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Angeklagter soll 34.000 Euro veruntreut haben - vom Geld fehlt jede Spur

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Von: Marcus Lotz

Der Mann soll das Vertrauen eines zum Tatzeitpunkt 90-Jährigen missbraucht haben  (Symbolfoto).
Der Mann soll das Vertrauen eines zum Tatzeitpunkt 90-Jährigen missbraucht haben (Symbolfoto). © Marijan Murat/dpa

Weil er 34.000 Euro veruntreut hat, ist ein Angeklagter vor dem Amtsgericht Fulda zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Das Geld, von dem bis heute jede Spur fehlt, muss der 43-Jährige zurückzahlen.

Fulda - Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann vor, das Vertrauen eines zum Tatzeitpunkt 90-Jährigen missbraucht zu haben. Dieser hatte den Angeklagten als seinen Betreuer eingesetzt. Staatsanwalt Christoph Wirth hielt dem Angeklagten vor, im Januar 2020 in einer Sparkasse in Petersberg (Kreis Fulda) zusammen mit dem älteren Herren zunächst 40.000 Euro auf ein Konto des Rentners umgebucht zu haben.

Auf dieses Konto habe der Angeklagte dann Zugriff gehabt. Anschließend sei es bis Juni 2020 zu insgesamt 34 Abbuchungen gekommen, bei denen jeweils 1000 Euro abgehoben wurden. Besonders häufig geschah dies im März: Hier erfolgte an 17 aufeinanderfolgenden Tagen je eine Abbuchung. Das Geld habe der Angeklagte für eigene Zwecke verwendet.

Fulda: Angeklagter soll 34.000 Euro veruntreut haben

Später habe er sogar versucht, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, telefonisch weitere 25.000 Euro auf das Konto umbuchen zu lassen, auf das er Zugriff hatte. Das scheiterte jedoch: Die Karte war mittlerweile eingezogen, die Polizei verständigt. Das Geld blieb verschwunden. Es wurde auch bei einer Durchsuchung bei dem Angeklagten nicht gefunden.

Gegenüber der Polizei habe der Rentner laut Aussage eines Beamten angegeben, dass er sich nicht erklären könne, dass ihm 34.000 Euro fehlten. Weder habe er einen Diebstahl innerhalb des Heims vermutet, noch den Angeklagten verdächtigt. Dieser räumte nun zwar ein, dass er das Geld abgehoben hatte. Er habe jedoch im Auftrag des Mannes gehandelt.

Beide hätten seit Jahren ein sehr vertrauensvolles Verhältnis gepflegt. Deshalb habe der Rentner, der kaum Bezugspersonen hatte, ihn zu seinem Betreuer bestimmt. Der Angeklagte gab an, das Geld nicht behalten zu haben, sondern dem mittlerweile verstorbenen Geschädigten regelmäßig vorbeigebracht zu haben.

Angeklagter soll Vertrauen von Senior im Altersheim missbraucht haben

Der Geschädigte lebte zur Tatzeit in einem Altersheim. Wegen Corona sei die Geld-Übergaben bis auf Ausnahmen nicht persönlich erfolgt. „Ich habe dort geklingelt, die Tüte mit dem Geld beim Personal übergeben und draußen gewartet. Er hat mir dann am Fenster per Handzeichen mitgeteilt, dass er das Geld erhalten hat“, schilderte der Angeklagte.

Diese Version wurde von der Ehefrau sowie einem Freund des Angeklagten bestätigt. Beide sagten aus, bei jeweils einer Übergabe dabei gewesen zu sein. Trotzdem hakte Richter Dr. Szymon Mazur bei allen dreien nach: „Da will der alte Mann, der im Altersheim lebt, plötzlich jeden Tag 1000 Euro haben. Haben Sie sich da nicht gefragt, wofür er das braucht?“

Der Richter weiter: „Und wie sollte er das ausgeben, wenn er das Heim nicht verlassen kann?“ Der Angeklagte schilderte, der Mann habe den Banken nicht vertraut, wollte das Geld lieber bei sich haben beziehungsweise seiner Tochter schicken, die in den USA lebt. Dort kam es allerdings nie an.

Angeklagter versteckt 15.000 Euro von der Schwiegermutter in Gefrierschrank

Über alles Weitere habe er sich keine Gedanken gemacht, so der Angeklagte. Seine Aufgabe sei es gewesen, das Geld abzugeben. „Was danach damit passiert ist – keine Ahnung.“ Dass der Rentner da allerdings schon nicht mehr geschäftsfähig gewesen sein dürfte, zu diesem Schluss kam ein Gutachter.

Der Gutachter hatte sich bei dem Angeklagten sowie den Zeugen - darunter war auch der damalige Pflegedienstleiter - nach der Verfassung des Seniors erkundigte. Sein Fazit: Spätestens seit 2019 lag eine zunehmende Demenzerkrankung vor – vermutlich Alzheimer.

Dies ergebe sich übereinstimmend aus früheren Gutachten sowie allen Zeugenaussagen. Einzig die Aussage des Angeklagten, der Mann habe bei seinen telefonischen Aufträgen, ihm Geld zu bringen, stets klar gewirkt, bilde hierzu eine „nicht überbrückbare Diskrepanz“ (lesen Sie auch hier: Wenn Opfer hohe Geldsummen abheben - was Banken beim Enkeltrick dürfen).

Richter: Angeklagter habe Kontrollpflicht als Betreuer eklatant verletzt

Auch die Ermittlungen der Polizei ließen den Angeklagten in keinem guten Licht dastehen: Zwar gaben der Angeklagte und seine Frau an, keinerlei Geldsorgen zu haben. Laut Staatsanwalt hätten die Ermittlungen allerdings ergeben, dass zur damaligen Zeit die Ausgaben des Paares die Einnahmen monatlich um rund 900 Euro überstiegen.

Dies änderte sich erst ab dem Tatzeitraum. In diesem hob das Paar auch kein Geld mehr für den täglichen Lebensbedarf ab, so Staatsanwalt Wirth. Aber auch dafür hatte der Angeklagte eine kurios anmutende Erklärung: Das Paar habe just zu dieser Zeit 15.000 Euro von der Schwiegermutter erhalten – und zwar in bar, versteckt im Gefrierfach.

Für Richter Mazur spielte das erst einmal keine Rolle: Es gehe beim Vorwurf nicht darum, wo das Geld letztlich gelandet sei. Der Angeklagte, der bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, habe allerdings seine Kontrollpflicht als Betreuer eklatant verletzt.

Video: Was ist Alzheimer? Die Krankheit einfach erklärt

„Ihnen hätte klar sein müssen, dass dieser hilflose alte Mann nicht mehr mit Geld umgehen konnte. Spätestens bei der regelmäßigen Forderung nach 1000 Euro hätten alle Alarmglocken läuten müssen.“ Mit dem Urteil folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Dass er das Geld behalten hat, könne das Gericht dem Angeklagten nicht nachweisen, so Mazur. „Es hat aber ein Geschmäckle.“ Dieser kündigte an, in Berufung zu gehen (lesen Sie auch hier: Trickbetrug in Fulda - Schwindler ergaunern Münzsammlung von 57-Jähriger).

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