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Corona-Proteste: Warum Demo-Initiatorin Katharina Schmitt weiter auf die Straße geht

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Von: Suria Reiche

Seit fast drei Jahren spricht Katharina Schmitt regelmäßig darüber, was ihrer Meinung nach nicht richtig läuft.
Seit fast drei Jahren spricht Katharina Schmitt regelmäßig darüber, was ihrer Meinung nach nicht richtig läuft. © privat

„Wahrscheinlich bin ich so etwas wie der Schandfleck der Region“, sagt Katharina Schmitt, die seit dem Beginn der Corona-Pandemie Demonstrationen in Fulda veranstaltet. Dass sie damit den Ärger vieler Menschen auf sich zieht, ist ihr bewusst. Aber es gibt auch solche, denen sie aus der Seele spricht.

Fulda - Es war der 2. Mai 2020, an dem die 36-jährige Katharina Schmitt aus Eichenzell die erste Demonstration aus der Reihe „Frieden und Freiheit“ in Fulda veranstaltet hat. Angemeldet hatte sie diese mitten in der Nacht nach einem Gespräch mit einer Freundin über „die damals aktuellen Missstände“, wie sie sagt. Die Anmeldung geschah mit dem Urvertrauen, dass das, was sie den Menschen in Fulda sagen wollte, genau das Richtige zu dem Zeitpunkt war – zumindest für manche.

Fulda: Corona vorbei? Demo-Initiatorin geht weiterhin auf die Straße

Die darauffolgenden Jahre waren für die Privatlehrerin und Musikerin geprägt von Höhen und Tiefen. Katharina Schmitt traf auf Menschen, die ähnliche Gedanken hatten wie sie selbst. Vor allem den, dass die Corona-Beschränkungen, die bestanden, das Leben nicht mehr lebenswert machten. Sie fand, dass es so nicht weitergehen konnte. „Und ich hatte Angst vor dem, was passieren konnte, wenn niemand Stopp sagen würde.“

Die Beschränkungen hätten zum Beispiel zur Folge gehabt, dass viele Kinder körperlich und seelisch in ihrer Entwicklung nicht so weit waren, wie sie sein sollten, weil ihnen der Kontakt in der Schule fehlte. Schmitt selbst hat noch keine Kinder, aber den Wunsch, irgendwann welche auf die Welt zu bringen.

Eine weitere Folge der Maßnahmen sei gewesen, dass Menschen in Altersheimen oder Krankenhäusern unglücklich allein gelassen wurden und oft beispielsweise ihre Enkelkinder nicht sehen durften, um sie selbst vor dem Coronavirus zu schützen. Und dass manche Geschäfte bankrott gegangen sind, weil während der Lockdowns niemand in ihnen einkaufen gehen konnte. Auf diese Weise durfte es nicht weitergehen, fand Katharina Schmitt und traf auf viele Menschen, die ähnliche Gedanken vertraten.

Die 36-Jährige wurde aber auch mit Rechtsradikalen verglichen, ihr wurde vorgehalten, dass die Demonstrationen, deren Gesicht sie von da an war, Orte seien, an denen Menschen mit rechtem Gedankengut ihre Meinung kundgeben und Plakate mit dieser in die Luft halten konnten. Außerdem wurden sie und die Menschen, die zu den Demonstrationen kamen, als Verschwörungstheoretiker beschimpft und als Querdenker betitelt. „Dabei würde ich mich sogar eher als sehr unpolitischen Menschen bezeichnen, und vor allem würde ich jedem Menschen die Tür öffnen, der in seinem Heimatland Angst hat.“

Mir war und ist es wichtig, dass jeder, der etwas zu alldem sagen möchte, das auch tun kann.

Katharina Schmitt, Initiatorin des Protests „Frieden und Freiheit“

Doch der Ruf, sie und alle, die mit ihr demonstrieren, seien rechts, blieb bestehen. Die Demonstrationen und Kundgebungen von „Frieden und Freiheit“ wurden jedes Mal von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. Vermutlich hätte nicht jeder so lange ausgehalten wie Schmitt und jede Woche aufs Neue am Mikrofon gestanden und die Reden anderer organisiert.

Bei einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz sagte die 36-Jährige einmal, dass sie sich niemals gewünscht hätte, einen Grund zu haben, mal vor Menschen ihre Stimme zu erheben und gegen das zu protestieren, was ihr und den anderen vorgeschrieben wird. „Aber mir war und ist es wichtig, dass jeder, der etwas zu alldem sagen möchte, das auch tun kann. Und deswegen brauchte es jemanden, der ausgeglichen vorneweg geht.“ Hinter dem Gedanken, dass das, was während der Pandemie passiert ist, nicht richtig und sogar „ziemlich unüberlegt“ sei, stand und steht die Eichenzellerin.

Was antwortet sie also, wenn jemand fragt, ob nicht wenigstens ein Teil der Maßnahmen gerechtfertigt war und ob viele die Pandemie vielleicht nur ausgestanden haben, weil eine Impfung entwickelt wurde? „Es ist immer schwer zu sagen, was gewesen wäre, wenn“, sagt Schmitt. Aber dass nicht jeder tun konnte, was er wollte, sei „schlimm“ gewesen. „Zum Beispiel dass Menschen nicht wollten, sich dann unter Druck doch haben impfen lassen.“ Sie selbst halte nicht viel von der Impfung, aber dass das nicht objektiv sei, sei ihr klar: „Deshalb gestehe ich jedem seine Wahrheit zu.“

Zahlen der Polizei

Die osthessische Polizei hat im Jahr 2022 rund 100 Versammlungen von „Frieden und Freiheit“ begleitet. Die Versammlungen nahmen in den allermeisten Fällen laut Polizei einen friedlichen Verlauf.

Bei den Versammlungen in Osthessen seien im vergangenen Jahr Polizistinnen und Polizisten im höheren einstelligen bis hin zum niedrigen zweistelligen Bereich eingesetzt. Sie begleiteten die Versammlungen und trafen gegebenenfalls notwendige Verkehrsmaßnahmen.

Die Teilnehmerzahl bei den Versammlungen habe durchschnittlich im mittleren zweistelligen Bereich gelegen.

Was die Maßnahmen im allgemeinen angeht, sei es wie mit allem. „Es hat alles immer mehrere Seiten.“ Einige der Maßnahmen seien vielleicht nützlich und gerechtfertigt gewesen. Bei anderen könne sie das aber klar verneinen.

Lange Zeit hatte Schmitt das Gefühl, Dinge wie diese nicht sagen zu dürfen. „Eines der Ziele der Demonstrationen ist es daher, dass es einen Austausch zwischen den Menschen geben sollte.“ Ein anderes Ziel sei, dass niemand einem anderen vorschreiben dürfe, was er zum Beispiel mit seinem Körper zu tun habe. Damit spielt Schmitt auf die Impfpflicht an, die es im Gesundheitswesen gegeben hat. (Lesen Sie auch: Corona-Proteste in Fulda: 1000 „Spaziergänger“ - Polizei dokumentiert Verstöße)

Vieles sei in der vergangenen Zeit auch dadurch „irreparabel kaputt gemacht“ worden. Aber ist mit alledem nicht Schluss? Haben Schmitt und die anderen nicht erreicht, was ihnen wichtig war? Die Impfpflicht im Gesundheitswesen besteht nicht mehr, um im Restaurant essen zu gehen, muss sich niemand mehr testen lassen oder geimpft sein. Viele Maßnahmen wie die Maskenpflicht im Zug laufen aus. Und vor Kurzem hat sogar der Virologe Christian Drosten die Corona-Pandemie für beendet erklärt.

Corona-Demos in Fulda gehen weiter: Initiatorin fordert Entschuldigung

Katharina Schmitt und die anderen Demonstranten gehen aber trotzdem weiter auf die Straße und demonstrieren – sehr zum Missfallen und Unverständnis mancher Fuldaer. Aber was in den vergangenen Monaten passiert ist, habe massiv die Freiheit vieler Menschen eingeschränkt. Und Corona sei lediglich eine Art Einstiegsthema gewesen, die Politik insgesamt zu hinterfragen. Ein Beispiel: Um im Gesundheitswesen zu arbeiten, muss man inzwischen nicht mehr geimpft sein, um in den Kindergarten zu gehen, ist aber eine Masern-Impfung vorgeschrieben.

Darüber hinaus findet Schmitt, dass eine Entschuldigung angebracht sei. „Ein Statement, das zeigt, dass wir nun verstanden wurden und dass wir mit unseren Versammlungen nicht nerven wollen, sondern in ernster Sorge waren und immer noch sind“, sagt Schmitt. Bis das nicht passiert und die Geschehnisse juristisch aufgearbeitet würden, will Katharina Schmitt weiter auf die Straße gehen.

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