Ein weiterer Grund zur Sorge ist laut Krämer die Verunsicherung der Menschen durch die angekündigten Änderungen bei der Förderung von E-Fahrzeugen. „Das reduzierte Fördervolumen mit einer Deckelung auf 2,5 Milliarden Euro sowie das Absenken der Förderschwelle im Laufe des Jahres 2023 wird viele Kunden abschrecken, jetzt noch ein E-Fahrzeug zu bestellen.“ Angesichts der aktuellen Lieferzeiten von oft zwölf Monaten und länger wüssten die Kunden nicht genau, wie hoch der Prämienanspruch sei und ob sie noch in den Genuss einer Prämie kommen. „Da ist zwischen 4500 Euro und null Euro alles möglich.“ Weil außerdem die Förderung von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen ab dem kommenden Jahr gestrichen werde, drohe diese Fahrzeugkategorie komplett zu verschwinden. Zurzeit seien das rund 25 Prozent des Bestands an E-Fahrzeugen.
„Uns allen ist klar, dass wir einen starken Schub in Richtung CO2-neutraler Antriebsformen benötigen“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Leipold. Die Europäische Union verstehe sich hier als Treiber, setze hohe Hürden mit Flottengrenzwerten, die zurzeit nur mit E-Fahrzeugen erreicht werden könnten. Ganzheitlich CO2-neutral sei dieser Antriebsart jedoch nur, wenn der dafür benötigte Strom grün sei und bereits die Fahrzeugproduktion klimaneutral gestaltet werden könne. „Es stellt sich die Frage, wann wir diesen Zustand hier in Deutschland und Europa bei den angestrebten Wachstumsraten für E-Fahrzeuge erreichen können“, erklärt Krämer.
Das Thema Ladeinfrastruktur gehöre ebenso dazu sowie die Ertüchtigung der Stromnetze. Zurzeit könnten längst nicht überall Ladesäulen gebaut werden, ohne etwa Blackouts beim kollektiven Laden in Wohngebieten zu riskieren. „Wir haben noch viel zu tun, um die E-Mobilität dahin zu bringen, wo sie hin soll“, sagt Kalkofen. „Daher stellt sich mir die weitere Frage, ob es nicht sinnvoll ist, den Weg für andere klimaneutrale Antriebsarten wie synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff offenzuhalten anstatt nur diesen einen Pfad zu verfolgen.“ (Lesen Sie auch: IAA Nutzfahrzeuge: EDAG Group präsentiert mit Cummins CO2-neutralen Lkw)
Der Bestand von rund 274 Millionen Autos und leichten Nutzfahrzeugen in Europa mit konventionellen Antrieben könnte sehr schnell seinen Beitrag zur CO2-Minderung leisten, wenn klimaneutral hergestellte synthetische Kraftstoffe in ausreichender Menge vorhanden wären. „Zahlreiche Regionen unserer Erde bieten die Voraussetzungen für deren Produktion auf Basis unerschöpflicher Wind- und Sonnenenergie“, so Obermeister Krämer. „Die potenziellen Hersteller dieser Kraftstoffe brauchen jedoch planbare Rahmenbedingungen, um die wirtschaftliche Erzeugung dieser Produkte in großen Mengen angehen zu können.“
Die EU-Kommission habe kürzlich den Auftrag bekommen zu prüfen, wie Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die mit CO2-neutralen Kraftstoffen angetrieben werden, auch nach dem Jahr 2035 zugelassen werden können. Diesen Weg müsse sie jetzt zügig beschreiten und einen Vorschlag zur Nutzung von E-Fuels vorlegen. (sam)