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Justiz in Fulda am Limit - wegen Corona-Verstößen und Massenklagen

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Von: Sabrina Mehler

Corona-Bußgeldsachen, Massenverfahren, große Strafprozesse und Personalsorgen - die Justiz in Fulda beklagt aktuell eine Überlastung (Symbolfoto).
Corona-Bußgeldsachen, Massenverfahren, große Strafprozesse und Personalsorgen - die Justiz in Fulda beklagt aktuell eine Überlastung (Symbolfoto). © Swen Pförtner/dpa

Corona-Bußgeldsachen, Massenverfahren, große Strafprozesse und Personalsorgen fordern aktuell die Fuldaer Justiz: Die beiden Leiter von Land- und Amtsgericht Fulda, Dr. Jochen Müller und Udo Lautenbach, beklagen eine Überlastung der Richter und Richterinnen.

Fulda - Fuldas Straf- und Ziviljustiz arbeitet am Limit: Das bestätigten Müller und Lautenbach während einer Pressekonferenz, die einmal jährlich stattfindet und in der nun eine Bilanz des Jahres 2021 gezogen wurde. Dass insbesondere am Landgericht innerhalb eines Jahres mehr neue Verfahren im Posteingang landen als abgearbeitet werden können, spiegele eine allgemeine Entwicklung wider und sei nicht nur in Fulda der Fall.

„Strafverfahren werden heutzutage immer aufwendiger“, erklärte Landgerichts-Präsident Müller. Hinzu kommt: „Es wird immer erbitterter gestritten.“  125 Prozent betrug 2021 die Arbeitsbelastung der Richter und Richterinnen des Landgerichts, stellte Müller fest (lesen Sie auch hier: Beleidigungen und Gewalt - Mehr Sicherheit für Zugbegleiter bei Corona-Kontrollen gefordert).

Fulda: Justiz arbeitet am Limit - wegen Corona-Verstößen und Massenklagen

Frei werdende Stellen – etwa im Falle von Elternzeit oder Abordnungen an andere Gerichte – könnten nicht immer nachbesetzt werden. „Das ist eine unerfreuliche Situation. Irgendwann ist eine Grenze erreicht, und dann wird es auch unseren engagiert arbeitenden Kollegen und Kolleginnen zu viel.“

Auch sei es schwierig, neue Richter zu gewinnen, betonte Müller. Der Beruf sei, unter anderem wegen der Arbeitsbelastung, aber auch aus finanziellen Gründen, bei Absolventen nicht mehr so attraktiv: „Dabei sind wir die dritte Gewalt. Zu einem funktionierenden Rechtsstaat gehört auch, dass die Beschäftigten finanziell gut ausgestattet werden.“

Landgerichts-Präsident Jochen Müller (links) und Amtsgerichts-Direktor Udo Lautenbach beklagen aktuell eine Überlastung der Justiz in Fulda.
Landgerichts-Präsident Jochen Müller (links) und Amtsgerichts-Direktor Udo Lautenbach beklagen aktuell eine Überlastung der Justiz in Fulda. © Fuldaer Zeitung

Eine gute Nachricht habe allerdings kürzlich Hessens neuer Justizminister Dr. Roman Poseck (CDU) im Gepäck gehabt, als dieser dem Landgericht einen Antrittsbesuch abgestattet hatte: „Er hat weitere Stellen, nicht nur im Richterbereich, in Aussicht gestellt.“ Aktuell stehe die Ampel bei der Personalsituation am Landgericht auf Orange, sagte Müller: „Sie ist noch nicht rot, aber es sieht auch nicht so richtig gut aus.“

Besonders gefordert wurde die Fuldaer Justiz im Jahr 2021 durch die Corona-Pandemie: Zahlreiche der insgesamt 610 Bußgeldsachen, die das Amtsgericht bearbeitete, betrafen Verstöße gegen die Maskenpflicht oder die Ausgangssperre sowie unerlaubte Treffen von mehreren Personen im öffentlichen Raum und Ähnliches.

Diese Verfahren seien zeitaufwendig, da die Beschuldigten häufig „eine ablehnende Grundhaltung gegenüber Staat und Gerichten“ erkennen ließen. Müller erklärte außerdem: „Bei Corona-Verstößen gab es zusätzlich große Nachweisprobleme.“ (lesen Sie auch hier: Falsche Masken-Atteste - Landgericht Fulda prüft Anklage gegen Ärzte aus Gersfeld).

Video: Bußgelder wegen Coronaverstößen knacken Millionenhöhe

Amtsrichter Christoph Mangelsdorf gab zur Erläuterung einen Einblick in einige seiner Fälle, in denen Beschuldigte zum Beispiel behauptet hatten, ihren Impfausweis verloren zu haben. „Dass die gesetzlichen Regelungen im Sechs-Wochen-Rhythmus geändert wurden, machte es den Richtern auch nicht einfacher“, ergänzte Lautenbach.

In welchem Bereich es bei der Fuldaer Justiz hingegen Erleichterung (weniger Klagen gab), was die Gründe dafür sein könnten, und inwiefern sogenannte Massenverfahren wie im „Dieselskandal“ die Gerichte erneut auf die Probe stellten, lesen Sie in der gedruckten Freitagausgabe (10. September) sowie im E-Paper der Fuldaer Zeitung.

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