Auch die SPD kritisierte in einem Antrag die Kürzung der Öffnungszeiten. „Die KV Hessen verweist darauf, dass die Kranken nachts im Notfall ja in die Notaufnahme des Klinikums gehen könnten. Die Notaufnahme ist aber kein Ersatz für den Bereitschaftsdienst, und die Notaufnahme ist heute schon überlastet“, sagte die Abgeordnete Beate Fischer.
Die SPD wollte den Kreisausschuss beauftragen, mit der KVH Gespräche aufzunehmen, damit diese die Kürzung der Öffnungszeiten wieder zurücknimmt. CDU und FDP beantragten, die Landesregierung einzuschalten: Der Kreis solle das hessische Sozialministerium fragen, wie es die Folgen der gekürzten Öffnungszeiten bewerte.
„Für uns ist die Sache ganz klar: Wenn die Bereitschaftsdienstzentrale nachts geschlossen ist, dann kommt die KVH ihrem gesetzlichen Versorgungsauftrag nicht nach“, sagte Gisela Feuerstein.
„Wenn die KV die Bereitschaftsdienstzentrale nachts zu macht, ohne vorher den Landkreis und das Klinikum zu informieren, dann ist das mehr als nur schlechter Stil. Die KV hat sich an ihre gesetzlichen Aufträge zu halten. Es kann nicht sein, dass jeder macht, was er will“, schimpfte Feuerstein.
Das Hessische Sozialministerium hat gegen die Kürzung der Öffnungszeiten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) nichts einzuwenden. Das zumindest erklärt die Pressestelle des Ministeriums unserer Zeitung.
Das Sozialministerium erklärt, die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) habe das Ministerium über die Kürzung der Öffnungszeiten informiert. Davon, dass die KVH das Ministerium vorher gefragt hat, ist allerdings nicht die Rede. Die KVH habe versichert, dass trotz der Kürzung der Öffnungszeiten „jederzeit eine flächendeckende Versorgung der Patienten sichergestellt ist“. Diese flächendeckende Versorgung der Patienten werde zum einen durch die rund um die Uhr an allen Tagen betriebene bundesweite Rufnummer 116117 und zum anderen durch den Hausbesuchsdienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes sichergestellt.
Das Ministerium sagt: „Der Hausbesuchsdienst des ÄBD steht den Patienten auch nach Schließung der ÄBD-Zentrale weiter zur Verfügung. In lebensbedrohlichen Fällen ist aber unverändert unbedingt die 112 zu wählen, für diese Fälle ist die 116117 nicht der medizinisch geeignete Ansprechpartner.“
Auch FDP-Abgeordneter Claus-Dieter Schad verwies darauf, dass die KV rund um die Uhr einen Sicherstellungsauftrag habe. Das Klinikum dürfe in seiner Notdienstzentrale gar keine Patienten behandeln, die einen Fall für den Bereitschaftsdienst sind.
Omar Jouini (Grüne) forderte, der Landkreis müsse sich auch darum kümmern, wenn Fachärzte fehlen. Von dem Mangel seien besonders Rheumatologen sowie Kinder- und Jugendpsychiater betroffen.
„Wir können es nicht hinnehmen, dass die KV ihre Leistungen einschränkt“, rief der Erste Kreisbeigeordnete Frederik Schmitt (CDU) aus. „Die KV hat einen Sicherstellungsauftrag: Sie muss nachts für die Behandlung kranker Menschen sorgen“, sagte er.
Für den Vize-Landrat gehört die Reduzierung der Öffnungszeiten zu einer Strategie der KV, die Nutzung des Bereitschaftsdienstes unattraktiv zu machen. „Früher konnte man den Bereitschaftsdienst in Fulda anrufen. Jetzt gibt es nur noch eine zentrale Telefonnummer für ganz Hessen. Das schreckt viele Menschen ab“, sagte Schmitt.
Die Räume des Bereitschaftsdienstes auf dem Klinikgelände würden auch nur schwer gefunden. Schmitt kündigte an, er wolle sich einmal genau anschauen, an welchen Tagen die KV die Besucherzahlen erhoben habe und wie repräsentativ diese sind.
Die Anträge von SPD und CDU/FDP wurden einstimmig beschlossen. Der Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Schmitt wird nun im Auftrag des Kreistags Kontakt zur KV und zum Sozialministerium aufnehmen. Dem Ministerium erklärte die KV, sie komme dem Sicherstellungsauftrag nachts durch eine Telefonbereitschaft und einen Hausbesuchsdienst nach (siehe Infobox).