1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Waldbesitzer rechnet mit schrumpfendem Christbaum-Angebot - alle Setzlinge dieses Jahr vertrocknet

Erstellt:

Von: Volker Nies

Herrlich sattgrün sind die Nordmann-Tannen, die bei Paul Erb (74) in Eichenau auf zwei Hektar wachsen und die er an den Adventssamstagen verkauft. Doch dieses Angebot könnte in einigen Jahren schrumpfen. Denn alle neu angepflanzten Bäume sind in diesem Jahr vertrocknet.

Großenlüder - „Das ist ein Totalausfall: 100 Prozent meiner Setzlinge sind in diesem Sommer vertrocknet“, berichtet Paul Erb, der seit 40 Jahren am Ortsrand des Großenlüderer Ortsteils Eichenau Nordmann-Tannen – also die typischen Weihnachtsbäume – zieht.

Den Ausfall neuer Triebe aus einem einzigen Jahr könnte sein Wald mühelos verkraften. Aber schon drei weitere der vergangenen fünf Jahre waren so trocken, dass jeweils alle Neuanpflanzungen vertrocknet seien. „Dass es in den nächsten Jahren deutliche Lücken geben wird, ist absehbar“, sagt der Waldbesitzer.

Fulda: Christbäume leiden unter Trockenheit - Verknappung möglich

So wie Paul Erb geht es den meisten Erzeugern in der Region Fulda. Der „Arbeitskreis Hessischer Weihnachsbäume“ schlägt deshalb bereits Alarm. Die in dem Arbeitskreis zusammengeschlossenen Erzeuger sind sich sicher: Spätestens in der Saison 2024/25 werde es zu einer Verknappung des Angebots kommen.

In einigen Jahren, wenn die jetzt gesetzten und schnell vertrockneten Bäumchen ausgewachsen sein sollten und auf den Markt gekommen wären, werden die Ausfälle auf dem Markt zu spüren sein. Etwa in Baumärkten könnte das Angebot dann wegbrechen, befürchten die hessischen Weihnachtsbaumzüchter. Alle Verbraucher bekämen die Verknappung des Angebots dann über eine deutliche Verteuerung der Bäume zu spüren. Schon in diesem Jahr sind die Bäume bundesweit etwas teurer als in den Vorjahren.

Wenn eine Nordmann-Tanne aber erst einmal zwei oder drei Jahre alt ist, dann sind seine Wurzeln so lang, dass der Baum auch eine längere Trockenheit überstehen kann. Keine einzige der größeren Tannen von Erb hat sichtbare Trockenheitsschäden.

Das sieht in anderen Regionen aber durchaus anders aus. In der Pfalz etwa melden die Forstämter, dass auch die älteren, größeren Bäume unter der Trockenheit gelitten haben, so dass die Spitze austrocknet ist und sich gelb verfärbt hat. In der Pfalz sind etwa 20 Prozent der älteren Bäumen sichtbar von der Trockenheit geschädigt und können zu Weihnachten nicht verkauft werden.

Die älteren Nordmann-Tannen von Paul Erb bei Eichenau haben die Trockenheit gut überstehen können – sie sind sattgrün. Doch die Neuanpflanzungen dieses Jahres sind vertrocknet.
Die älteren Nordmann-Tannen von Paul Erb bei Eichenau haben die Trockenheit gut überstehen können – sie sind sattgrün. Doch die Neuanpflanzungen dieses Jahres sind vertrocknet. © Volker Nies

Paul Erb hat diese Probleme nicht. Er kann für dieses Jahr Entwarnung geben. „Ich wundere mich selbst, dass die Bäume so schön dunkelgrün schimmern – und das trotz des trockenen Sommers und obwohl sie hier auf einem Südhang stehen.“ Durch die Trockenheit seien die Bäume nicht so schnell in die Höhe geschossen – genau so, wie es Erbs Ziel war. In normalen Sommern setzt er in den Jahrestrieb, der in der Mitte des Tannenbaums nach oben geht, einen Schnitt – einen Wachstumsregulierungsschnitt –, damit der Baum mehr in die Breite als schnell nach oben wächst.

Einige meiner Kunden kamen in der Vorweihnachtszeit schon, um einen Weihnachtsbaum auszusuchen, als sie noch ein Kind waren.

Waldbesitzer Paul Erb

Insgesamt 5000 Nordmann-Tannen stehen in dem zwei Hektar großen Waldstück des Erzeugers. An den Adventssamstagen ist immer viel los. Vor allem Familien kommen, um sich vor Ort einen Weihnachtsbaum auszusuchen, absägen zu lassen und dann direkt frisch aus dem Wald mit nach Hause nehmen zu können. „Einige meiner Kunden kamen in der Vorweihnachtszeit schon, um einen Weihnachtsbaum auszusuchen, als sie noch ein Kind waren“, berichtet der 74-Jährige.

Ein wichtiger Unterschied zu früher ist, dass Kaufinteressenten, die allein kommen, heute oft erst einmal ein Foto von ihrem Christbaum machen und es an die Familie zur Begutachtung schicken, ehe sie ihren Weihnachtsbaum tatsächlich auswählen. Und noch etwas ist heutzutage neu: Wie Erb bereits in der vergangenen Saison berichtete, warten Osthessen mit dem Kauf ihres Tannenbaums nicht mehr bis Weihnachten.

Die Zufahrt zu Paul Erbs Tannenschonung ist ab der Kirche in der Ortsmitte von Eichenau ausgeschildert.

Auch interessant