Nach der Liobaandacht steht am Abend eine digitale Sitzung mit dem Vorstand des katholischen Jugendverbands des Bistums Fulda an. Wer den gebürtigen Hersfelder mit indonesischen Wurzeln kennt, könnte denken, dass Pasaribu sich bis zur Video-Konferenz in aller Seelenruhe einer seiner liebsten Freizeitbeschäftigungen, dem Basketballspielen, widmet. Dafür bleibt heute jedoch keine Zeit, denn den Pfarrer erwarten organisatorische Angelegenheiten, wie Planen und Gestalten von Terminen in den kommenden Tagen sowie ein Haufen Schreibarbeit in seinem Pfarrbüro.
„Das Pfarrerdasein könnte mühelos auch als Bürojob durchgehen“, ist Pasaribu überzeugt. Ohne Terminkalender gehe nichts, erzählt er. Als Pfarrer der jungen Pfarrei Sankt Lioba, deren Gründung er Anfang Januar dieses Jahres begleitete, hat er eine Leitfunktion, die große Verantwortung mit sich bringt. „Eigentlich bin ich Seelsorger, der Menschen den Glauben mitgeben möchte. Jetzt muss ich als Chef zusätzlich Entscheidungen treffen und Wege finden, um Menschen und vor allem Familien Zugang zum Glauben zu ermöglichen“, sagt der Pfarrer, dessen Zuhause das Pfarrhaus in Petersberg ist. Veranstaltungen wie Taufen, Traugespräche und Beerdigungen – alles bedarf einer ausgiebigen und individuellen Organisation, die er übernimmt.
Im wöchentlichen Dienstgespräch mit pastoralen Mitarbeitern setzt Pfarrer Pasaribu Impulse, möchte eigene Ideen sowie die Interessen der Kirchengemeinde umsetzen, aber auch Kompromisse mit den Mitarbeitern der Pfarrei finden, zu denen unter anderen eine Gemeindereferentin, zwei Sekretärinnen und eine Verwaltungsleiterin gehören. „Ich bin unglaublich dankbar für das Engagement, das Pfarrei-Mitwirkende mit einbringen“, erzählt er. Doch als Pfarrer sei er derjenige, der bei allem den Überblick behalten muss. Zudem gehöre das Antragstellen für die Restaurierung eines Bereichs der denkmalgeschützten Liobakirche ebenso zu seinen Aufgaben wie die Anschaffung eines neuen Rasenmähers für die Pfarrei oder gar die Entscheidung, wie die Hecken auf dem Kirchengelände geschnitten werden sollen. „Diesen Aufgabenbereich kann ich aber getrost der Verwaltungsleitung übertragen, die mich dabei gerne entlastet“, räumt der junge Pfarrer ein.
In der Serie „Berufen zum ....“ stellen wir Berufe vor, die eher eine Berufung sind, und stellen den Alltag der Menschen vor, die sich berufen fühlen. Im ersten Teil der Serie ging es um den Beruf des Polizisten. Alina Komorek war nachts auf Streife mit zwei Beamten der Fuldaer Polizei. Im zweiten Teil der Serie begleitete Sophie Brosch einen Landwirt bei seiner Arbeit. Uwe Müller de Vries hat dabei unter anderem verraten, wie das Wetter seine Arbeit beeinflusst. Der dritte Teil der Serie befasste sich mit dem Beruf des Profifußballers. Celina Lorei besuchte einen Tag Kenan Mujezinovic vom FSV Frankfurt.
Am zweiten Tag der Liobawoche ist Togar Pasaribu gegen 11 Uhr erneut in seinem Pfarrbüro in Ziehers-Nord anzutreffen. Die Müdigkeit, die dem frühen Aufstehen zur Frühmesse an diesem Morgen geschuldet ist, steckt ihm noch sichtlich in den Knochen. „Ich bin kein Frühaufsteher“, gesteht der Football-Interessierte Texas Longhorns-Fan. Der Einladung zum gemütlichen Frühstück mit den Petersberger Ordensschwestern – weil sie nun 25 Jahre am Ort sind – schließt sich erneut Büroarbeit an. Ein hoher Stapel an Rechnungen wartet darauf, vom Pfarrer unterschrieben zu werden.
Das verschiebt Pasaribu aber auf später, denn zunächst steht die Segnung einer restaurierten Statue in Petersberg im getakteten Terminkalender. Neben Priesterkragen und Stola segnet er in Alltagskleidung, bestehend aus Sweatjacke und Sneakern. Aus Dank für die Segnung wird er von einem älteren Ehepaar aus dem Nachbarhaus zu einer Tasse Kaffee eingeladen, was er durchaus als angenehmen Teil seines Berufs empfindet, nicht jedoch als private Freizeit.
„Man hat mir mal gesagt, dass jede Veranstaltung, zu der ich eingeladen werde, eben weil ich der Pfarrer bin, zum Beruf dazuzählt“, sagt der 34-Jährige. Anschließend steht ein weiteres Dienstgespräch mit der Verwaltung auf dem Plan, abends Requiem. Zwei Stunden in der Woche fungiert Togar Pasaribu zusätzlich als Religionslehrer und unterrichtet eine dritte Klasse in der Grundschule.
Zeitlich sei er durch Reihen an Terminen eingespannt. „Meine selbstbestimmte Zeit ist relativ knapp“, sagt er. Aus seiner Pfarrer-Rolle schlüpfe er nur in seiner Freizeit bei Familie oder Freunden. „Die Verbindung zu Gott ist aber natürlich immer da. Priester zu sein ist nicht nur ein Job, den man erfüllt. Ich identifiziere mich damit. Ist man geweiht, ist man immer Priester“, so Pasaribu.
Selbst von klein auf als betender Mensch in der Verbindung des katholischen Glaubens zu leben und die Eigenerfahrung auf dem persönlichen Weg zu Gott weiterzugeben, mache den Beruf des Pfarrers für ihn zu einer Berufung. Die Nähe zu Menschen und ihnen in verschiedensten Momenten Halt zu geben, mache das Pfarrerdasein sehr intensiv. „Ich bin es sehr gerne“, fügt Togar Pasaribu hinzu.
Darf man als Pfarrer die Kirche kritisieren?
„Loyalität zur katholischen Kirche ist natürlich wichtig, aber natürlich findet man als Pfarrer selbst auch Dinge fragwürdig. Wenn Freunde mich beispielsweise mit Kritik konfrontieren, versuche ich, den Standpunkt aus Sicht der Kirche zu erklären. Offenen Diskussionen stelle ich mich.“
Welches Vorurteil über Pfarrer stimmt nicht?
„Ganz klar: Dass Pfarrer nur Messwein trinken. Es gibt Menschen, die denken, ich trinke kein Bier, und sind dann dementsprechend auch empört, wenn ich es tue. Priester sind eben auch Menschen, die ganz normale Dinge tun.“
Wie geht man als Pfarrer damit um, keine Familie wegen des Zölibats gründen zu können?
„Die Fundamente, wie man mit Einsamkeit umgeht, werden schon im Priesterseminar gelegt. Dort stellt man sich dieser Frage und wird im Umgang mit Ehelosigkeit geübt. Wenn man sich für diese Treue entscheidet, ist sie aber kein Selbstläufer. Man muss sie pflegen und sich aktiv darum bemühen. Jeder Mann muss sich im Prinzip dasselbe überlegen, wenn er sich für die Ehe mit einer Frau entscheidet.“
(Von Noél Urner)