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Nach möglichem Anschlag auf Umwelt-Politikerin Bettinger: Großenlüders Bürgermeister ist fassungslos

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Von: Marcus Lotz, Andreas Ungermann

Fulda: Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen (Großenlüder) brannte in der Nacht zum Donnerstag komplett aus. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen (Kreis Fulda) brannte in der Nacht zum Donnerstag komplett aus. Nun ermittelt der Staatsschutz. © Marcus Lotz; privat

Ein Auto ist in der Nacht zu Donnerstag im Großenlüderer Ortsteil Uffhausen ausgebrannt. Es besteht der Verdacht auf Brandstiftung – und das Motiv liegt womöglich im Engagement der UBL-Politikerin Karin Bettinger.

Uffhausen - Geschlafen habe sie in der Nacht zu Donnerstag nicht, nachdem ihr Auto in Flammen aufgegangen war, sagt Karin Bettinger. In ihrer Hofeinfahrt zeugt am Donnerstag gegen 15.45 Uhr noch ein schwarzer Haufen Asche von den Geschehnissen der vorangegangenen Nacht. Die Reste von Bettingers Ford Kuga sind am Nachmittag von der Kriminalpolizei abtransportiert worden. Seit der Nacht war die Polizei in der Einfahrt zugange – zuerst Streifenbeamte, später Brandermittler, Kripo, zum Schluss sogar der Staatsschutz.

Schon früh geht die Polizei in Fulda, die den Sachschaden auf 11.000 Euro beziffert, am Donnerstagmorgen von Brandstiftung aus. Bettinger berichtet zudem, das Feuer sei am Fahrzeug vorne links ausgebrochen. „So, wie das Auto abgestellt war, hätte sich in der Hofecke gut jemand verstecken können“, sagt die Betroffene, die das Auto nach einem Protestspaziergang gegen das Zementkraftwerk in Müs am Abend zuvor in ihrem Hof geparkt hatte. Siebeneinhalb Stunden sei dann nichts passiert, nach dieser Zeit fange ein Auto doch nicht einfach so Feuer.

Fulda: Auto von Umwelt-Politikerin brennt aus - Staatsschutz ermittelt

„Die genauen Hintergründe der Tat sind aktuell noch nicht bekannt“, heißt es am Donnerstag in der Pressemitteilung der Polizei, die darin Zeugen für die Tat in der Straße zum Atzmannstein sucht.

Fulda: Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen brannte komplett aus.
Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen (Kreis Fulda) brannte komplett aus. © privat

Der Autobrand sei zwar der heftigste, jedoch nicht der erste Zwischenfall gegen sie gewesen, so Bettinger. „Drohanrufe oder -briefe habe ich nie erhalten. Es waren immer gleich Taten“, sagt die UBL-Politikerin, die sich im Umwelt- und Naturschutz sowie im Vorstand der Bürgerinitiative „Pro Lebensraum“ ebenfalls engagiert. 2017 seien ihr tote Waschbären in die Einfahrt gelegt worden. In derselben Nacht wurde damals ein Storchenmast umgesägt, den sie als Beauftragte der Staatlichen Vogelschutzwarte betreut. Unbekannte hätten früher auch schon versucht, Spiegel von ihrem Auto abzureißen, schildert Bettinger.

Klein kriegen lassen will sie sich von derlei Vorfällen nicht. „Wenn es sich als politisch motivierter Brandanschlag herausstellen sollte, dann hätte der mutmaßliche Täter ja sein Ziel erreicht“, sagt die Uffhausenerin. An der Sitzung der Gemeindevertreter, die sich am Donnerstagabend mit dem mutmaßlichen Brandanschlag befassten, nehme sie teil. Das habe sie auch noch an jenem Abend nach dem Waschbärfund getan. „Ich gebe wie geplant mein Statement ab“, sagt die UBL-Politikerin. Auch ein inzwischen wieder gelöschter Kommentar auf Facebook „Nicht mal das eigene Auto hält es mit ihr aus“, bringt sie davon nicht ab.

Werner Dietrich: „Die Menschen hier sind geschockt und getroffen“

Alt-Bürgermeister Werner Dietrich kennt Bettinger seit mehr als 40 Jahren, wohnt im selben Ort. „Wir standen heute mehrfach in Kontakt. Die Menschen hier sind geschockt und getroffen.“

Fulda: Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen (Kreis Fulda) brannte in der Nacht zum Donnerstag komplett aus.
Das Auto der UBL-Politikerin Karin Bettinger aus Uffhausen (Kreis Fulda) brannte in der Nacht zum Donnerstag komplett aus. © privat

Dietrich hält Spekulationen zum Hergang „für nicht zielführend“. Sollte sich die Vermutung der Polizei, dass es sich um Brandstiftung handeln könnte, allerdings bestätigen, sei dies laut Dietrich „ein höchst krimineller, feiger Anschlag, der das Vertrauen darin zerstört, dass man in einer Gemeinschaft demokratisch und fair miteinander umgehen kann.“ Bettinger sei eine „verdiente Persönlichkeit, die sich gerade in Umwelt- und Naturschutzfragen nicht nur Freunde gemacht hat“. Er hoffe, dass die Ermittlungen „Klarheit schaffen können“.

Eine generelle Verschärfung des Umgangstons nehme Dietrich nicht wahr. „Großenlüder taucht in der Kriminalstatistik relativ am unteren Ende auf. Damit will ich den Vorfall nicht verharmlosen – das sind Einzelfälle, die man genauestens beobachten muss.“

Auch Großenlüders Bürgermeister ist „sprachlos und fassungslos“

Auch Großenlüders Bürgermeister Florian Fritzsch (SPD) sei „sprachlos und fassungslos“. Er sei von Bettinger bereits am Donnerstagmorgen über den Vorfall in Kenntnis gesetzt worden. „Die Fraktionsmitglieder haben sich auch auf WhatsApp über den Vorfall ausgetauscht – alle sind geschockt, dass so etwas in unserem Ort passiert. Man denkt immer, hier auf dem Lande läuft alles gut.“

Fritzsch möchte den Ermittlungen der Polizei nicht vorgreifen, sagt aber: „Es macht einem schon ein Stückweit Angst, wie weit Menschen gehen können, die eventuell mit der politischen oder persönlichen Meinung eines anderen nicht zurechtkommen.“ Bettinger sei bereits in der Vergangenheit „von perfiden Aktionen betroffen gewesen“. Eine gewisse Kausalität zur politischen Einstellung Bettingers sei „nicht wegzudiskutieren“.

Der Rathauschef bestätigt, dass der Umgangston rauer werde: „Es findet durchaus eine Verrohung statt. Ehrenamtliche Kommunalpolitiker sind immer schärferen Angriffen in den sozialen Netzwerken ausgesetzt. Das nimmt neue Formen an, da müssen wir als aufrechte Demokraten standhaft bleiben.“ Fritzsch stellt klar: „Beleidigungen, Bedrohungen und Gewalt sind nicht tolerierbar, sondern sind ein Angriff auf unsere Gemeinschaft.“

Zeugen können sich bei der Polizei in Fulda unter der Telefonnummer (06 61) 10 50 melden.

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