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Zahl der Straftaten in Osthessen 2022 gestiegen - vor allem Diebstahl und Trickbetrug

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Das Polizeipräsidium Osthessen hat die Kriminalstatistik für das Jahr 2022 präsentiert. Demnach gab es vor allem bei Diebstählen und Trickbetrugsfällen einen Anstieg.

Fulda - „Osthessen bleibt eine der sichersten Regionen in Hessen“, stellt Polizeipräsident Michael Tegethoff bei der Vorstellung der Zahlen zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 in Fulda fest. Im ersten Jahr nach Wegfall nahezu aller Pandemie-Beschränkungen stiegen die Gesamtfallzahlen in Osthessen zwar über Vor-Corona-Niveau. Mit 19.605 registrierten Straftaten (+2290 Fälle) bewegen sich die Fallzahlen in 2022 aber weiterhin unter der 20.000-Marke, heißt es in einer Presseinformation des Polizeipräsidiums.

Diebstahl und Betrug: Zahl der Straftaten in Osthessen gestiegen

Somit liegt die Häufigkeitszahl mit 4362 Straften pro 100.000 Einwohner in Osthessen nicht nur auf dem zweitniedrigsten Niveau aller hessischer Polizeipräsidien, sondern auch deutlich unter der Zahl des gesamten Bundeslandes Hessen von 5855.

Mit einer Aufklärungsquote (AQ) von 67,5 Prozent belegt das Polizeipräsidium Osthessen sogar zum vierten Mal in Folge den Spitzenplatz im Vergleich aller Polizeipräsidien in Hessen. Damit blieb die AQ zwar unter dem Bestwert von 2021 (70,6 Prozent), bewegt sich jedoch nach wie vor auf einem beständig hohen Niveau und deutlich über dem Landesdurchschnitt von 63,7 Prozent.

Mit Aufhebung der pandemischen Beschränkungen hat das öffentliche und soziale Leben in 2022 auch in Osthessen wieder an Fahrt aufgenommen. Damit einhergehend ergaben sich wieder vermehrt Tatgelegenheiten. Hinzu kommt der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mit all seinen Auswirkungen, etwa auf Ressourcen und Finanzen.

Diese Einflüsse dürften sich auch auf die Kriminalitätsentwicklung in Osthessen ausgewirkt haben. So ist der Anstieg der Gesamtfallzahlen allein zu zwei Dritteln auf eine Fallzahlensteigerung bei den Diebstahlsdelikten zurückzuführen, wobei die größten Zunahmen beim Ladendiebstahl und dem Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen zu beobachten sind. Rechnet man die Steigerung der Fallzahlen in den vier Deliktsbereichen Diebstahl, Körperverletzung, Rauschgift und Sachbeschädigung zusammen, so sind diese bereits für über 90 Prozent des Gesamtfallzahlenanstiegs verantwortlich.

Die Fallzahlen im Bereich der Straßenkriminalität haben nach ihren Tiefstständen in 2020 (2145 Fälle) und 2021 (2183 Fälle) in etwa wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. 2593 registrierte Straftaten bedeuten einen Anstieg um 410 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote liegt - nach ihrem Höchststand in 2021 (28,0 Prozent) – mit 27,5 Prozent aber weiterhin auf einem beständig hohen Niveau.

Unter der Kategorie Straßenkriminalität ist eine Vielzahl von Delikten - unter anderem aus den Bereichen Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Raub - zusammengefasst, die im öffentlichen Raum begangen werden. Davon machen allein die Fallzahlen aus den Deliktsbereichen Straßendiebstahl und Sachbeschädigung rund 88 Prozent aller Straftaten aus.

Fallzahlen der Straßenkriminalität in etwa wieder auf Vor-Corona-Niveau

Im Deliktsfeld Raub und räuberische Erpressung bewegen sich die bekannt geworden Straftaten mit 100 Fällen in 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf einem nahezu gleichbleibenden Niveau (2021: 99 Fälle). Die Aufklärungsquote stieg um 0,3 Prozentpunkte auf 70,0 Prozent. Den größten Anteil machen Straßenraub mit 40 Fällen und räuberischer Diebstahl mit 27 Fällen aus.

Die Zahl der Diebstahlsdelikte insgesamt liegt in 2022 erstmals seit 2019 wieder über der 5000-Marke. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Fallzahlen um 1529 Fälle (+39,5 Prozent), bei gleichzeitiger Steigerung der Aufklärungsquote auf ihren bisherigen Höchststand von 39,7 Prozent (2019: 37,5 Prozent). Mit 5391 Fällen machen die Diebstahlsdelikte somit allein über ein Viertel der Gesamtfallzahlen (27,5 Prozent) aus.

Polizeipräsident Michael Tegethoff (links) mit Martin Nickl, Leiter der Polizeidirektion Osthessen bei der Vorstellung der Kriminalstatistik.
Polizeipräsident Michael Tegethoff (rechts) mit Martin Nickl, Leiter der Polizeidirektion Osthessen bei der Vorstellung der Kriminalstatistik. © Marcus Lotz

Die größten Zunahmen wurden beim Ladendiebstahl (+658 Fälle), dem Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen (+184 Fälle), dem Diebstahl in/aus Dienst-, Büro-, Fabrikations-, Werkstatt- und Lagerräumen (+110 Fälle) sowie dem Diebstahl von unbaren Zahlungsmitteln (+89 Fälle) registriert. Die Zahlen im Deliktsfeld des versuchten und vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahls (WED) sind in Osthessen - trotz eines Anstiegs um 111 auf 317 Fälle im Vergleich zum Vorjahr - seit Jahren auf einem konstant niedrigen Niveau.

So blieb 2022 fast jeder zweite Einbruch (43,5 Prozent) im Versuchsstadium, womit die Zahl der vollendeten Wohnungseinbrüche seit 2017 konstant unterhalb der 200-Marke liegt. Mit 29,7 Prozent erreicht die Aufklärungsquote sogar ihren zweitbesten Wert nach 2016 (2021: 21,4 Prozent). Damit wurde im Jahr 2022 fast jeder dritte Wohnungseinbruchsdiebstahl aufgeklärt.

Alle Straftaten gegen das Leben aufgeklärt

Im Deliktsbereich der Straftaten gegen das Leben wurden im Jahr 2022 insgesamt 29 Fälle registriert, was einem Anstieg um 10 Fälle und damit in etwa dem Niveau von 2019 (26 Fälle) entspricht. Mehr als zwei Drittel der Taten blieben im Versuchsstadium (20 Fälle bzw. 69 Prozent), in 15 Fällen wurde ein Messer als Tatmittel registriert. Den größten Anteil machen die Fallzahlen beim Totschlag mit 16 Fällen (16 Versuche) und Mord mit 7 Fällen (4 Versuche) aus.

In 2022 konnte erstmals seit Jahren wieder jede der Straftaten gegen das Leben aufgeklärt werden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Aufklärungsquote somit um 10,5 Prozentpunkte und liegt nunmehr bei 100 Prozent.

Die Anzahl an Körperverletzungsdelikten stieg zwar im Vergleich zum Vorjahr um 313 auf 2022 Fälle, bewegt sich damit jedoch in etwa auf dem Vor-Corona-Niveau von 2019 (2009 Fälle). Von den Gesamtfallzahlen sind mehr als zwei Drittel (1403 Fälle bzw. 69,4 Prozent) vorsätzlich begangene einfache Körperverletzungshandlungen. In 56 Fällen wurde ein Messer als Tatmittel registriert (2021: 64 Fälle). Die Aufklärungsquote liegt bei 93,8 Prozent.

Bei den Fällen von häuslicher Gewalt ist in Osthessen hingegen seit 2018 ein kontinuierlicher Anstieg feststellbar. So wurden 2022 insgesamt 717 Fälle polizeilich registriert, was eine Steigerung um 41 Fälle im Vergleich zum Vorjahr und somit den bisherigen Höchststand bedeutet. Rund 80 Prozent der Opfer sind Frauen, fast drei Viertel der Fälle Körperverletzungen.

Die Anzahl der Straftaten im Bereich der Vermögens- und Fälschungsdelikte stieg zwar in 2022 um 121 auf 4002 Fälle, bleibt damit aber deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019 (4404 Fälle). Die Aufklärungsquote liegt bei 77,6 Prozent. Den größten Anteil nehmen die Betrugsdelikte mit 3048 Fällen (76,2 Prozent) ein. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsfeld liegt bei 80,1 Prozent.

Polizei Osthessen warnt vor veränderten Trickbetrugsmaschen

Für den Bereich der Internetkriminalität wurden in 2022 insgesamt 1601 Fälle registriert (2021: 1669 Fälle), was das niedrigste Niveau seit 2018 bedeutet. Die Aufklärungsquote stieg um 1,8 Prozentpunkte auf 91,9 Prozent und stellt den zweitbesten Wert seit Bestehen des Polizeipräsidiums Osthessen dar.

Die Fallzahlen im Bereich der Straftaten zum Nachteil älterer Menschen stiegen in Osthessen im Vergleich zum Vorjahr um 56 auf 188 Fälle an. Dabei stellen die Diebstahlsdelikte mit 124 Fällen bzw. 66 Prozent den größten Anteil an den Gesamtfallzahlen dar. So wurden in 2022 unter anderem 63 Fälle Diebstahl von unbaren Zahlungsmitteln, 27 Fälle Diebstahl in/aus Wohnungen und 22 Fälle Taschendiebstahl registriert. In 35 Fällen handelt es sich um Betrugsdelikte.

Gerade im Bereich des Trickbetrugs verzeichnete die osthessischen Polizei im letzten Jahr einen deutlichen Fallzahlenanstieg. Bewegten sich die Vollendungen in den vergangenen Jahren überwiegend im einstelligen bis unteren zweistelligen Bereich, waren es 2022 allein 89 Vollendungen durch „Enkeltrick“, „Falsche Polizisten“ und „Schockanrufe“ mit einem Vermögensschaden von rund 640.000 Euro (2021: 25).

Dabei zeigt sich: Trickbetrug ist vielfältig und kann durch abgeänderte Erscheinungsformen inzwischen alle Generationen treffen. Hinzu kommen neue Maschen wie etwa der WhatsApp-Betrug. Diese neuerliche Nutzung von Messenger-Diensten als Plattform für die Kontaktaufnahme zielt nicht mehr nur auf eine Generation ab, sondern auf jeden Smartphone-Nutzer. In 2022 wurden osthessenweit 100 WhatsApp-Trickbetrügereien registriert (2021: 9 Fälle). Der Vermögensschaden beträgt rund 285.000 Euro. (ah)

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