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20 Jahre SMOG: Gründer kann sich Zukunft ohne Prävention an Schulen schwer vorstellen

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Von: Max Wenisch

Fulda: 20 Jahre SMOG (Schule machen ohne Gewalt)
Mit Präventionsveranstaltungen will der Verein Schule machen ohne Gewalt Gewalttaten vorbeugen. © abdobe.stock/Olga Yastremska, Leonid Yastremskiy

Der Verein Schule machen ohne Gewalt (SMOG) feiert am Freitag sein 20-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Fürstensaal des Stadtschlosses. Die Festrede hält der ehemalige Ministerpräsident des Landes Hessen, Volker Bouffier (CDU).

Fulda - Erwin Maisch (75) ist ehemaliger Polizeibeamter. Er war von 1981 bis 1990 Leiter der Schutzpolizei der Polizeidirektion Fulda und baute von 1990 bis 2000 die Polizeidirektion im Vogelsbergkreis auf, deren Leiter er wurde. Er initiierte die Gründung des Vereins SMOG. Im Interview mit unserer Zeitung blickt er zurück auf 20 Jahre und auf die Zukunft der Gewaltprävention. 2010 erhielt er für sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz.

Fulda: 20 Jahre Schule ohne Gewalt - Gründer Erwin Maisch im Interview

Was war der Anlass für die Gründung von SMOG?

1998 wollte ich in meiner Funktion als Leiter der Polizeidirektion des Vogelbergkreises neue Akzente in der Kriminalitätsbekämpfung setzen. Forschung und Literatur zeigten, dass männliche Jugendliche die Haupttreiber beim Anstieg der Gewaltdelikte waren. Da war für mich klar, dass es dagegen Prävention geben muss. Nach Recherche durch meinen Mitarbeiter Hasso Hofmann fanden wir das Programm „Cool sein – cool bleiben“, das wir dann auf unseren Kreis anpassten. Damit konnte ich dann auch den damaligen Landrat Hans-Ulrich Lipphardt und das Schulamt Gießen überzeugen. So kam es zu den Präventionsveranstaltungen, die auch das Image der Polizei in der Zielgruppe aufwerteten.

Hat sich die Arbeit der letzten 20 Jahre gelohnt?

Das Ziel von SMOG war von Anfang an: Es muss ein Gesamtkonzept entstehen, das die Menschen über viele Jahre erreicht, das mit der Zeit geht, vor allem auf Dauer angelegt und nachhaltig ist. Über die Jahre hinweg hat sich unser Verein deutschlandweit zu einem Vorzeigeprojekt entwickelt. Dabei wurden gesellschaftliche Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse in unsere Arbeit aufgenommen. So etwa die Nutzung des Internets für die gewaltpräventive Arbeit. (Lesen Sie auch: „Schüler finden das befremdlich“ - Immer mehr Vandalismus und Einbrüche an Schulen)

Das Feedback aus Kindergärten, Schulen und von den Menschen, die mit SMOG Erfahrungen gesammelt haben, zeigt uns, dass wir richtig liegen. Die Zugriffszahlen bei „Cool and Safe“ gehen weltweit über eine Million hinaus. Wir haben zahlreiche Auszeichnungen erhalten. „Cool and Safe“, das es mittlerweile in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Ukrainisch gibt, hat international die Auszeichnungen von Comenius und Erasmus als eines der weltweit besten E-Learning-Projekte erhalten. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen die Wirksamkeit unserer Programme. Ich denke, wir haben mit der Unterstützung vieler viel richtig gemacht und es hat sich gelohnt.

Fulda: 20 Jahre Schule ohne Gewalt (SMOG)
SMOG-Gründer Erwin Maisch © Max Wenisch

20 Jahre SMOG: Volker Bouffier hält Rede bei Festakt im Fuldaer Stadtschloss

Welche Veränderungen haben die Arbeit von SMOG in den letzten Jahren am meisten geprägt?

Ich denke, dass wir durch unser interaktives Lernprojekt für Kinder von sieben bis zwölf Jahren, das wir 2013 mit der Unterstützung durch die EU starteten, einen Riesenschritt machen konnten. Es hat viel Arbeit und Stress gemacht, aber es hat sich gelohnt. Für mich steht aber die Arbeit unserer Referenten vor Ort nach wie vor im Mittelpunkt. Dort konnten wir mit der SMOG-Elternschule zusammen mit unserem Partnerverein Jollydent vielen Eltern bei Erziehungsfragen helfen. Ganz aktuell haben wir eine Fortbildung für das pädagogische Personal in Kindergärten entwickelt. Dieses Anpassen an sich verändernde Situationen, dabei aber langfristig zu denken und zu planen, prägt unsere Arbeit ganz wesentlich.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 20 Jahre?

Dass die Menschen weiterhin zu unserer Arbeit stehen und uns unterstützen, dass wir in den Kindergärten, Schulen und bei den Menschen der Region Mitstreiter finden und unser Netzwerk ausbauen können. Schön wäre es auch, wenn es uns gelingt, unseren Stamm der ehrenamtlichen Referenten zu erhalten und zu erweitern und dass wir immer die nötigen Mittel haben, dass SMOG mit seiner Geschäftsstelle erfolgreich arbeiten kann. Von unserer Politik wünsche ich mir mehr Aufmerksamkeit für die Prävention und ein langfristiges Ausrichten von Konzepten. Und ich wünsche mir, dass Menschen, die diesen Artikel lesen, und es sich zutrauen, sich bei uns beispielsweise als Referentin oder Referent zu engagieren und uns helfen, die Welt um uns herum etwas besser und sicherer zu machen.

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Glauben Sie, dass SMOG eines Tages überflüssig sein wird?

Wenn man sieht, dass es immer mehr Egoismus, Besserwisserei und Werteverfall in unserer Gesellschaft gibt, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass wir irgendwann keine Präventionsprogramme mehr brauchen. Ich bin aber der Meinung, wir haben eine gute Chance, Gewalt zurückzudrängen, wenn wir alle bereit sind, hier in einem Netzwerk mitzuarbeiten. Wie das Netzwerk heißt, ist eigentlich egal. Wir können stolz sein, dass wir in unserer Region mit SMOG ein solches Netzwerk haben, daher sollten wir es pflegen und weiter entwickeln.

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