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17 Jahre lang Fuldas Bischof: Heinz Josef Algermissen wird heute 80

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Von: Daniela Petersen

Heinz Josef Algermissen
Heute darf das Glas gehoben werden – so wie hier im Jahr 2009 bei einem Besuch unserer Zeitung. © Charlie Rolff

17 Jahre lang war Heinz Josef Algermissen Bischof von Fulda. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag. Familie, Freunde und Weggefährten erzählen, wie der gebürtige Westfale privat ist.

Fulda - Bischof Algermissen ist jemand, der auch mal Tacheles redet. Er scheut sich nicht, unbequeme Dinge anzusprechen und zum Beispiel 2003 die Weihnachtspredigt zum Thema Abtreibung und Euthanasie zu halten. Für ihn ist es eine Frage der Menschenwürde, das (ungeborene) Leben zu schützen. Mit dieser Haltung hat er sich immer deutlich positioniert und Kritik geerntet – die er aber aushalten konnte.

Fulda: 17 Jahre lang Bischof - Heinz Josef Algermissen wird heute 80

„Wenn er etwas als richtig und gut erkannt hat, dann verfolgt er es zielstrebig“, sagt Regens Dr. Dirk Gärtner, der von 2008 bis 2014 Algermissens Bischofssekretär war. „Ein prägendes Wort von ihm ist: ,Der Mensch soll nicht durch die Hand eines anderen sterben, sondern an der Hand eines anderen.‘“ Er habe von ihm Durchhaltevermögen gelernt, bei Langzeitprojekten dran zu bleiben, sich nicht irritieren zu lassen.

Wenn Gärtner Algermissen beschreiben soll, dann fällt ihm als erstes das Wort Verbindlichkeit ein. Seine bodenständige, unaufgeregte Art habe er zu schätzen gelernt – genau wie die schnörkellose Sprache, die keine überflüssigen Worte kennt und doch manchmal bildreich daherkommt, etwa wenn er bedauert, „dass viele bewusst einen Vorhang vor den Himmel“ ziehen und leben, als ob es Gott nicht gäbe.

Messe

Das Bistum und das Fuldaer Domkapitel laden anlässlich des 80. Geburtstags heute um 17 Uhr zu einem Pontifikalamt in den Fuldaer Dom ein. Die Festpredigt wird Domdechant em. Prälat Prof. Dr. Werner Kathrein halten.

Algermissen sagt das dann mit einem westfälischen Zungenschlag, den er nach all den Jahren in Fulda nie ganz abgelegt hat. Und hier und da spickt er seine Sätze mit Fremdwörtern. Dass er gerne liest und klassische Musik hört, dürfte nicht weiter verwundern. Was Gärtner aber überrascht hat, ist seine Begeisterung für Fußball: „Als Deutschland 2014 im WM-Halbfinale gegen Brasilien gespielt hat, da hat er richtig mitgefiebert“, erinnert er sich.

Algermissens Schwestern Rita Fiedler und Edith Jung erzählen, dass er schon als Kind mit Freunden und den Nachbarsjungen gepöhlt – also Fußball gespielt – hat. Edith Jung erinnert sich aber auch daran, dass ihr Bruder als Kind „Priester“ und „Heilige Messe“ gespielt hat. „Da war wohl die Tendenz immer schon da gewesen“, sagt sie.

Algermissen wuchs in einem katholischen Elternhaus auf. In der Verwandtschaft gab es einige Theologen. Sein Onkel war Konrad Algermissen, Pionier der Ökumene und Begründer der Konfessionskunde. Die Ökumene ist auch eines der Themen, mit denen sich der emeritierte Bischof immer wieder beschäftigt. Zu Professor Dr. Martin Hein, dem ehemaligen Bischof der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, ist in all den Jahren eine Freundschaft entstanden.

Als Kind hat er schon „Heilige Messe“ und „Priester“ gespielt

„Wir konnten aufgrund unserer jeweiligen Liebe zur Klarheit Positionen, bei denen wir uns unterschieden haben, immer deutlich benennen. Das hat unserer Freundschaft aber keinen Abbruch getan“, sagt Hein. Algermissen sei jemand der Freundschaften pflegt und mit dem er auch Persönliches besprechen kann. „Der Abschied aus dem Bischofsamt und auch der Tod von seiner Mutter Mathilde waren für ihn große Einschnitte“, erinnert sich Hein.

Mathilde Algermissen zog 2001 mit ihrem Sohn von Paderborn nach Fulda. Der Vater war bereits verstorben, und sie war für ihn eine wichtige Bezugsperson. Überhaupt ist ihm Familie wichtig. Zu seinen Schwestern pflegt er regelmäßig Kontakt. „Als unsere Mutter noch gelebt hat, und auch danach, sind wir oft miteinander in den Urlaub gefahren, nach Dänemark, Sylt oder nach Italien“, sagt Rita Fiedler.

Vor allem sind es aber die Berge, die Algermissen liebt, wo er wandert und Ruhe findet. „Er geht dann gerne in ein Kloster“, sagt die Schwester. Sie beschreibt ihren Bruder als großmütigen Menschen, der die Nächstenliebe lebt. Für sie sei er ein Herzensmensch, der Gutes tut, aber nicht unbedingt darüber spricht. Und sie verrät: „Meine Freundinnen haben immer gesagt, dass ich einen tollen Bruder habe.“

Dass Algermissen Priester wird, das stand nicht sofort fest. Nach dem Abitur studierte er ein Semester lang in Münster Medizin. Weil das aber nicht das Richtige war, wechselte er nach Freiburg und belegte das Fach Philosophie. Erst als er Professor Bernhard Welte kennenlernte, der Christliche Religionsphilosophie lehrte, kam er zur Theologie. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte er einmal: „Es wurde mir immer klarer, dass die Straße der Theologie der Weg ist, den Gott für mich vorgesehen hat.“ Die Entscheidung, Priester zu werden, habe er sich damals gut überlegt: „Es ist eine Lebensentscheidung, ein Treueversprechen auf Dauer.“

Wenn er etwas als richtig und gut erkannt hat, dann verfolgt er es zielstrebig.

Dr. Dirk Gärtner über Heinz Josef Algermissen

Sein Theologiestudium absolvierte er schließlich im Leokonvikt in Paderborn. Sein Studienkollege und Freund Hans-Josef Rüsing hat ihn als guten und fleißigen Studenten in Erinnerung, der sich um den Zusammenhalt im Semester bemüht habe. „Er wusste Intelligenz, Fleiß und politisches Geschick miteinander zu verbinden“, sagt der 78-Jährige. Auch heute noch hat er, der selbst Pfarrer im Ruhestand ist, noch Kontakt zu Algermissen, den er als kollegialen und unprätentiösen Menschen beschreibt. „In unserem Kreis habe ich ihn immer so erlebt, dass er den Bischof nie rausgekehrt hat.“

Und noch etwas ist ihm im Gedächtnis geblieben: „Seine Eltern wohnten in Paderborn und waren sehr gastfreundlich. Seine Mutter konnte hervorragend backen. Sonntags machten wir manchmal Ausflüge dorthin, das war wie eine Oase. Ich glaube fast jeder im Semester war irgendwann mal im Hause Algermissen. Diese familiäre Bindung hat ihn sehr geprägt“, sagt Rüsing.

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