„Last Minute“ ist nicht mehr: Experten erklären, wo der Urlaub jetzt besonders teuer werden kann

Mit dem Ferienbeginn in NRW hat die Reisezeit begonnen. Wer Urlaub machen möchte, der sollte gebucht haben – oder muss womöglich tief in die Tasche greifen. Experten erklären, welche Länder gefragt sind, wo es noch Kapazitäten gibt und wie sich die Preise entwickelt haben.
Fulda - Während einige Länder durch den Ukraine-Krieg momentan kaum noch bereist werden, sind die Kontingente in anderen Ländern schon fast weg. „Bei uns werden Spanien, Griechenland und die Türkei sehr gut gebucht“, erklärt Nicole Schöppner, Mitarbeiterin im Reisebüro Gutermuth in der Bahnhofstraße in Fulda.
Sie selbst wird ihren Urlaub in Deutschland verbringen. Deutschlandreisen, die schon in der Corona-Pandemie gefragt waren, seien nach wie vor angesagt. Die Reiselust sei wieder da. Das bestätigt auch Joachim Teiser, Firmengründer der Reisewelt Teiser und Hüter in Neuhof.
Fulda: Kein „Last Minute“-Schnäppchen - Deshalb wird der Urlaub teurer
Vor allem Reisen nach Griechenland, Kroatien und Flusskreuzfahrten seien gefragt, ebenso wie Reisen nach Ostafrika. Destinationen im Ostseebereich hingegen, die auch immer im Programm waren, seien weggebrochen. „Die Baltischen Staaten und auch Kreuzfahrten in der Ostsee haben wir rausgenommen“, erklärt Teiser. (Lesen Sie hier: Run auf die Rhön und die Stadt Fulda - Touristiker haben dennoch Sorgen)
Beim Reisebüro Happ liegt der Badeurlaub am Mittelmeer hoch im Kurs, ebenso wie Rad- und Busreisen, die der Veranstalter selbst durchführt. „Die Reiselust lebt wieder auf, gerade die Dauerbrenner Balearen, griechischen Inseln und die Türkei werden in den vier Happ-Filialen gebucht wie lange nicht“, schreibt Frank Happ.
Auch das spanische Festland und Italien seien bei den Osthessen beliebt, ebenso wie die Karibik oder der Indische Ozean. Bei den Malediven, die im Indischen Ozean liegen, verzeichnet auch die TUI ihren stärksten Buchungszuwachs, der aktuell im dreistelligen Bereich liegen würde. Ansonsten seien bei Deutschlands größtem Reiseveranstalter Klassiker rund ums Mittelmeer die top Favoriten.
„Allen voran Mallorca, Antalya und die griechischen Inseln Kreta, Rhodos und Kos. Auch für Zypern sehen wir hohe Zuwächse. Außerhalb des Mittelmeers rücken beispielsweise die Kapverdischen Inseln immer mehr in den Fokus deutscher Urlauber“, sagt Pressesprecherin Anja Braun.
Bei Autoreisezielen steche vor allem Polen hervor und hier insbesondere die polnische Ostseeküste, die immer beliebter werde. „Erfreulich sind auch die zurückkehrenden Buchungen bei Städtereisen. Besonders beliebt sind in diesem Sommer Hamburg und New York. In New York hat gerade das zweite Riu Hotel direkt am Times Square eröffnet - ein Publikumsmagnet für deutsche Urlauber.“
Doch wie stehen die Chancen für Urlauber, die noch nichts gebucht haben, aber spontan verreisen wollen? „Es wird eng. In Kroatien haben wir fast nichts mehr anzubieten – und wir haben schon das Vierfache an Reisen eingekauft. Es ist unglaublich, so eine Nachfrage haben wir in 30 Jahren nicht erlebt“, erklärt Joachim Teiser.
Wie die Buchungszahlen letztlich sein werden, kann er noch nicht abschätzen, weil Ziele im Osten weggefallen sind. Ein Trend zeichne sich aber schon jetzt ab: Während vor der Pandemie viele Reisen online gebucht wurden, sei nun das Reisebüro wieder verstärkt gefragt.
„Es fällt auf, dass wir nun extrem viel mehr junge Leute als Kunden haben, die ihre Reisen vor der Pandemie womöglich im Internet gebucht haben.“ Das Bedürfnis nach Sicherheit – auch im Falle einer Stornierung – sei den Kunden zunehmend wichtig. „Bei einer Pauschalreise übernimmt der Veranstalter das Risiko und muss – etwa wenn der Flug gecancelt wird – für eine Alternative sorgen. Bucht man das Ticket selbst, muss man sehen, wie man zurecht kommt“, erklärt Teiser.
Folgen der Corona-Pandemie: Deutschlandreisen weiterhin gefragt
Nicole Schöppner hat momentan auch viele Buchungsanfragen zu bearbeiten: „Gerade in den letzten Wochen ist es mehr geworden. Viele haben abgewartet. Der Sommer läuft gut.“ Frank Happ rät daher: „Alle noch unentschlossenen Reisefreudigen sollten so schnell wie möglich buchen. Durch die extrem hohe Nachfrage in den letzten Wochen werden die Preise wahrscheinlich nur eine Richtung kennen: nach oben.“
Mit der Buchungslage zufrieden ist auch die TUI: Bereits jetzt seien mehr als 85 Prozent des Reiseangebots vor der Pandemie fest gebucht. „Wir beobachten einen außergewöhnlichen Run auf Reisen mit Buchungseingängen, die für viele Ziele weit über dem Niveau von 2019 liegen. Die Menschen haben sich die schönsten Strände und Hotels schon reserviert. Wer jetzt noch eine Unterkunft für die Sommerferien sucht, der sollte sich beeilen. In den Baderegionen beliebter Destinationen kann es bei Flügen und Betten eng werden“, erklärt Anja Braun von der TUI.
Generell würden Menschen nach der Pandemie mehr für den Urlaub ausgeben, weil sie zum einen länger verreisen – im Schnitt einen Tag mehr – und zum anderen höherwertige Reisen buchen. „Suiten und Poolzimmer sind aktuell zuerst ausgebucht. Im Schnitt wird 20 Prozent mehr in den Urlaub investiert“, ergänzt Braun.
„Im Schnitt wird 20 Prozent mehr in den Urlaub investiert“
Bei der TUI könnten noch Reisen nach Mallorca, Kreta, Antalya oder auf die Kanarischen Inseln gebucht werden, erklärt Pressesprecherin Anja Braun. „Hier haben wir ein breites Angebot und sind mit unserer eigenen Airline TUI fly gut aufgestellt.“ Auch in anderen Zielen gebe es noch Urlaubsmöglichkeiten. „Generell ist die Devise, dass in der Hauptreisezeit Flexibilität gefragt ist, was den Abflughafen, die Aufenthaltsdauer, das Reiseziel und die Unterkunft angeht.“
Auch im Reisebüro Gutermuth gebe es noch Auswahl, etwa in Spanien, der Türkei oder in Ägypten. „Man muss ein bisschen suchen und kann vielleicht nicht von Frankfurt aus fliegen, sondern muss zu einem anderen Flughafen“, erklärt Nicole Schöppner. (Lesen Sie auch: Impfzertifikat abgelaufen? Was Urlauber beachten müssen und wie der Nachweis erneuert werden kann)
Für die Einreise in die meisten Länder gebe es keine Corona-Maßnahmen mehr. Etwas hat die Pandemie aber verändert: Viele Urlauber legen Wert darauf, zu bestimmten Konditionen kostenfrei stornieren zu können. „Das bieten die meisten Reiseveranstalter auch an“, sagt Schöppner und ergänzt, dass die meisten ihrer Kunden eine Reise-Rücktrittsversicherung inklusive Covid-Schutz hätten. „90 Prozent fliegen nicht ohne eine solche Versicherung.“
Und wie sieht es mit den Preisen aus? Nach Corona herrscht bei den Airlines Personalnot. Die Lufthansa streicht deshalb eine ganze Reihe an Flügen und verknappt so das Angebot. Die Nachfrage ist jedoch hoch. Und so kommen zwei Dinge zusammen, die die Preise für das reisen in die Höhe schnellen lassen. Wer jetzt einen Flug buchen möchte, merkt es bereits. Urlauber, die frühzeitig gebucht haben, konnten womöglich bessere Konditionen aushandeln.
Video: 4 einfache Möglichkeiten, bei der Buchung von Flügen Geld zu sparen
Lange mit der Buchung zu warten, rentiere sich nicht mehr: „Last Minute gibt es quasi nicht mehr. Mittlerweile gilt: Wer spät bucht - für den wird es teurer.“ Joachim Teiser erklärt, dass die Preise in seinem Reisebüro stabil geblieben seien. „Wir haben schon während der Pandemie großzügig Kontingente eingekauft und können den Vorteil an den Kunden weitergeben. Nächstes Jahr wird sich die Preissteigerung aber auch bei uns bemerkbar machen“, sagt Teiser.
Auch die TUI betont, dass „die allgemeinen Preissteigerungen noch nicht auf unsere Pauschalreiseangebote durchschlagen“. „Die Verträge mit Hotels und Airlines für den Sommer waren schon vorher unter Dach und Fach. Es gibt auch jetzt noch einige Pauschalreisen in den Systemen, deren Preise bereits im vergangenen Jahr ausverhandelt wurden. Wenn diese Kontingente allerdings bald ausgeschöpft sind, dann wird zu tagesaktuellen Kursen abgerechnet und da können sich gestiegene Treibstoff- und Lebensmittelpreise durchaus deutlich bemerkbar machen“, sagt Anja Braun.
Auch sie erklärt: „Last Minute wird nicht mehr so günstig sein wie vor der Pandemie – höhere Preise von bis zu zehn Prozent in diesem Segment werden keine Seltenheit sein.“