1200 Jahre Großenlüder: Dichte Besiedelung vielleicht schon in der Bronzezeit

Sowohl die politische als auch die kirchliche Gemeinde Großenlüder feiern in diesem Jahr ihr 1200-jähriges Bestehen. Das Jubiläum geht zurück auf die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 822. Damals ließ der Fuldaer Abt Eigil die heutige karolingische Kapelle erbauen.
Großenlüder - Dass das heutige Gemeindegebiet altes Siedlungsgebiet gewesen ist, das bezeugen Fundstätten von Grabhügeln, Flachgräbern, Urnengräbern, Knochenwerkzeugen und Schmuckgegenständen. Wie Ernst Zentgraf in der Chronik der Pfarrgemeinde St. Georg Großenlüder schreibt, wurden Skelettfunde in Großenlüder, Bimbach, am Mühlberg und auf dem Finkenberg gemacht.
Aufgrund der vielen Grabhügel schließen die Forscherinnen und Forscher nicht aus, dass bereits während der Bronzezeit (2000 bis 1000 vor Christus) eine verhältnismäßig dichte Besiedelung vorhanden war. Der spätere Ortsname leitet sich vom nahen Fluss, der Lüder, ab.
Fulda: 1200 Jahre Großenlüder - Dichte Besiedelung schon in Bronzezeit?
Ungefähr im Jahre 822 – ganz gesichert ist diese Jahreszahl nicht – erbauten die Fuldaer Mönche die heutige karolingische Kapelle. Mit der Weihe durch den Erzbischof Heistulf von Mainz begann eine 1000-jährige Bindung an das Reichskloster Fulda. Das damals im karolingisch-romanischen Stil erbaute Kirchlein ist in seinen wesentlichen Teilen noch bis heute erhalten. 400 Jahre lang wurden dort Gottesdienste gehalten, bis es mit dem Bau der zweiten Kirche zur Sakristei wurde.
In der Festschrift „1150 Jahre Großenlüder“ heißt es, der Ort habe im 9. und 10. Jahrhundert einen großen Aufschwung erlebt. Immer mehr rückte Großenlüder auch in den Mittelpunkt der Verwaltungsstruktur im westlichen Teil des Klostergebiets. Die Bevölkerungszahl des Ortes und seiner näheren Umgebung wird für das 11. Jahrhundert auf etwa 650 geschätzt.
Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung Großenlüders spielte seit jeher auch das Salz: Im Frühmittelalter schenkte ein Graf Dito dem Kloster Fulda eine Salzquelle bei Großenlüder. Die Fuldaer Mönche scheinen sofort an den Ausbau der Quelle gegangen zu sein, um die Salzversorgung des Klosters sicherzustellen.
Weltkriege
Die beiden Weltkriege gingen auch an den Menschen in der Gemeinde Großenlüder nicht spurlos vorbei. Mehr als 400 junge Männer waren zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen worden – 77 von ihnen kehrten nicht wieder.
Im Zweiten Weltkrieg ereignete sich am 27. Dezember 1944 eine Katastrophe, als bei einem Bombenangriff auf Fulda der Grezzbach-Bunker zum großen Teil verschüttet wurde. 24 Frauen und Männer aus Großenlüder konnten hiernach nur noch tot geborgen werden.
Eine besondere Bedeutung für die Geschichte des Dorfes und damit auch für die Pfarrei hat das Jahr 1160. Von da an nannten sich die Adeligen von Lüder nach dem Ort selbst. Im Laufe der Zeit hatten sie sich, einst eine unfreie Familie, über die Dorfgenossen erhoben und es durch treue Dienste bei den Fuldaer Äbten zu einer bevorzugten Stellung gebracht. Das Jahr 1160 war damit die Geburtsstunde des großen Buchischen Adelsgeschlechts der Herren von Lüder, wie Zentgraf schreibt.
Mitte des 13. Jahrhunderts erhielt die alte Kirche einen Neubau, in den sie sich harmonisch einfügte. Das mittelalterliche Ortsbild von Großenlüder scheint dem eines kleinen Städtchens geglichen zu haben. Im 14. Jahrhundert war der Ort mit Wall und Graben umgeben und befestigt. Die Türme dreier wehrhafter Burgen – der Vorder- oder Fröschburg, der Niederburg sowie der Hinterburg – hoben sich aus dem Ortsbild heraus.
1220 erbautes Gotteshaus bis ins 18. Jahrhundert Mittelpunkt des Dorfes
Bis in das 18. Jahrhundert war das 1220 erbaute Gotteshaus Mittelpunkt des Dorfes. Die heutige Pfarrkirche entstand in den Jahren 1734 und 1735. Anno 1805 wurde das Fürstentum Fulda – und damit auch Großenlüder – durch Kaiser Napoleon französisches Gebiet. 1810 gehörte die Gemeinde zum Großherzogtum Frankfurt. Drei Jahre später gehörte Großenlüder zu Österreich, 1815 für ein Jahr zu Preußen, danach zu Kurhessen und ab 1866 zu Preußen.
Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein bestand zwischen Großenlüder und den Vogelsberg-Gemeinden bis nach Hosenfeld eine intensive Bindung auf verschiedensten Gebieten. Als der Vogelsberg von Fulda aus verkehrsmäßig noch nicht so erschlossen war wie heute, bildete Großenlüder einen fast natürlichen Mittelpunkt. Von hier aus verkehrte laut Festschrift die Fahrpost, die auch einige Passagiere mitnehmen konnte; in Großenlüder bestiegen die Bauhandwerker die Eisenbahn, die sie ins Ruhrgebiet brachte.
Der Ort hatte ein Amtsgericht, dessen Wirkungsbereich bis nach Hosenfeld reichte und auch Bad Salzschlirf einschloss. Diese Mittelpunktfunktion wäre wohl noch ausgeprägter gewesen, wenn vor dem Ersten Weltkrieg die Pläne, von Großenlüder eine Eisenbahnlinie über den Vogelsberg zu bauen, verwirklicht worden wären.
Die moderne Verkehrserschließung brachte eine Wende, die Großenlüder mehr und mehr seiner alten, geschichtlichen Funktion enthob. Die Verlegung des Amtsgerichts 1943 und auch des Forstamts 1968 nach Fulda waren die äußeren Zeichen einer Neuorientierung in der Verwaltungsstruktur.
Moderne Verkehrserschließung brachte Wende in Großenlüder
Drei Jahre zuvor, im Jahr 1970, war die bis dahin selbstständige Nachbargemeinde Eichenau auf freiwilliger Basis in das Gemeindegebiet eingegliedert worden. Ein Jahr später folgten Kleinlüder und Uffhausen, ein weiteres Jahr darauf Bimbach, Lütterz und Müs. 1973 fand die 1150-Jubiläumsfeier im überfüllten Gotteshaus und in Anwesenheit zahlreicher Vertreter des politischen und kulturellen Lebens statt.
Wichtig für Großenlüder war in den Folgejahren die Ortsumgehung, die von 1989 bis 1993 gebaut wurde. Davor führte die B 254 mitten durch den Ort. Die Umgehung ermöglichte die Umgestaltung des Ortskerns: das St.-Georg-Haus wurde 1997 zum Rathaus, das Amtshaus Anfang der 2000er saniert, das alte Bürgerhaus 2004 abgerissen und an dessen Stelle die Burgpassage ein Jahr später gebaut. 2005 wurde das Lüderhaus eröffnet, 2007 der Kaiserhof abgerissen, an dessen Stelle 2013 ein Wohn- und Geschäftshaus eingeweiht wurde.
Am 11. Juli 1997 hatte die Gemeinde 1175 Jahre Großenlüder gefeiert. Mit dem am Freitag begonnenen Festwochenende zu 1200 Jahre Großenlüder schließt sich nun ein weiterer Meilenstein an.