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FZ-Redakteurin Daniela Petersen über ihr neues Buch: „Ungeklärte Mordfälle gehen unter die Haut“

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Von: Anne Baun

FZ-Redakteurin Daniela Petersen hat ein Buch veröffentlicht. In „Tatort Osthessen“ werden spektakuläre Kriminalfälle betrachtet, die sich in der Region ereignet haben.
FZ-Redakteurin Daniela Petersen hat ein Buch veröffentlicht. In „Tatort Osthessen“ werden spektakuläre Kriminalfälle betrachtet, die sich in der Region ereignet haben. © Microgen/stockadobe.com; André Druschel; Verlag Parzeller

Aus der Serie „Tatort Osthessen“ von Daniela Petersen ist nun ein Buch geworden. Die 37-jährige Politik-Redakteurin unserer Zeitung erzählt im Interview von ihren Recherchen, dem eigenen Umgang mit grausamen Details und wie sehr sie sich über ihr erstes eigenes Buch freut.

Liebe Daniela, auf einer Skala von eins bis zehn: Wie stolz warst du, als du am Montag dein Buch zum ersten Mal in den Händen gehalten hast?

Ich war vor allem total glücklich darüber und hab’ wahrscheinlich gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Wenn das Stolz ist, dann eine zehn. Das Ergebnis ist aber nicht nur mein Verdienst. Das Layout zum Beispiel hat Peter Link von Parzellers Buchverlag gemacht, und ich finde, das ist wirklich gut geworden. 

Ist ein eigenes Buch etwas, das du dir für deine Laufbahn gewünscht hast, oder hat es sich einfach so ergeben?

Das hat sich eher ergeben. Ich habe nie so einen richtigen Plan für die Zukunft oder verfolge verbissen irgendwelche Ziele. Auch dass ich Journalistin geworden bin, war Zufall. Wenn man die Sachen so nimmt, wie sie kommen, ist das Leben doch viel überraschender. 

Lesen Sie hier: Spektakuläre Kriminalfälle aus der Region - Hat Monika Weimar vor 35 Jahren ihre Töchter ermordet?

Fulda: Neues Buch - „Tatort Osthessen“ behandelt wahre Kriminalfälle

„Tatort Osthessen“ resultiert aus deiner Serie über spektakuläre Kriminalfälle, die du für unsere Zeitung schreibst. Wie kam es zu der Entscheidung, daraus ein Buch zu machen?

Die Recherchen zu den Fällen waren sehr aufwendig, und es gab viel Material, das man in der Zeitung gar nicht alles abbilden konnte. Insofern bot es sich an, das nochmal komprimiert zu bringen. Letztlich habe ich im Buch auch noch ein paar weitere Fälle ergänzt, die in Osthessen zur Kriminalgeschichte dazu gehören.

Täuscht der Eindruck, oder passieren gerade in Osthessen besonders viele grausame Morde?

Der Eindruck täuscht. Auch früher gab es schon viele schlimme Fälle. Das merke ich immer, wenn ich durch die alten Zeitungsbände blättere. Konkrete Zahlen liefert ja die Kriminalstatistik. Wenn man sich das mal für den Landkreis Fulda anschaut, dann muss man sagen, dass die Zahlen von Straftaten gegen das Leben in letzter Zeit nicht in die Höhe geschnellt sind. Eher im Gegenteil: 2019 hatten wir neun Fälle, 2020 nur fünf. 2016 hingegen waren es 22 und vor zehn Jahren elf. 

Als Journalist oder Journalistin braucht es immer eine gewisse Distanz bei der Arbeit. Aber gibt es einen Fall, der dir besonders unter die Haut gegangen ist?

Für mich ist das vor allem das Verbrechen an Dorit Botts. Sie wurde 2001 an ihrem Geburtstag in der Florengasse ermordet. Völlig willkürlich, von einem Mann, der offenbar rechtsradikal war und sich durch diese Tat profilieren wollte. Ich habe bei der Recherche mit dem Sohn des Opfers gesprochen, der mir eindrücklich schilderte, welche Folgen dieser Mord für die Familie hatte und dass er es nicht verstehen kann, warum das Verbrechen nicht als rechte Gewalt eingestuft wurde. Eine Sache, die ich auch nicht nachvollziehen kann.

Besonders unter die Haut gehen aber auch die ungeklärten Verbrechen, die Vermisstenfälle und die ungeklärten Mordfälle an der fünfjährigen Gabriele oder der 13-jährigen Christel Merz. Bei diesen Fällen können die Angehörigen nicht abschließen. Das ist wirklich schlimm.

Gerade jetzt in Corona-Zeiten sind Kriminalpodcasts sehr beliebt geworden. Kannst du dir erklären, woher diese Faszination kommt?

Zum einen erzählen solche Podcasts ja von Ausnahmesituationen, von menschlichen Abgründen und schlimmen Schicksalen. Die Fälle selbst sind interessant und sprechen die Ängste des Menschen an. Man fühlt mit den Opfern, kann aber in sicherer Entfernung bleiben. Dass dieses Genre in der Coronazeit einen Aufschwung erlebt hat, liegt vielleicht daran, dass wir mehr Zeit hatten. Denn das Interesse an Verbrechen ist nicht neu. 1974 lief der erste „Derrick“ im ZDF und auch „Aktenzeichen XY… ungelöst“ gibt es schon ewig. Übrigens eine Sendung, die ich schon als Kind immer schauen wollte. 

Zum Buch

Das Buch „Tatort Osthessen“ von FZ-Redakteurin Daniela Petersen ist über den Buchverlag Parzellers erschienen und fasst 164 Seiten. Es ist für 12,90 Euro in den Geschäftsstellen der Fuldaer Zeitung sowie im Online-Shop verfügbar.

Gespräche mit Experten und zahlreiche Täter-Profile

Du hast mit sehr vielen Experten über Täter-Profile gesprochen. Auch wenn kriminelle Handlungen zu Recht strafbar sind, haben auch die Täter oft keine guten Lebensgeschichten vorzuweisen…

Das mag sein. Aber eine Entschuldigung, deshalb zum Straftäter zu werden, ist das ja nicht. Mal abgesehen von irgendwelchen psychischen Störungen oder Krankheiten: Ob man gewalttätig ist oder kriminell handelt, das ist letztlich eine Entscheidung, die man trifft. Ob man zuschlägt oder die Luft anhält und sich wegdreht, das hat man selbst in der Hand. Niemand wird als Straftäter geboren. Jeder hat die Möglichkeit, den guten Weg einzuschlagen – egal wie schwer die Kindheit oder die Umstände sind. 

Wie ist es dir gelungen, Wolfgang Gutberlet zu einem Interview zu überreden? Er hat ja über seine Entführung nie groß gesprochen…

In dem Interview geht es ja nicht nur um die Entführung, sondern vor allem um Werte, um Vergeben, Verzeihen und um die Frage, wie man mit schwierigen Situationen umgehen kann und was man daraus lernt. Das steht eigentlich im Fokus. Das habe ich vorher so kommuniziert, und Herr Gutberlet hat dann einem Interview zugestimmt. Für mich selbst war das Gespräch sehr lehrreich und hat mir ganz neue Blickwinkel eröffnet. 

Video: Die Oetker-Entführung: Was passierte mit den 21 Millionen D-Mark Lösegeld

Wie würdest du die Entwicklung bezüglich der Berichterstattung beschreiben? Früher waren die Journalisten sehr viel näher am Geschehen als es heute erlaubt ist.

Oh ja. Ein Kollege sagte neulich: „Früher haben die Journalisten die Leiche mit aus dem Maisfeld gezogen.“ Auch die Berichterstattung war sehr viel krasser. Ich erinnere mich an einen Artikel vor vielen Jahrzehnten, da wurde das Foto eines Verdächtigen veröffentlicht. Unverpixelt. Letztlich stellte sich heraus, dass er es gar nicht war. 

Denkst du schon über einen zweiten Band nach?

In der „Fuldaer Zeitung“ erscheint gerade wieder eine Serie mit neuen Kriminalfällen. Ob daraus ein zweiter Band wird, das wird man dann sehen. Jetzt muss sich erstmal der erste verkaufen. 

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