„Beides ist nicht geschehen. So sind die Franziskaner 400 Jahre auf dem Frauenberg – allerdings mit zwei Unterbrechungen“, berichtet der aktuelle Guardian (Hausobere) des Klosters, Pater Dr. Cornelius Bohl, der aus Neuenberg stammt. 1875, im Kulturkampf, wurde das Kloster aufgehoben, viele Brüder gingen in die USA. Aus den von ihnen gegründeten Niederlassungen ging die Holy Name Province von New York hervor.
Erneut wurde das Kloster 1940 von den Nationalsozialisten geschlossen, der vorletzte Guardian Thaddäus Brunke kam in das KZ Dachau und starb dort an Hunger und Erschöpfung. Die Nazis errichteten im Kloster eine Schule für den Sicherheitsdienst (SD) der SS, später ein Lazarett. Nach Kriegsende, am Weißen Sonntag 1945, kehrten die Brüder zurück.
Mit drei ausgewählten Veranstaltungen wollen die Brüder an ihre 400-jährige Präsenz auf dem Frauenberg erinnern:
• Dienstag, 11. April, 18 Uhr: Hoch-Oben-Gottesdienst gemeinsam mit antonius und Bruder Markus Fuhrmann, Provinzialminister der Deutschen Franziskanerprovinz
• Donnerstag, 21. September: Vortragsabend „Die Bettelbrüder vom Frauenberg“ in Zusammenarbeit mit dem Fuldaer Geschichtsverein im großen Refektor des Klosters. Bruder Damian Bieger aus Dortmund, promovierter Kirchengeschichtler, wird ausgehend von der früher üblichen organisierten Betteltätigkeit der Franziskaner ihrer Wirksamkeit im Fuldaer Land nachspüren.
• Dienstag, 3. Oktober: abendlicher Wortgottesdienst zum Gedenken an Franz von Assisi mit Fuldas Diözesanbischof Dr. Michael Gerber.
1757 vernichtete ein Brand Kirche und Kloster. Der barocke Neubau entstand nach den Plänen des Franziskaners Kornelius Schmitt. Ebenfalls ein Minderbruder, Wenzeslaus Marx aus dem Fuldaer Konvent, schuf die Figuren des Kreuzwegs von der Klosterkirche zum Kalvarienberg. Bis zur Vereinigung der vier deutschen Franziskanerprovinzen 2010 war der Frauenberg das Zentrum der „Thüringischen Provinz“ mit Verwaltung, Archiv, Missionsprokur, Provinzbibliothek und Pflegestation. Von hier aus brachen Brüder 1906 auf in die Mission nach Japan und 1937 nach Mato Grosso/Brasilien.
Zu den dort lebenden Brüdern unterhält die Deutsche Franziskanerprovinz bis heute gute Kontakte. Bis 1968 bestand auf dem Frauenberg eine eigene Ordenshochschule. Mitte der 1960er Jahre lebten dort gut 70 Brüder, darunter 23 Studenten. Fast ein Drittel waren „Laienbrüder“, zumeist qualifizierte Handwerker, die in den eigenen Werkstätten als Schreiner, Drucker, Schuster oder Schneider sowie im Garten, in der Landwirtschaft und in der Küche arbeiteten. Zeitweise war das Kloster auch Noviziatshaus.
2016 begannen die Brüder eine Kooperation mit antonius: gemeinsam Mensch. Sie verbindet eine lange gemeinsame Geschichte, da seit den Anfängen des ehemaligen „Antoniusheims“ bis heute ein Bruder dort als Seelsorger arbeitet. Seitdem versuchen die beiden Partner, den Frauenberg als besonderen geistlichen Ort zu erhalten und zu gestalten. Unterstützt werden sie unter anderem von den „Freunden des Frauenbergs“. Antonius betreibt das Gästehaus, das Klostercafé Flora und die Küche, die auch Schulen und Firmen beliefert, kümmert sich um den Garten und hat eine Schneiderei eingerichtet. Alle diese Arbeitsbereiche werden inklusiv geführt, inzwischen haben rund 100 Menschen einen Arbeitsplatz auf dem Frauenberg gefunden.
1623 waren sechs Brüder auf den Frauenberg gekommen, heute leben dort neun Franziskaner. Sie arbeiten zum Teil als Seelsorger auf dem Berg, auf den sich schon Bonifatius zum Gebet zurückgezogen haben soll. So feiern sie die Gottesdienste in der Klosterkirche, in der die Fuldaer Krippenfreunde ihre Jahreskrippe zeigen, und im nahen Herz-Jesu-Krankenhaus. Nach wie vor kommen täglich Menschen, die das Sakrament der Versöhnung empfangen wollen oder um ein seelsorgerliches Gespräch bitten. Brautpaare geben sich gerne hier das Jawort.
Für einzelne besteht die Möglichkeit, sich zu stillen Tagen oder begleiteten Exerzitien ins Kloster zurückzuziehen. Zwei Gruppen franziskanisch orientierter Frauen und Männer haben auf dem Frauenberg ihre geistliche Heimat. Ein Bruder ist als Sakristan für die Kirche verantwortlich, ein anderer führt eine Klosterschneiderei. Eine wichtige Aufgabe ist die Sorge für die 17 älteren und teils pflegebedürftigen Brüder im Theresienheim, das von den Barmherzigen Schwestern getragen wird.
Die Zukunft ist indes so offen und spannend wie die Geschichte. Vor 400 Jahren hatten die Brüder zunächst gezögert, auf den Berg zu ziehen, denn sie wollten lieber bei den Menschen in der Stadt leben. Dort waren sie ja ganz am Anfang schon einmal gewesen. Bereits 1237, gut zehn Jahre nach dem Tod des Heiligen Franziskus, waren sie erstmals nach Fulda gekommen und hatten sich nahe der heutigen Stadtpfarrkirche angesiedelt, wo sie über 300 Jahre blieben.
Mitte des 16. Jahrhunderts, zur Reformationszeit, stand das Kloster leer; ob aus Nachwuchsmangel oder ob die Brüder vielleicht den neuen Glauben angenommen hatten, ist unbekannt. Von diesem ersten Klosterbau ist nichts mehr erhalten. Das jetzige Kloster auf dem Frauenberg ist im Eigentum der Diözese.
„Der Ort ist einzigartig, seine Erhaltung jedoch für die Franziskaner und antonius eine große finanzielle Herausforderung“, konstatiert Cornelius Bohl. Und die Zahl der Brüder in Deutschland nimmt stetig ab – rund 230 sind es derzeit.