2018, 2019 und 2020 waren die Sommer extrem warm. Mit zunehmender Hitze hat sich der Borkenkäfer vermehrt. „Vor 2018 konnte man auf die Situation noch reagieren. Seitdem hat uns eine ungünstige Kombination aus Extremereignissen getroffen“, erklärt der Forstmann. (Lesen Sie auch: Trockenheit, Extremhitze und Wind: Gefahr von Flächen- und Waldbränden steigt)
Dazu gehören laut Nöllenheidt auch schwere Stürme. Wenn durch Orkane wie Orkan Kyrill im Januar 2007 große Waldflächen beschädigt werden, kann sich in einem trocken-warmen Frühjahr eine außerordentlich große Borkenkäferpopulation entwickeln. Bei Orkanen hat die Fichte als Flachwurzler keine Chance und reißt samt Wurzel aus dem Boden.
Laut Nöllenheidt ist der Borkenkäferbefall in Fulda trotz eines relativ trockenen Frühjahrs aktuell noch verhalten. Die Population des Käfers in der Region sei geringer als in den Vorjahren, weil das Insekt erst später eingeflogen ist: „Uns hat der feuchte Winter geholfen. Die Bäume sind dadurch vitaler.“ Das anhaltende, trockene Wetter bereitet ihm trotzdem Sorgen: „Die Fichte ist stark auf Wasser angewiesen.“ In den nächsten zwei bis drei Wochen werde sich zeigen, ob der Buchdrucker sich vermehrt habe.
Fulda hat auch in den vergangenen Jahren laut Nöllenheidt viel Glück gehabt. Während die Käfer in der Region lediglich die Fichte befallen haben, sind sie in Nordhessen auch auf andere Baumarten wie die Lärche übergegangen. „Das habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt“, sagt der Forstamstleiter.
Dass Fulda nicht so stark betroffen ist, sei eine Mischung aus Zufall und Fleißarbeit. In der Region gab es 2018 weniger Windwurf, also durch starken Sturm entwurzelte Bäume. Zudem habe man rasch reagiert und dem Käfer durch ein Herausnehmen der umgestürzten Bäume keine Entwicklungsmöglichkeiten gegeben.
„Die Revierleiter, Forstwirte und Forstwirtschaftsmeister führen ein sehr konsequentes Monitoring durch“, sagt der Forstamtsleiter. Dabei beobachten sie das Geschehen sehr genau und schauen sich Baum für Baum an. Sobald ein Baum abstirbt, wird er gefällt und aus dem Wald transportiert, damit sich der Käfer nicht in den toten Baum einnisten kann und sich weiter im Wald verbreitet.
Weil der Borkenkäfer nicht so gut fliegen kann, sucht er sich meist den nächsten Baum zum Eierlegen. Er bevorzugt geschwächte oder frisch gefällte Bäume. Bei Massenvermehrungen kann das Insekt aber auch gesunde Bäume befallen. Der Käfer, und insbesondere dessen Larven, fressen unter der Borke, der Rinde des Baumes, die saftführenden Schichten am Rand des Stammes, wodurch der Saftfluss unterbrochen wird und der Baum abstirbt.
Neben rot-braunen Wipfeln und abblätternder Rinde kann auch vermehrter Harzfluss in Form von Harztröpfchen auf einen Befall hinweisen, da die Fichte sich vor dem Buchdrucker wehrt. Die Käfer befinden sich meist weit oben im Baum. Schaut man allerdings genau hin, fallen kleine Bohrmehlhäufchen am Boden auf, die entstanden sind, während der Käfer sich durch die Rinde gefressen hat.
Was bleibt am Ende noch für zukünftige Generationen? „Der Wald wird sich in der nächsten Zeit verändern müssen“, sagt Nöllenheidt. Die Strategie der Förster: Mischwälder statt Monokulturen. „Dadurch bekommen wir Struktur in die Wälder. Vier bis sechs Baumarten sind ein guter Anfang.“ Buchen, Eichen, Kiefern und Lärchen kann sich der Forstamtsleiter gut vorstellen – falls der Borkenkäfer eine Art befällt, erhalten die anderen Arten den Wald. „Die Eiche kommt mit Extremereignissen gut klar, die Kiefer gut mit Trockenheit“, sagt Nöllenheidt.
Auch der Klimawandel spiele eine Rolle: „Jeder kann helfen und seinen Teil dazu beitragen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagt der Fuldaer Forstamtsleiter und fügt hinzu: „Der Klimawandel wird nirgendwo deutlicher als im Wald.“
Es werde Jahrzehnte dauern, bis sich der Wald von den Extremereignissen erholt habe, ein Wald entwickle sich langfristig. Je nachdem wie sich die Folgen des Klimawandels noch entwickeln, muss die Situation angepasst werden: Welche Baumarten können damit in Zukunft umgehen? Diese Frage bleibt.