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Lage im Kfz-Gewerbe angespannt: Autoverkäufe auf historischem Tief

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BGH-Urteil zu VW-Abgasskandal
 „Der Autohandel leidet massiv unter den extrem niedrigen Pkw-Neuzulassungen“, heißt es bei der Kfz-Innung in Fulda. (Symbolbild) © Julian Stratenschulte/dpa

Das Jahr 2022 hat dem Kraftfahrzeuggewerbe Rahmenbedingungen beschert, die zum großen Teil nicht beeinflussbar sind: Das Konsumklima hat sich wegen der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden Preissteigerungen verschlechtert.

Fulda - „Wir haben mit Inflation und einer extrem kostenintensiven Energieversorgung zu kämpfen“, sagt Gabriele Leipold, Geschäftsführerin der Innung des Kraftfahrzeuggewerbes Fulda. „Der Autohandel leidet massiv unter den extrem niedrigen Pkw-Neuzulassungen.“ 2022 sei das schwächste Autojahr seit der Wiedervereinigung. Hauptgründe dafür seien die Probleme in der Fahrzeugproduktion durch gestörte Lieferketten, die nach wie vor durch die Corona-Pandemie und die Null-Covid-Strategie in China beeinträchtigt seien.

Fulda: Autohändler leiden unter Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie

Laut Obermeister Thorsten Krämer zeige auch das Geschäft mit Gebrauchtwagen starke Bremsspuren. „Weil die Verfügbarkeit der Neuwagen deutlich eingeschränkt ist, greifen die Kunden vielfach zu jungen Gebrauchtwagen.“ Der Zufluss dieser Fahrzeuge stagniere jedoch, da der Markt nicht ausreichend mit Leasingfahrzeugen und Mietwagen versorgt werde. (Lesen Sie auch: Firmen fürchten „düstere Zukunft“ - Ergebnisse der IHK-Umfrage so schlecht wie noch nie)

„Was uns im Kfz-Gewerbe aktuell positiv stimmt, ist das Werkstatt-Geschäft. Hier sind wir wieder auf dem Vorkrisen-Niveau von 2019 angekommen“, sagt der stellvertretende Obermeister Heiko Kalkofen. „Die Menschen fahren ihre Fahrzeuge länger. Das Durchschnittsalter liegt inzwischen bei zehn Jahren. Und je älter ein Fahrzeug, desto mehr Wartung und Reparatur ist notwendig.“

Ein weiterer Grund zur Sorge ist laut Krämer die Verunsicherung der Menschen durch die angekündigten Änderungen bei der Förderung von E-Fahrzeugen. „Das reduzierte Fördervolumen mit einer Deckelung auf 2,5 Milliarden Euro sowie das Absenken der Förderschwelle im Laufe des Jahres 2023 wird viele Kunden abschrecken, jetzt noch ein E-Fahrzeug zu bestellen.“ Angesichts der aktuellen Lieferzeiten von oft zwölf Monaten und länger wüssten die Kunden nicht genau, wie hoch der Prämienanspruch sei und ob sie noch in den Genuss einer Prämie kommen. „Da ist zwischen 4500 Euro und null Euro alles möglich.“ Weil außerdem die Förderung von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen ab dem kommenden Jahr gestrichen werde, drohe diese Fahrzeugkategorie komplett zu verschwinden. Zurzeit seien das rund 25 Prozent des Bestands an E-Fahrzeugen.

Gestörte Lieferketten: Viele Kunden kaufen junge Gebrauchtwagen

„Uns allen ist klar, dass wir einen starken Schub in Richtung CO2-neutraler Antriebsformen benötigen“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Leipold. Die Europäische Union verstehe sich hier als Treiber, setze hohe Hürden mit Flottengrenzwerten, die zurzeit nur mit E-Fahrzeugen erreicht werden könnten. Ganzheitlich CO2-neutral sei dieser Antriebsart jedoch nur, wenn der dafür benötigte Strom grün sei und bereits die Fahrzeugproduktion klimaneutral gestaltet werden könne. „Es stellt sich die Frage, wann wir diesen Zustand hier in Deutschland und Europa bei den angestrebten Wachstumsraten für E-Fahrzeuge erreichen können“, erklärt Krämer.

Das Thema Ladeinfrastruktur gehöre ebenso dazu sowie die Ertüchtigung der Stromnetze. Zurzeit könnten längst nicht überall Ladesäulen gebaut werden, ohne etwa Blackouts beim kollektiven Laden in Wohngebieten zu riskieren. „Wir haben noch viel zu tun, um die E-Mobilität dahin zu bringen, wo sie hin soll“, sagt Kalkofen. „Daher stellt sich mir die weitere Frage, ob es nicht sinnvoll ist, den Weg für andere klimaneutrale Antriebsarten wie synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff offenzuhalten anstatt nur diesen einen Pfad zu verfolgen.“ (Lesen Sie auch: IAA Nutzfahrzeuge: EDAG Group präsentiert mit Cummins CO2-neutralen Lkw)

Der Bestand von rund 274 Millionen Autos und leichten Nutzfahrzeugen in Europa mit konventionellen Antrieben könnte sehr schnell seinen Beitrag zur CO2-Minderung leisten, wenn klimaneutral hergestellte synthetische Kraftstoffe in ausreichender Menge vorhanden wären. „Zahlreiche Regionen unserer Erde bieten die Voraussetzungen für deren Produktion auf Basis unerschöpflicher Wind- und Sonnenenergie“, so Obermeister Krämer. „Die potenziellen Hersteller dieser Kraftstoffe brauchen jedoch planbare Rahmenbedingungen, um die wirtschaftliche Erzeugung dieser Produkte in großen Mengen angehen zu können.“

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Die EU-Kommission habe kürzlich den Auftrag bekommen zu prüfen, wie Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die mit CO2-neutralen Kraftstoffen angetrieben werden, auch nach dem Jahr 2035 zugelassen werden können. Diesen Weg müsse sie jetzt zügig beschreiten und einen Vorschlag zur Nutzung von E-Fuels vorlegen. (sam)

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