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Verstecktes Kleinod unter Fuldas Kirchen: St. Andreas wurde vor 1000 Jahren geweiht

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Von: Andreas Ungermann

St. Andreas liegt inmitten von Neuenberg.
St. Andreas liegt inmitten von Neuenberg. © Andreas Ungermann

Die Kirche St. Andreas in Neuenberg wird in diesem Jahr 1000 Jahre alt. „In der Fuldaer Kirchenlandschaft ist sie ein viel zu oft unterschätztes Kleinod“, sagen Pfarrsekretärin Eva Erb und Christine Thomas, die die Festschrift verantwortet hat.

Neuenberg - „Es war ein großer Zufall und Glücksfall, dass rechtzeitig zu unserem Jubiläum die Gründungsurkunde der Propstei St. Andreas aufgetaucht ist“, berichtet Eva Erb. Lange galt das originale Schriftstück als verschollen, in dem der damalige Abt Richard des Klosters Fulda die Gründung festgeschrieben hat.

Verstecktes Kleinod unter Fuldas Kirchen: St. Andreas wird 1000 Jahre alt

Versteckt lag es in einer Sammelhandschrift mittelalterlicher Urkunden deutscher Herkunft in der Pariser Nationalbibliothek. „Auch wenn das ursprüngliche Siegel nicht mehr vorhanden ist, ist sie vollständig erhalten“, heißt es in einem Beitrag von Dr. Alessandra Sorbello Staub, Leiterin der Bibliothek der Theologischen Fakultät in Fulda, in der Festschrift zum 1000-Jährigen von St. Andreas. Darin ist die Urkunde erstmalig abgebildet.

St. Andreas – heute mitten in Neuenberg gelegen – muss Abt Richard, der die Niederlassung als Reform- und Musterkloster gründete, besonders am Herzen gelegen haben. Schließlich hat er schon früh entschieden, dass er hier, in der von 1020 bis 1023 erbauten Kirche, seine Grablege finden sollte. Tatsächlich wurden bei Restaurierungsarbeiten im Kirchenschiff, das samt Querschiff noch original erhalten ist, noch weitere Knochen und Gräber gefunden.

In der Krypta, dem Herzstück der Kirche unter dem Altarraum, aber fand sich einzig die Ruhestätte des einstigen Abtes – genau geostet, mit dem Blick in Richtung der aufgehenden Sonne; so ist auch die gesamte Kirche angelegt.

„Die Krypta ist sehr wertvoll – zwar nicht im Sinne von Pomp und Protz aber spirituell, als Gebetsort“, konstatieren Erb und Thomas. Und sie fügen an: „Was die theologischen Deutungen der Wandmalereien und die architektonische Symbolik anbelangt, da sind sich auch die Experten nicht ganz einig. Die Krypta bietet ganz viel Spielraum für Interpretationen.“

Beim Abstieg in den kleinen Raum wird deutlich: Hier liegt der Kern der einstigen Propstei St. Andreas, die über ausgedehnte Ländereien verfügte und bis zu deren Vertreibung 1525 während der Bauernkriege mit Mönchen besiedelt war. Diese erstreckten sich über das Gelände des heutigen Bonifatius- und Helene-Weber-Hauses. In der Krypta müssen die Malereien schon vor dem Jahr 1040 fertiggestellt worden sein, sagt Christine Thomas.

Hintergrund

Die Pfarrgemeinde St. Martin Fulda, zu der St. Andreas seit dem Jahr 2021 gehört, feiert das Jubiläumsjahr „1000 Jahre St. Andreas“ mit einer Veranstaltungsreihe, deren Termine online abrufbar sind. Zu den Höhepunkten gehört die Festwoche „1000 Jahre St. Andreas“ von Donnerstag, 7., bis Sonntag, 10. September. Am 10. September stehen der Festgottesdienst mit Fuldas Bischof Dr. Michael Gerber sowie Begegnungsfest auf dem Programm – einen Tag vor dem eigentlichen Weihetag. St. Andreas wurde am 11. September 1023 von Erzbischof Aribo von Mainz geweiht.

An einem Studientag befasst sich der Fuldaer Geschichtsverein am 22. September während eines Fachtages mit der Historie von St. Andreas. Die Kirche liegt im Osten des „Fuldaer Kirchenkreuzes mit St. Maria (Frauenberg, Norden, Weihe 809), St. Johannes (Johannesberg, Süden, 811), Allerheiligenkirche (später St. Peter, umgangssprachlich Liobakirche, Petersberg, Osten, 836/838). Im Zentrum des geografischen Kreuzes liegt der Hohe Dom St. Salvator zu Fulda (einst Ratgarbasilika, 819).

In einem Aufsatz in der Festschrift zu den Wandmalereien erinnert Restauratorin Christine Kenner daran, dass diese lange Zeit nicht oder nur sehr eingeschränkt zu sehen waren. Als 1991 die restauratorischen Untersuchungen begannen, habe kein Beteiligter geahnt, „ dass unter den flächenhaften Übermalungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der wertvollsten Schätze frühmittelalterlicher Wandmalereien nördlich der Alpen verborgen lag und dass dies den Beginn eines langjährigen Untersuchungs- und Restaurierungsprojekts bildete“, schreibt Kenner.

Bis 2005 dauerte dies an. Seit dem sind die biblischen Szenen – Opferdarstellungen aus dem Alten Testament und Engelsfiguren – wieder sichtbar. Vieles, so sagen Eva Erb und Christine Thomas, deute auf Darstellungen des Himmlischen Jerusalems hin. Vor allem die Zahl Zwölf, kehrt immer wieder in der Krypta, die als einziger komplett ausgemalter Raum aus ottonischer Zeit neben St. Georg auf der Insel Reichenau gilt. Erstmals abgedeckt wurden die Bilder bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Nach der Entdeckung der einst auf Trockenputz aufgetragenen Bilder – wohl von einem Buchmaler, darauf lässt die Technik schließen – im Jahr 1932 folgten Übermalungen und der Versuch sie zu konservieren.

Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts verschlechterte sich deren Zustand. Die erneute Restaurierung wurde notwendig. Allerdings wandelte sich nicht nur das Bild der Krypta. Auch im Kirchenschiff wurde nach Malereien gesucht, gefunden wurden Fragmente. War das Gotteshaus im 17. Jahrhundert barockisiert worden, so trug es im vergangenen Jahrhundert die moderne Handschrift des Städeldirektors Professor Ferdinand Lammeyer mit Darstellungen der Apokalypse, des Patrons St. Andreas, der Mutter Gottes. Heute ist in der Kirche wieder ein barocker Hochaltar zu sehen.

Der Fuldaer Dom öffnet indes seine Türen für die Erlebnisinstallation „Im Hier und Jetzt – Glauben entdecken”. Die Installation ist Teil des Rahmenprogramms des Bistums Fulda zur Landesgartenschau.

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