Der Schneider und sein Freund, der anonym bleiben möchte, luden einen Kleintransporter so voll wie möglich – was übrig blieb, brachten sie zu einer anderen Spendenstelle in Fulda. Darüber hinaus hatte Bardakci viele Geldspenden erhalten. Das Geld ließ der 43-Jährige in türkische Lira wechseln und verteilte es an Bedürftige. Und so machten sich die beiden rund zwei Wochen nach der Katastrophe auf den Weg. Von Deutschland ging es zunächst nach Italien, von dort mit der Fähre nach Griechenland, dann ging es mit einer weiteren Fähre in die Nähe der türkischen Stadt Izmir.
Bis zu den Provinzen Adana und Hatay lagen noch einmal 13 Stunden Autofahrt vor den beiden – insgesamt kamen sie auf eine Strecke von rund 4500 Kilometern. Beide Provinzen waren stark von den Beben betroffen. „Es ist unvorstellbar schlimm und ganz anders als im Fernsehen“, berichtet Bardakci. Die Fotos und Videos, die er aufgenommen hat, zeigen eingestürzte Gebäude, Schutthaufen und riesige Zeltstädte.
Dort sind viele der Türkinnen und Türken untergebracht, die ihre Wohnung verloren haben. „Wir hatten quasi gestern noch ein Zuhause, eine Arbeit und eine Wohnung“, zitiert Bardakci einen Mann und ergänzt: „Ein anderer hat mir erzählt, dass er sieben Angehörige verloren hat. Was kann man da schon tun? Es ist eine Tragödie, die Menschen so zu sehen. Manche hatten noch Platzwunden im Gesicht und andere Verletzungen. Das Leid der Menschen ist kaum in Wort zu fassen.“
Es ist unvorstellbar schlimm und ganz anders als im Fernsehen.
Besonders berührt habe ihn die Dankbarkeit der Menschen. „Das war sehr emotional. Ein kleines Mädchen kam zum Beispiel einfach auf mich zu und hat mich fest umarmt. Ein paar Leute haben uns sogar abends vor ihrem Zelt zum Tee eingeladen, um sich zu bedanken. Dabei haben sie doch selbst fast nichts!“
Probleme gab es zumindest während der Anreise keine. „Wir haben Kontakte zur AFAD, der Katastrophenschutzbehörde der Türkei. Unser Kennzeichen wurde aufgeschrieben, und wir konnten überall durchfahren. Außerdem war es gut, dass wir die Fähre genommen haben, denn so mussten wir nicht so viele Grenzkontrollen passieren“, erzählt der 43-Jährige. Den Rückweg traten die beiden über den Landweg an, und an einer Grenze wurden sie tatsächlich herausgewunken. „Zum Glück war der Wagen da schon leer, und es musste nicht alles durchsucht werden“, merkt er an.
„Viele kleine Dinge haben uns gezeigt, dass wir einfach das Richtige tun. Zum Beispiel, musste unser Transporter gewogen werden, bevor wir auf die Fähre gefahren sind. Gesamtgewicht: 3480 Kilogramm – 3500 waren erlaubt.“ Vor Ort hatten die beiden keine Probleme. Sie positionierten sich gegenüber einer Zeltstadt, öffneten die Türen ihres Wagens und schon kamen die Bewohner der Zelte an. Mitarbeiter von AFAD halfen, die Waren zu verteilen.
Verständigungsprobleme gab es vor Ort keine, denn kommuniziert hat Adem Bardakci auf Türkisch. Er ist zwar in Deutschland geboren, doch da sein Vater aus Izmir kommt, wo noch immer ein Teil der Familie lebt, kann Bardakci gut türkisch sprechen. „Diese Reise hat mich verändert. Ich habe gemerkt, dass man eigentlich glücklich sein muss, dass es uns hier so gut geht. Die gesamte Tour war sehr emotional, ohne meinen Freund hätte ich das nicht geschafft.“ Zehn Tage waren die beiden insgesamt unterwegs, und Bardakci ist überzeugt: „Ich würde es immer wieder tun.“
Auch Erwin Schneider aus Birstein im Main-Kinzig-Kreis hat mit einem Konvoi der DRK-Landesverstärkung Hessen Hilfsgüter in das Erdbebengebiet in der Türkei gebracht - freiwillig und ehrenamtlich.