Beispielsweise äußerte er Zweifel, dass die Erstellung eines Corporate Governance Codes zwingend aufgrund des Vorliegens einer Manipulation der Bilanz notwendig geworden sei.

Vorwurf Bilanzmanipulation: Ex-Vorstände von R+S in Fulda vor Gericht

Der Jurist deutete an, dass sich das Gericht nun zunächst in einer weiteren Sitzung vor allem mit der Frage beschäftigen werde, ob die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder für die Manipulationen haftbar gemacht werden können. Ist dies der Fall, würde sich im Anschluss daran die Ermittlung der Höhe der Ansprüche anschließen.

Einer der Beschuldigten, der ehemalige Konzernchef Markus R., ließ über seine Anwältin Dr. Katja Slavik (Frankfurt) erklären, dass ihm die beiden unterschiedlichen Bilanzen nicht bekannt gewesen – und diese auch nicht durch ihn beauftragt worden seien. Der ehemalige Finanzvorstand wiederum gab im Vorfeld der Verhandlung an, sehr wohl entsprechende Instruktionen von R. erhalten zu haben, da im Jahr des 30-Jährigen Firmenjubiläums unter keinen Umständen die Bilanzkennzahlen verfehlt werden sollten. Er habe daraufhin gegenüber R. „Bedenken” an diesem Vorhaben geäußert.

In einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt, äußerte Markus R.: „Der Vorwurf der Bilanzmanipulation wiegt schwer. (...) Ich selbst hatte hiermit nichts zu tun. Wenn der Vorwurf zutrifft, bin ich in einer Zeit, in der ich gesundheitlich angeschlagen war, hintergangen worden.” Während der Verhandlung wurde darüber hinaus bekannt, dass es bereits im Vorfeld eine nachträgliche Bilanzkorrektur bei R+S in Höhe von rund zehn Millionen Euro gegeben habe – hierbei handelte es sich demnach aber nicht um eine Manipulation. (von Tobias Farnung)

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