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Interesse, Sorge, Ablehnung - wie Kinderärzte in Fulda die Corona-Impfung für unter Zwölfjährige sehen

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Von: Sarah Malkmus

Noch 2021 könnte die Corona-Impfung für fünf- bis elfjährige Kinder möglich sein. Zugelassen ist der Impfstoff bereits. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) steht noch aus. Was sagen die Kinderärzte im Kreis Fulda?

Fulda - „In meiner Praxis hatte ich bislang eine konkrete Anfrage nach einer Impfung ab fünf Jahren“, berichtet Dr. Carsten Friedrich, Kinderarzt in Hünfeld, im Gespräch mit unserer Zeitung. Insgesamt nehme er wahr, dass beim Großteil der Eltern noch Unsicherheit herrsche.

„Viele stehen der Impfung für diese Altersgruppe eher zurückhaltend und skeptisch gegenüber.“ Eine Kollegin aus dem Kreis Fulda habe ihm jedoch berichtet, enorm viele Anfragen zu haben. Bei Fragen von Eltern beziehe sich Friedrich auf die Stiko-Empfehlungen.

Fulda: Wie Kinderärzte im Landkreis die Corona-Impfung für unter Zwölfjährige sehen

Juristisch gesehen sei eine Impfung ohne diese Empfehlung zwar möglich, jedoch berge dies grundsätzlich gewisse rechtliche Risiken für den Arzt – etwa Haftungsfragen bei Impfreaktionen, -schäden und Nebenwirkungen. „Ich persönlich habe mich dagegen entschieden. Eine Impfung ohne Stiko-Empfehlung kommt für mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht infrage“, sagt Friedrich.

Dr. Benedikt J. Pircher, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Künzell, berichtet indes von vermehrten Anfragen: Bereits vor der Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) sei er immer wieder nach seiner Meinung zum Thema Impfungen gegen Corona bei unter Zwölfjährigen gefragt worden.

„Seit der Zulassung nehmen diese Fragen zu, aktuell jedoch noch nicht überbordend“, sagt er. Anfragen kämen vor allem von Eltern von Kindern mit Vorerkrankungen oder sonstigen Risikoprofilen in der Kernfamilie. Dass Eltern vermehrt mit Sorgen und Ängsten in seine Praxis kommen, kann Pircher nicht bestätigen.

„Teilweise hat man eher ein Gefühl einer allgemeinen Sorglosigkeit in der Bevölkerung“, sagt der Experte. Insgesamt begegne er dem Thema Corona bei Kindern „eher unaufgeregt“, sagt er, insbesondere bezüglich der Gruppe von Klein- und Grundschulkindern. „Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass die Erkrankung in dieser Altersgruppe milde beziehungsweise milder verläuft“, so der Mediziner.

Corona-Impfungen bei Kindern: Zulassung, Dosis, Stiko-Empfehlung

Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat am 25. November 2021 Woche grünes Licht für die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren gegeben. Es ist der erste Corona-Impfstoff, der in der EU für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen wird.

Kinder ab fünf Jahren sollen von dem Biontech/Pfizer-Impfstoff nur ein Drittel der Erwachsenen-Dosis erhalten. Es werden zwei Dosen im Abstand von drei Wochen verabreicht. Die Entscheidung der EMA heißt nicht, dass nun auch die Impfung von Kindern empfohlen wird.

In Deutschland wird ein Gutachten der Ständigen Impfkommission (Stiko) erwartet. Die Stiko will indes auf die um eine Woche vorgezogene Auslieferung des speziellen Corona-Impfstoffs für Kinder reagieren. „Wenn irgend möglich“ solle bis zum 13. Dezember eine Empfehlung vorliegen, teilt Stiko-Vorsitzender Thomas Mertens mit.

Man sehe bisher keine längerfristigen Beeinträchtigungen oder gar Langzeitfolgen bei Kindern, sagt er darüber hinaus. Zudem seien in den bisherigen Untersuchungen vor allem jüngere Kleinkinder keine „Pandemietreiber“. „Selbstverständlich wird durch zukünftige Virusvarianten hier eine Änderung eintreten können, vielleicht schon durch die Omikron-Variante.“ Dies bleibe jedoch zu beobachten.

Noch 2021 könnte die Corona-Impfung für Kinder möglich sein. Zugelassen ist der Impfstoff. Eine Stiko-Empfehlung steht noch aus. Was sagen die Kinderärzte in Fulda (Symbolfoto)?
Noch 2021 könnte die Corona-Impfung für Kinder möglich sein. Zugelassen ist der Impfstoff. Eine Stiko-Empfehlung steht noch aus. Was sagen die Kinderärzte in Fulda (Symbolfoto)? © Paul Vernon/dpa

„Aus meiner Sicht sind die Erst- und Zweit­impfungen sowie die Booster-Impfungen der Erwachsenen vorrangiger zu sehen und für die Eindämmung der Pandemie mittelfristig entscheidender.“ Dennoch wird Pircher Kinder in seiner Praxis impfen – jedoch erst, wenn die Stiko ihre Empfehlung final ausgesprochen hat.

„Wir werden wahrscheinlich zunächst priorisieren müssen, um die Arbeitsbelastung für unser Team gerade in der aktuellen Infektionssituation in einem zumutbaren Rahmen zu belassen“, erklärt der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin aus Künzell.

Corona in Fulda: Arzt berichtet von vielen Anfragen zu Impfungen für Kinder

Ein weiterer Fuldaer Kinderarzt, der namentlich nicht genannt werden möchte, berichtet gegenüber unserer Zeitung von „unheimlich vielen Anfragen“ bezüglich der Corona-Impfung für Kinder unter zwölf Jahren. Gleichzeitig begegne er jedoch auch tagtäglich denjenigen Eltern, die die Impfung ganz strikt ablehnen.

Für seine Praxis schätzt er, dass zwei Drittel der Patienten die Impfung befürworte, ein Drittel sei dagegen. Ina Riechert, Vorsitzende des Kreiselternbeirats, äußert, dass sie grundsätzlich das Impfen von Kindern befürwortet. Sie sagt jedoch gleichzeitig, dass man da „niemandem reinreden kann. Die Entscheidung muss individuell getroffen werden.“

Auch unter den Erwachsenen gebe es einen kleinen Teil, der aus medizinischer Sicht nicht geimpft werden könne. So könne es auch bei Kindern sein. Lägen Gründe vor, die gegen eine Impfung sprächen, könne sie verstehen, wenn diese schlussendlich abgelehnt werde.

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