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Osthessen besitzt eigene Gas-Quelle: Biothan-Anlage macht Versorgung sicherer

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Von: Volker Nies

Aus Abfall macht die Biothan-Anlage sauberes Bio-Erdgas.
Aus Abfall macht die Biothan-Anlage sauberes Bio-Erdgas. © Volker Nies

Die Gaskunden in Osthessen sind privilegiert: Ihr Gas kommt nicht nur aus großer Entfernung, sondern zum Teil auch aus der Region – aus der Biothan-Anlage bei Kleinlüder. Das macht die Versorgung der Verbraucher jetzt ein bisschen sicherer.

Kleinlüder - Aus Abfällen wie Speiseresten, Rückständen aus der Lebensmittelproduktion, dem Inhalt der Bio-Tonne, Gülle und Grünschnitt neues, sauberes Bio-Erdgas machen – das ist das große Kunststück der Biothan-Anlage am Finkenberg bei Kleinlüder (Kreis Fulda). In ihrer Art, nicht etwa Mais vom Feld, sondern ausschließlich Abfälle zu nutzen, um Bio-Erdgas zu produzieren und ins Netz einzuspeisen, ist die Anlage bundesweit einmalig.

Fulda: Biothan-Anlage in Kleinlüder macht Gas-Versorgung sicherer

Seit zehn Jahren verwandelt die 24 Millionen Euro teure Technik Rest- und Abfallstoffe in grüne Energie zum Heizen. Der Betrieb erzeugt durch Vergärung von Reststoffen Biogas, bringt es auf Erdgas-Qualität und speist es ins osthessische Gasnetz ein. Die produzierte Menge reicht, um 2400 Haushalte zu versorgen.

Das macht die Versorgung in Osthessen in diesen Zeiten ein bisschen sicherer. „Das Gas aus der Biothan-Anlage trägt zur Versorgungssicherheit und zur Energieautarkie seinen Teil bei – dies ist gerade heute ein wichtiges Signal“, erklärt das Unternehmen unserer Zeitung.

Könnte die RhönEnergie die produzierte Gas-Menge jetzt nicht erhöhen, um damit für noch mehr Sicherheit zu sorgen? Die Pressestelle des Unternehmens macht nicht viel Hoffnung: „Natürlich wäre es gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen und im Hinblick auf einen erhöhten Autarkiegrad wünschenswert, die produzierte Gasmenge zu erhöhen. Das wäre aber aktuell nur in sehr engem Rahmen möglich. Dabei spielen technische und gerade genehmigungsrechtliche Gründe eine wesentliche Rolle.“

Die Einsatzstoffe und auch die Biomethan-Mengen sind in der Genehmigung für die Anlage festgeschrieben und dürfen ohne eine Änderung der Genehmigung nicht überschritten werden. Die Biothan GmbH optimiert ihre Anlage zwar ständig, um die Produktion nahe der Kapazitätsgrenze sicherzustellen. Eine wesentliche Kapazitätserweiterung sieht die RhönEnergie jedoch nicht vor.

„Dies wäre im Übrigen auch mit hohen Investitionen verbunden und würde die langfristige Erhaltung der Gasnetze voraussetzen“, erläutert das Unternehmen. Die weitere Entwicklung diesbezüglich sei aktuell aber nur schwer absehbar. Die Bundesregierung hatte sich kritisch zu der grundsätzlichen Frage geäußert, ob Gasnetze auch in Zukunft überhaupt gebraucht werden.

Video: Premiere: Bio-Flüssiggas-Anlage startet Produktion

Noch fließt das Bio-Erdgas aber durch die osthessischen Gasleitungen. Allerdings: Falls die Erdgasversorgung wirklich zusammenbrechen sollte, dann helfen auch die Biothan-Mengen nicht weiter. „Bei einer akuten Gasmangellage würde das Biothan wegen des mangelnden Gasdrucks im Netz nicht beim Kunden ankommen“, erläutert die RhönEnergie. (Lesen Sie hier: Stadtwerke in der Krise? RhönEnergie sieht sich für schwere Zeiten gut gerüstet)

Verkauft wird das Biomethan der Biothan-Anlage über die RhönEnergie im regulären Gasvertrieb. Die erzeugten Mengen helfen der RhönEnergie derzeit, die Preise zu stabilisieren. „Erst ab dem nächsten Jahr werden die gestiegenen Gas-Marktpreise unserem Tochter-Unternehmen Biothan GmbH direkt zugutekommen, da die bestehenden Gaslieferverträge dann neu verhandelt und an das Marktniveau angepasst werden“, berichtet die RhönEnergie.

Allerdings hat die Biothan-Anlage derzeit mit den steigenden Energiepreisen zu kämpfen – obwohl sie selbst Energie produziert: Sie benötigt sehr viel Strom für die Wärme im Fermentationsprozess. „Die hohen Stromkosten werden deshalb in diesem Jahr das Ergebnis beeinflussen. Dennoch erwarten wir auch im Jahr 2022 ein positives Ergebnis“, erklärt die RhönEnergie. Die Anlage verarbeitet jährlich 64.500 Tonnen Rest- und Abfallstoffe und erzeugt 47 Millionen Kilowattstunden Biomethan.

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