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Hilfe für die „Gebadeten“ - Adveniat-Botschafter Ricardo González über seine Arbeit in Paraguay

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Von: Daniel Krenzer

Adveniat-Weihnachtsaktion 2021: ÜberLeben in der Stadt
Täglich bereiten freiwillige Helferinnen in den Suppenküchen von Tambucu in Asunción hunderte Mittagessen zu. Bis vergangenes Jahr war Ricardo González (links) Leiter der dortigen Sozialpastoral – ans Aufhören denkt der Rentner aber nicht. © Oliver Schmieg

In Paraguays Hauptstadt Asunción ist die soziale Ungleichheit schmerzhaft groß. Wer sich nicht das Leben in der Stadt leisten kann, wohnt in Elendsvierteln drumherum, die immer wieder überschwemmt werden. Adveniat-Botschafter Ricardo González (61) berichtet über seine Arbeit, dort zu helfen.

Fulda/Asunción - Viele Jahre arbeitete González in der Sozialpastoral, bis ins vergangene Jahr leitete er sie, ehe er das Rentenalter erreichte. „Es gibt aber noch viel zu tun, und ich habe noch viel Energie“, berichtet er bei einem Besuch in Fulda, weshalb er sich dennoch weiter mit ganzer Kraft engagiert. Denn aktuell ist er in Deutschland zu Gast, um von seiner Arbeit zu berichten. Diese soll mit den Spenden der diesjährigen Adveniat-Weihnachtskollekte besonders unterstützt werden.

Die Armenviertel im immer wieder von schlimmen Überflutungen heimgesuchten Gürtel um die Stadt werden wie deren Bewohner „Bañados“ genannt: „Gebadete“. Immer wieder kommt das Wasser des Paraguay-Flusses und zerstört die sowieso kaum ein würdevolles Leben ermöglichenden Wohnbauten. 2019 mussten bei einer besonders schweren Überschwemmung 70.000 Menschen evakuiert werden.

Fulda: Adveniat-Botschafter Ricardo González über seine Arbeit in Paraguay

Dass die Corona-Pandemie die ohnehin schwierigen Bedingungen ohne nennenswerte Infrastruktur inmitten hoher Kriminalität und erbärmlicher Hygieneverhältnisse zusätzlich verschlechtert hat, überrascht nicht. Die Sozialpastoral hat deshalb gemeinsam mit den Pfarrgemeinden insgesamt 70 Suppenküchen eingerichtet. (Lesen Sie hier: Predigt, Büroarbeit, Unterricht: Pfarrer Togar Pasaribu hat viele Aufgaben - und einen vollen Terminkalender)

Während in der Innenstadt teils beachtlicher Wohlstand herrscht, ist oft nur wenige Meter weiter das Leben jeden Tag eine schwierige Herausforderung. „Diese räumliche Nähe führt es den Bewohnern umso mehr vor Augen, wie arm sie sind“, stellt González fest. Nicht jeder komme damit klar, vor allem viele junge Männer ließen sich hinreißen zu kriminellen Machenschaften wie Diebstahl und Drogenhandel. „Natürlich gibt es solche Menschen dort, aber die allermeisten sind ganz normale Leute, die einfach ein erträgliches Leben führen möchten“, sagt der Kirchen-Mitarbeiter.

Schülerinnen und Schüler sowie Referenten in einem Klassenraum
Auch an der Eduard-Stieler-Schule Fulda haben Ricardo Gonzalez und Franz Trimpl vor den Schülerinnen und Schülern der 12. Klasse der Fachoberschule gesprochen. © Bistum Fulda

„In Krisenzeiten wird unsere Hilfe besonders sichtbar. Aber unsere Arbeit geht weit über die materielle Unterstützung hinaus“, berichtet González beim Gespräch im Priesterseminar in Fulda. Die Arbeit der Kirche vor Ort soll den Menschen dort möglichst langfristig helfen, also über die einzelnen Krisen hinaus. Vor allem Frauen und Kinder werden in Bildungsprojekten unterstützt, Menschen werden ermutigt, ihre Talente zu vertiefen und durch Fleiß und Willen Wege aus der Armut zu finden. „Vor allem bei Jugendlichen lässt sich da viel erreichen – und verhindern, dass sie auf die schiefe Bahn geraten“, berichtet González, der selbst in armen Verhältnissen aufwuchs.

Wenn es nach dem 61-Jährigen geht, dann gibt es aber bestenfalls in einigen Jahren gar keine „Gebadeten“ mehr. Das Ziel sei es, die Armenviertel flutsicher aufzuschütten und mit der nötigen Infrastruktur auszustatten, um dort ein würdiges Leben zu ermöglichen – ohne der täglichen Furcht, all das bisschen Besitz jederzeit in den Fluten wieder verlieren zu können. „Es ist ein großes Projekt, das in mehreren kleineren Etappen umgesetzt werden kann“, berichtet der Adveniat-Botschafter.

„In Krisenzeiten wird unsere Hilfe besonders sichtbar“, hebt Ricardo González hervor

Die Weltbank habe bereits Interesse bekundet, dieses Projekt finanziell unterstützen zu wollen. Und damit das Leben der Menschen sich nachhaltig verbessert, sollen Teile der Weihnachtsspenden in die Arbeit der Sozialpastoral fließen, um dort möglichst vielen Menschen dabei zu helfen, sich ein würdevolles Leben aufzubauen. „Es ist ganz wichtig, dass die Bewohner das Bewusstsein dafür haben, selbst etwas aufgebaut zu haben“, betont González, der vor allem in der Korruption in politischen Kreisen die Gründe für die große Ungleichheit in seinem Heimatland Paraguay ausmacht.

Der Südamerikaner lädt nicht nur herzlich dazu ein, die Arbeit der Sozialpastoral mit Spenden in der Weihnachtszeit zu unterstützen. Er freue sich auch immer, wenn junge Menschen aus Deutschland zum Mithelfen einige Zeit nach Paraguay kämen – zum Beispiel im Bundesfreiwilligendienst. „Es ist immer toll zu sehen, was diese Menschen an Engagement mitbringen – und wie viel Reife und Erfahrungen sie wieder mit nach Hause nehmen“, berichtet er und lächelt.

Außerdem ist er der Meinung, dass Städtepartnerschaften dabei helfen können, für mehr als die dringend benötigte finanzielle Unterstützung zu sorgen: „Wenn man sich gegenseitig besucht, dann lernt man sich gegenseitig zu verstehen. Das ist sehr viel wert“, stellt er fest. Um diesen Austausch voranzutreiben, war er zuletzt auch in mehreren Schulen und Pfarrgemeinden in der Region zu Gast.

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