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Streitpunkt Straßenlaternen: Kommunen im Kreis Fulda sparen unterschiedlich bei der Beleuchtung

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Von: Andreas Ungermann

In der Gemeinde Großenlüder – wie in der Straße „St.-Georg-Straße“ – werden die Lichter von 22.30 bis 5.30 Uhr ausgeschaltet.
In der Gemeinde Großenlüder – wie in der Straße „St.-Georg-Straße“ – werden die Lichter von 22.30 bis 5.30 Uhr ausgeschaltet. © Mander/Yowegraphy

Nicht erst mit der Energiesparverordnung der Bundesregierung wird in Osthessen über die nächtliche Straßenbeleuchtung diskutiert. Die Gemeinden setzen sich mit unterschiedlichen Konzepten auseinander – und die stoßen nicht immer auf Gegenliebe.

Fulda - Die Entscheidung der Gemeinde Großenlüder sorgt für Unmut: Ende Oktober hatte Bürgermeister Florian Fritzsch (SPD) mitgeteilt, dass die Straßenbeleuchtung in den Halbnachtbetrieb geht und die Lampen in der Zeit von 22.30 bis 5.30 Uhr ausgeschaltet werden. Bei den 1200 Straßenlaternen sollen 15.000 Kilowattstunden monatlich eingespart werden. Auch in zwei Gersfelder Stadtteilen geht ab 23 Uhr das Licht aus.

In Großenlüder kommt die Einschränkung, wie Fritzsch Ende Oktober schon einräumte, in der Bevölkerung jedoch gar nicht gut an. In einzelnen Ortsteilen werden inzwischen auf private Initiativen hin Unterschriften gesammelt, weil Bürgerinnen und Bürger – vor allem jene, die frühmorgens oder spätabends noch unterwegs sind – ihr Sicherheitsgefühl schwinden sehen. Die Angst vor Kriminalität spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Sorge vor Unfallgefahren.

Energiekrise: Streitpunkt Straßenlaternen - Kommunen sparen unterschiedlich

Der Fahrgastverband Pro Bahn & Bus hegt Zweifel daran, ob die „eingesparte übersichtliche Anzahl von Kilowattstunden in einem vernünftigen Verhältnis zu den sich daraus möglicherweise entstehenden Gefahren steht“. Der Verband kritisiert, dass die Gemeindevertreter bei Beschlussfassung offenbar nicht bedacht hätten, wie wichtig sichere Wege für Bahn- und Buskunden seien.

So verkehren an den Bahnstationen Großenlüder und Oberbimbach Züge von morgens 5.12 Uhr bis 23.22 Uhr abends. Die Bahnstationen sind unabhängig von der gemeindlichen Straßenbeleuchtung während der Betriebszeiten des Zugverkehrs zwar autark beleuchtet, die Bushaltestellen hängen jedoch an der Straßenbeleuchtung. Der erste Stadtbus ab Bimbach startet kurz vor 5.30 Uhr. Laut Pro Bus & Bahn trage die Abschaltung nicht zur Attraktivierung des Öffentlichen Personennahverkehrs bei.

Kritik äußern zudem Zeitungszusteller, die ihre Tour teils um 3 Uhr beginnen. Ihnen helfe schon eine Regelung wie in Tann, wo das Licht ab 3.30 Uhr wieder eingeschaltet werde. Gerade jetzt im Winter sei die Finsternis ein Problem – nicht nur wegen der Angst vor Kriminalität, sondern auch dann, wenn eisige Stellen auf dem Gehweg nicht sichtbar seien. In der Folge drohe eine zusätzliche Verletzungsgefahr.

Trotz Kritik: Großenlüders Bürgermeister hält an Halbnachtbetrieb fest

Bürgermeister Florian Fritzsch hält indes an einem Halbnachtbetrieb fest, will jedoch beim Zeitrahmen nachbessern: Abends soll die Beleuchtung eine Stunde später – um 23.30 Uhr – aus- und morgens eine Stunde früher – um 4.30 Uhr – eingeschaltet werden, um die Zeiten dem Zugverkehr anzupassen und den Einwohnern den Besuch von Veranstaltungen der örtlichen Vereine zu ermöglichen.

Dieser zeitliche Wunsch der Gemeinde sei kurzfristig durch OsthessenNetz nicht umsetzbar gewesen. „Wir haben uns deshalb entschieden, die möglichen Zeiten auszunutzen, um Energie zu sparen“, erklärt Fritzsch und versichert: Ein Konzept für die Straßenbeleuchtung soll in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden und den Gemeindevertretern Anfang kommenden Jahres für einen Grundsatzbeschluss vorgelegt werden. „Die nächtliche Abschaltung soll in einem für die Bürgerinnen und Bürger verträglichen Rahmen stattfinden“, betont der Rathauschef.

Die von den Bürgern geäußerten Bedenken nehme er ernst, sagt Fritzsch. Er weist allerdings auch auf einen Vortrag der Leiterin des Sternenparks im Biosphärenreservat Rhön, Sabine Frank, hin. Sie hatte deutlich gemacht, „dass die polizeilichen Kriminalitätsstatistiken in Fällen von ausgeschalteter Straßenbeleuchtung in anderen Kommunen keine Steigerung von Einbrüchen und sonstigen Straftaten erkennen ließen“.

Video: Straßenbeleuchtung ausschalten: Nimmt dann die Kriminalität zu?

In Petersberg wählt man einen anderen Ansatz. Dort beschlossen die Gemeindevertreter vergangene Woche, schon mit Einsetzen der Dunkelheit und durchgängig die Straßenlaternen, bei denen dies technisch möglich ist, auf 50 Prozent Leistung zu dimmen. Möglich ist dies laut Ausführungen der CDU bei 485 von 1780 „Lichtpunkten“ in der Gemeinde. Bislang erfolgte die Reduzierung gegen 22.30 Uhr bis zum Morgen. Darüber hinaus soll die Kommune mit der RhönEnergie ein Lichtkonzept erstellen, das weitere Energiesparpotenziale identifiziert, ohne den Sicherheitsaspekt zu vernachlässigen.

Die Gemeindevertretung Hosenfeld hat beschlossen, entsprechend dem Vorschlag des Gemeindevorstands keinen Halbnachtbetrieb einzuführen. Zwar würde sich dieser Schritt nach 2,71 Jahren amortisieren. Doch der Kostenfaktor sei nicht allein maßgebend: Das Abschalten birgt nach Ansicht der Hosenfelder Risiken bei der Verkehrssicherheit und steigere das Kriminalitätsrisiko.

4500 Euro pro Jahr habe Tann durch den Halbnachtbetrieb gespart, nach künftigen Preisen rechnet man in der Rhön-Stadt mit Einsparungen von 15.000 Euro jährlich – selbst dann, wenn man auf energiesparende LED-Beleuchtung umsteigt.

Bei ihren Energiesparbemühungen plant auch die Stadt Fulda eine Anpassung, die sich derzeit in der finalen Abstimmung befinde, ein Beschluss des Magistrats steht noch aus, erklärt Pressesprecher Johannes Heller. Vermutlich wird es auf eine Beleuchtung im leistungsreduzierten Betrieb während der gesamten Nacht (nicht nur in einem Teil der Nacht wie bisher) hinauslaufen. Möglichkeit und Umfang richteten sich weniger nach dem Standort – also nach Innenstadt oder Stadtteil –, sondern vielmehr nach den technischen Voraussetzungen der einzelnen Leuchten, erläutert Heller.

Die Gemeinde Künzell erwägt laut Bürgermeister Timo Zentgraf (parteilos) aktuell keine Abschaltung, weil diese nicht so einfach per Knopfdruck möglich sei.

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