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Stadt Fulda ändert Namen der Danzebrink-Straße: Jetzt kommt Amöneburg aufs Schild

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Von: Sabrina Mehler

Ab Sommer nächsten Jahres wird die bisherige Danzebrink-Straße am Aschenberg den Namen Amöneburger Straße tragen.
Ab Sommer nächsten Jahres wird die bisherige Danzebrink-Straße am Aschenberg den Namen Amöneburger Straße tragen. © Volker Nies

In Fulda-Horas wird zum 1. Juli nächsten Jahres nach langer Debatte ein Straßenname verschwinden, der dem umstrittenen früheren Oberbürgermeister Dr. Franz Danzebrink gewidmet war. Jetzt soll Amöneburg aufs Schild. 

Fulda - Der neue Name für die Dr. Danzebrink-Straße in Horas ist gefunden: Die Straße soll in Amöneburger Straße umbenannt werden. Die Anwohnerinnen und Anwohner hatten den Namen der Kleinstadt im Landkreis Marburg-Biedenkopf selbst vorgeschlagen.

Der nun gewählte Name hat einen geografischen Bezug sowie einen historisch regionalen Charakter. In Amöneburg hatte Bonifatius bereits im Jahr 721 – also 23 Jahre vor der Gründung des Klosters Fulda 744 – ein Kloster gegründet, so dass der Straßenname nun ein Gedenken an die Wirkungsstätten des Heiligen darstellen soll. Die Pfarrkirche in Horas ist Bonifatius geweiht und weitere Straßen im Umfeld der Kirche tragen Namen, die auf ihn hinweisen.

Fulda: Danzebrink-Straße wird umbenannt - jetzt kommt Amöneburg aufs Schild

Die Politik hat in den vergangenen Jahren lange und intensiv darüber diskutiert, ob eine Straße nach einem Oberbürgermeister, der in der Nazi-Zeit im Amt war, benannt werden darf. Anfang dieses Jahres hatte der Marburger Historiker Alexander Cramer die Ergebnisse seiner von der Stadt in Auftrag gegebenen Studie zu Franz Danzebrink vorgestellt.

Das Gutachten bescheinigte dem früheren OB eine „stabilisierende Wirkung“ für das NS-Regime: Zwar gelte er nicht als glühender Verehrer des Systems, er habe aber auch jegliche Anstalten vermissen lassen, Nazi-Verbrechen zu verhindern.

Bei der letztmaligen Debatte im Mai dieses Jahres hatte OB Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) erklärt, dass eine Person, nach der eine Straße benannt wird, einen Vorbildcharakter erfüllen müsse. Dafür gebe es im Falle Danzebrinks keinerlei Grundlage. Zwar könne es bei der Betrachtung durch die Nachgeborenen nicht mehr um die Frage gehen, ob und wie viel Schuld der Politiker damals auf sich geladen hat. Ein Festhalten am Straßennamen könne aber den Eindruck erwecken, dass sich die Stadt nicht genug von den Verbrechen distanziert, die in seiner Amtszeit verübt wurden.

Letztlich hatten die Stadtverordneten im Frühjahr mit breiter Mehrheit für die Änderung des Straßennamens gestimmt. Außerdem sollte das Porträt in der Galerie im Erdgeschoss des nordwestlichen Stadtschlossflügels hängen bleiben, aber mit einer Informationstafel versehen werden, die über Danzebrinks Rolle während des Nationalsozialismus aufklärt. Dies ist bereits erfolgt.

Auch wenn die Idee für den neuen Namen von den Anwohnern selbst kam, ist der Ärger bei ihnen immer noch groß. Denn die Änderung hat für sie gravierende Folgen: So müssen Dokumente wie Personalausweis und Kfz-Papiere, aber möglicherweise auch Visitenkarten und anderes geändert werden.

Laut Stadt sollen die Anwohner und Anwohnerinnen bei dem entstehenden Aufwand so weit wie möglich unterstützt und entlastet werden. „So wird die Umschreibung der Personalausweise, Kinderausweise und Kfz-Scheine kostenfrei sein“, heißt es gegenüber unserer Zeitung.

Wir ärgern uns hier alle. Keiner der Nachbarn findet die Umbenennung richtig.

Theresia Kimmel wohnt in der Dr.-Danzebrink-Straße

Unverständnis äußert Bruni Altenburg (69), die seit sechs Jahren in der Straße wohnt. „Warum soll eine Straße, die 20 Jahre nach Ende des Kriegs nach Danzebrink benannt wurde, jetzt nach 70 Jahren schon wieder unbenannt werden?“ Ihr sei es letztlich zwar egal, wie die Straße heißt, aber der Aufwand für die Anwohner sei viel zu groß: „Jetzt haben wir die Lauferei, wir müssen alle Dokumente umschreiben lassen.“

Auch wenn die Stadt die Kosten weitgehend übernehme, sei die Entscheidung aus ihrer Sicht „lästig, unseriös und dumm“. Bruni Altenburg kritisiert außerdem, dass keiner der Anwohner gefragt worden sei, ob der Name geändert werden sollte. 

„Wir ärgern uns hier alle. Keiner der Nachbarn findet die Umbenennung richtig“, erklärt Theresia Kimmel. Sie versteht auch nicht, warum in einer Demokratie die betroffenen Menschen nicht angehört werden. Sie weist darauf hin, dass im Gutachten zur Person Danzebrink „nichts wirklich Böses“ gefunden worden sei. Nach 70 Jahren „nun einen solchen Zinnober zu veranstalten“, sei unsinnig.

Dennoch waren sie und Ihr Mann es, die nun den neuen Namen vorgeschlagen haben: Amöneburger Straße, nach dem Ort, in dem Bonifatius einst das Kloster gegründet hatte. „Einen anderen Personennamen wollten wir nicht mehr“, sagt Theresia Kimmel.

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