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Chance für die ärztliche Versorgung: Mediziner können ihre Ausbildung jetzt in Fulda absolvieren

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Medizinstudium in Marburg
Laura Göde (links) und Lea Adam, Medizinstudierende der Philipps-Universität Marburg, untersuchen nachgebildete Ohren. Marburg und Fulda arbeiten bei der Ärzte-Ausbildung jetzt eng zusamen. © Nadine Weigel/dpa

Mehr Vollstudienplätze in der Medizin für die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte: Durch eine Kooperation zwischen der Philipps-Universität Marburg, dem Klinikum Fulda und der Hochschule Fulda werden Teilstudienplätze ausgebaut und dadurch 185 zusätzliche Vollstudienplätze in Marburg geschaffen.

Fulda - „Mit der heutigen Unterzeichnung der Kooperationsverträge zur Ausbildung von Studierenden der Medizin am Standort Fulda befinden sich die Planungen auf der Zielgraden“, heißt es in einer Mitteilung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.

Ab dem Wintersemester 2022/2023 können alle Studierenden, die im ersten Semester ihr Medizinstudium an der Philipps-Universität Marburg beginnen, es auch in Hessen beenden - und zwar in Fulda. Früher mussten Studierende mit einem Teilstudienplatz sich nach dem vorklinischen Teil um einen Studienplatz für den klinischen Teil bewerben, was häufig nur an einer anderen Universität möglich war.

Fulda: Chance auf bessere Versorgung - Mehr Vollstudienplätze für Ärzte

„Der Ausbau der Vollstudienplätze ist ein großer Gewinn für die Philipps-Universität Marburg und das Land Hessen bei der Ausbildung von jungen Ärztinnen und Ärzten. Mit den 185 zusätzlichen Plätzen in Marburg wird das Medizinstudium bei uns in Hessen noch attraktiver: Wir erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass die Medizinerinnen und Mediziner bei uns bleiben und irgendwann auch unsere Patientinnen und Patienten in Hessen versorgen können“, lobte Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) die heutige Unterzeichnung der drei Partner.

„Wenn die jungen Medizinerinnen und Mediziner einen Teil ihrer Ausbildung in Fulda absolviert haben, lernen einige von ihnen die Vorzüge des Lebens in der Region kennen und möchten in Zukunft vielleicht als Hausärztin oder Kinderarzt hier arbeiten – das wäre auch ein positiver Effekt für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum“, so Dorn weiter. (Lesen Sie hier: Ärzteversorgung in Fulda erhitzt die Gemüter - Praxis im ehemaligen Kerber?)

Waren heute bei der Unterzeichnung der Kooperationsverträge in Fulda: Dag Wehner (von links), Karim Khakzar, Angela Dorn, Thomas Menzel, Thomas Nauss.
Waren heute bei der Unterzeichnung der Kooperationsverträge in Fulda: Dag Wehner (von links), Karim Khakzar, Angela Dorn, Thomas Menzel, Thomas Nauss. © Sabrina Mehler

Die Erhöhung der Vollstudienplätze sei der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Daher werde bis einschließlich 2023 knapp 41 Millionen Euro in den Ausbau der klinischen Studienplätze investiert. Ab dem Jahr 2024 erhalte die Philipps-Universität Marburg dafür 21 Millionen Euro jährlich.

Professor Karim Khakzar, Präsident der Hochschule Fulda, ergänzte: „Die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitswissenschaften und der Medizin wird in Zukunft noch sehr viel bedeutender werden. Vor diesem Hintergrund ist die Kooperation der Universität Marburg, der Hochschule Fulda und dem Klinikum Fulda bundesweit beispielgebend. Davon werden nicht nur Fulda und die Region sehr profitieren, das innovative Projekt bedeutet auch eine großartige Chance zur weiteren Profilierung der Gesundheitswissenschaften an der Hochschule Fulda.“

Kooperation der Uni Marburg mit Hochschule Fulda und Klinikum Fulda

Bürgermeister Dag Wehner (CDU) betonte die Bedeutung des Kooperationsvertrags für den Hochschulstandort Fulda und die künftige ärztliche Versorgung der Region: „Die Tragweite dieses Tages für die Stadt Fulda sowie für die ganze Region Nord-/Osthessen ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Erstmals seit mehr als 200 Jahren können in Fulda wieder Studierende der Medizin ihre universitäre Ausbildung abschließen. Die Hochschule Fulda wird dadurch zusätzlich aufgewertet, und perspektivisch setzen wir darauf, dass viele der jungen Medizinerinnen und Mediziner in Osthessen heimisch werden.“

Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Sprecher des Vorstandes des Klinikums Fulda, betonte: „Durch diese Kooperation werden in Hessen mehr Ärztinnen und Ärzte auf hohem Niveau noch besser ausgebildet. Das Klinikum Fulda ist nicht nur eines der größten kommunalen Krankenhäuser in Hessen, sondern durch die bewährte, langjährige Kooperation mit der Universitätsmedizin Marburg auf die Bedürfnisse des akademischen Nachwuchses in der Medizin bestens ausgerichtet.“ (Lesen Sie auch: Überalterung in Praxen droht - Dem Kreis Fulda und dem Vogelsberg fehlt es an jungen Ärzten)

Zukünftig werden 90 Studierende ihren klinischen Ausbildungsabschnitt im vierten und fünften Studienjahr in Fulda absolvieren. Das Klinikum Fulda verfügt nicht nur über die zur Ausbildung der Marburger Medizinstudierenden notwendigen zusätzliche Patientenkapazität, sondern stellt auch eine gesamte Etage zur Verfügung, in der die angehenden Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden.

Ein weiterer Fokus liegt auf dem Ausbau der klinischen Forschung und Versorgungsforschung an der Universitätsmedizin Marburg – Campus Fulda. Forschungsprojekte sind notwendig, um den Studierenden der Medizin in Fulda gleichwertige Studien- und Promotionsbedingungen zu bieten wie den Studierenden in Marburg.

Video: Trotz Ärzte-Rekord: Kammer braucht weiter Nachwuchs

Bereits im Wintersemester 2014/15 startete eine Pilotphase zur Ausbildung im Klinischen Studienabschnitt in Fulda. Das Land förderte diese Phase mit 5,7 Millionen Euro. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die vollständige Umwandlung der Teilstudienplätze in Vollstudienplätze verschoben werden. Stattdessen erfolgte eine zweite Pilotphase, um die Funktionsweise im Vollausbau unter Realbedingungen zu testen.

Das Land Hessen förderte den Ausbau der klinischen Studienplätze im Haushaltsjahr 2021 mit 7,5 Millionen Euro und 2022 mit 11 Millionen Euro. Ab dem Wintersemester 2022/23 wird die Philipps-Universität Marburg zum ersten Fachsemester ausschließlich Vollstudienplätze anbieten. Dafür stehen der Universität im Haushaltsjahr 2023 16,5 Millionen Euro und ab dem Jahr 2024 jährlich 21 Millionen Euro zur Verfügung.

Der Opposition im hessischen Landtag sind die zusätzlichen 185 Studienplätze zu wenig. Alle Prognosen zeigten, dass die Zahl der Studienplätze in Hessen nicht ausreiche, um die ärztliche Betreuung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen und dem bereits bestehenden Ärztemangel auf dem Land effektiv entgegenzuwirken, teilte die gesundheits- und wissenschaftspolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Daniela Sommer, mit. Die Anzahl der Bewerbungen übersteige die Anzahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze regelmäßig deutlich. Trotzdem tue sich in Hessen zu wenig oder nur dann, wenn die Opposition Druck ausübe. (ah, dpa)

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