Fuldaer CDU-Kreischef Meysner über die Wahlniederlage: „Brauchen Neuanfang an der Spitze“

Die Bundes-CDU muss Konsequenzen aus ihrer Wahlniederlage am vergangenen Sonntag ziehen. Das verlangt CDU-Kreisvorsitzender Markus Meysner (55). Der Landtagsabgeordnete fordert auch, dass sich die Hessen-CDU rechtzeitig für die Landtagswahl 2023 aufstellt.
Noch nie zuvor bei einer Bundestagswahl hat die CDU im Landkreis Fulda so schlecht abgeschnitten. Wie deprimiert sind Sie?
Ich bin sehr deprimiert. Wir haben eine schwere Niederlage erlitten. Es ist wichtig, dass auch unsere Parteispitze anerkennt, dass wir richtig einen mitbekommen haben.
Fulda: CDU-Kreischef Meysner fordert nach Wahlniederlage „Neuanfang an der Spitze“
Das haben Sie am Wahlabend bei Armin Laschet nicht gesehen?
Das habe ich nicht gesehen. Und das ärgert viele unserer Mitglieder. Sie fragen sich: Hat man das Signal nicht verstanden?
Was waren die Gründe für das schwächste Abschneiden aller Zeiten?
Ein Kollege von mir hat gesagt: Ein Fehler im Aufmarschplan zieht sich durch die ganze Schlacht. In diesem Satz ist vieles drin, was wir im Wahlkampf erlebt und erlitten haben.
Welcher Fehler war das?
Die Kandidatenfindung ist unglücklich gelaufen. Die Fuldaer CDU hat früh gesagt, dass sie einen anderen Kandidaten favorisiert. Das war das klare Signal unserer Mitglieder. Ein Mitgliederentscheid wäre nicht die Lösung gewesen, aber eine Abfrage der Kreisverbände hätte vielleicht geholfen. Es gab ja auch im CDU-Bundesvorstand den Hinweis, dass die Parteibasis mit der Entscheidung nicht zufrieden sein wird. (Lesen Sie hier: „Uns sterben die Wähler weg“ - Michael Brand nennt Grüne für CDU-Wahldebakel bei der Bundestagswahl 2021)
Wäre die Wahl mit Spitzenkandidat Markus Söder anders ausgegangen?
Ja. Söder hätte die Menschen anders mitgenommen. Er kann Menschen begeistern. Aber wir haben auch handwerkliche Fehler gemacht im Wahlkampf. Während der Hochwasserkatastrophe in NRW war Armin Laschet sehr viel vor Ort. Aber man hat davon kaum Bilder gesehen, während Bundeskanzler Schröder 2002 bei dem Elbe-Hochwasser ständig präsent war. Laschet ist ein guter Krisenmanager, aber die CDU hat das nicht vermitteln können. Er regiert das größte Bundesland mit Erfolg. Aber auch das konnten wir nicht richtig rüberbringen.
Gab es weitere Fehler im Wahlkampf?
Ja. Wir haben zu spät deutlich gemacht, dass die CDU ein gutes Team hat. Auch die Breite unserer politischen Themen kam nicht rüber. Wir stehen nicht nur für eine gute Klimapolitik mit der Wirtschaft, sondern für innere und äußere Sicherheit, Soziales, Finanzen, Innovation, Land- und Forstwirtschaft und vieles mehr. Diese Themen haben wir nicht besetzt.
Im Wahlkampf sprang bei der CDU kein Funke über.
In Summe sind wir sehr spät in den Wahlkampf gestartet. Wenn wir bundesweit sechs Wochen früher so losgelegt hätten, wie er in der letzten Woche war, hätte das einiges geändert. Hier in Fulda hat Michael Brand von Anfang an Gas gegeben und war überall präsent, und wir hatten viele prominente Redner in Fulda. Im Kern hätte ein Markus Söder mehr pointiert, motiviert und mitgerissen.
Tatsächlich hat Markus Söder im Wahlkampf gegen Laschet gestichelt, wo es nur ging.
Es wurde bei ihm auch jedes Wort und Tun auf die Goldwaage gelegt. Aber es stimmt: Die Union war nicht so geschlossen wie die SPD. Einem einfachen Mitglied kann man nicht vorschreiben, Laschet zu mögen, aber gerade bei einem Politprofi wie Söder hätte man mehr Zusammenhalt während des Wahlkampfes erwarten können.
Meysner: Die Union war nicht so geschlossen wie die SPD
Im Landesausschuss der CDU Hessen am Montag hat Frank Lortz Volker Bouffier aufgefordert, jetzt zu sagen, ob er 2023 noch einmal antreten oder den Weg für einen Nachfolger freimachen wolle. Wünschen Sie sich auch diese Klarheit?
Ich selbst war am Montag nicht dabei. Bis zur Landtagswahl 2023 sind es noch zwei Jahre, und es ist immer gut, wenn man mit einem amtierenden Ministerpräsidenten in die Wahl geht. Damit uns in Hessen nicht das Gleiche passiert wie auf Bundesebene, wird man die Dinge sicherlich ordentlich planen. Unser Ministerpräsident wird sich zu gegebener Zeit äußern. Wenn wir aber mit einem neu gewählten Ministerpräsidenten in die Wahl gehen wollen, wäre ein Jahr vor der Wahl vielleicht ein bisschen spät für den Wechsel.
Wenn Volker Bouffier den Weg frei machen sollte: Wer wäre Ihr Wunschnachfolger?
Es gibt viele gute Kandidaten. Letztlich muss das Volker Bouffier entscheiden.
Friedrich Merz hat gesagt, die CDU sei in der Regierung denkfaul geworden. Hat er Recht?
Ich habe immer gesagt, wir sind zu satt geworden. Die CDU hat zu wenig auf Stimmungen der Basis gehört. In Fulda versuchen wir durch Präsenz und Veranstaltungen diese Stimmungen aufzufangen und weiter zu transportieren. Ich erinnere nur an das Buch „Fulda bringt sich ein“, das ich Angela Merkel bei einer Veranstaltung in Fulda mitgeben konnte, oder an das Gespräch von Annegret Kramp-Karrenbauer mit dem CDU-Kreisvorstand.
Viele Stimmen in der CDU fordern, die Partei müsse sich jetzt erneuern. Wie soll das geschehen?
Noch einmal: Wichtig ist, dass wir die Wahlniederlage deutlich anerkennen. Dann muss sich ein Team aufstellen, das das breite Spektrum kompetent abdeckt. Weiterhin müssen wir deutlicher machen, für welche Werte und welche Ziele wir als CDU stehen, wie etwa Klimaschutz mit der Wirtschaft und für soziale Gerechtigkeit, allerdings mit den zur Verfügung stehenden Mitteln.
Hat auch die CDU im Landkreis Fulda Erneuerungsbedarf?
Wir sind in Summe ein junges, gut aufgestelltes Team. Wir sind nicht nur vor Wahlen, sondern ganzjährig aktiv, vor Ort und bei den Leuten. Aber auch wir müssen unsere Politik besser rüberbringen. Die größten Veranstaltungen mit Armin Laschet und Volker Bouffier im Wahlkampf in Hessen waren in Fulda. Das ist aber nicht gottgegeben. Wir arbeiten ständig dafür. Wir sind draußen bei den Menschen. Wir haben dazu einen Landrat, der sagt: Ich brauche kein Facebook, ich bin bei den Leuten.
Video: Druck auf Armin Laschet wächst
Sie haben erklärt, Sie wünschen sich mehr Wertschätzung für die Fuldaer CDU in Wiesbaden. Wie soll diese Wertschätzung denn aussehen?
Nun ja, eine osthessische Vertretung in der Landesregierung oder weniger finanzielle Nachteile wie etwa beim Landesentwicklungsplan wären schon zwei Beispiele, die wertschätzend sein könnten.
Haben Sie osthessische Personalvorschläge für das Kabinett?
Wir haben viele gute Leute, Bürgermeister, Abgeordnete, Unternehmer. Wir haben einen Pool kompetenter Leute in der Region.
Ist Armin Laschet noch der richtige Mann an der Spitze einer erneuerten CDU?
Hier gibt es verschiedene Meinungen. Er ist der gewählte Vorsitzende. Er hätte aber durchaus die Verantwortung für die Niederlage übernehmen können und jemand anderen als Verhandlungsführer für die Gespräche vorschlagen können. Dann wäre wohl ein leichtes Aufatmen durch weite Teile der Partei gegangen. Jetzt könnte es dafür vielleicht schon zu spät sein, weil es so aussähe, als sei er getrieben worden.
Also braucht die CDU einen neuen Vorsitzenden?
Ja. Ein Neuanfang muss sich auch personell abbilden.