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Kühler und dunkler: So will Künzell in der Energiekrise Gas und Strom sparen – „Sonst knallt’s“

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Von: Sabrina Mehler

Weil Energie gespart werden muss, wird es im Künzeller Rathaus künftig kälter.
Weil Energie gespart werden muss, wird es im Künzeller Rathaus künftig kälter. © Luis-Noel Tolle

Energiesparen ist das Gebot der Stunde – auch für Kommunen. Daher befasst sich die Gemeinde Künzell im Landkreis Fulda mit Maßnahmen, um den Gas- und Stromverbrauch kräftig zu reduzieren. Die Folge: In öffentlichen Gebäuden und in Bürgerhäusern wird es deutlich kühler – und mancherorts auch noch dunkler.

Künzell - Als die Gemeindevertreter kürzlich im Gemeindezentrum tagten, wurde bereits darauf geachtet, dass die Temperatur 19 Grad Celsius nicht überschreitet: Künzell im Landkreis Fulda hält sich strikt an die Vorgaben der Energiesparverordnung. Und auch die behandelten Anträge und Anfragen drehten sich hauptsächlich darum, wie der Energieverbrauch gesenkt werden kann.

Bürgermeister Timo Zentgraf (parteilos) machte deutlich: „Alle, die Gas nutzen, müssen Gas sparen – sonst knallt’s.“ Um die im Winter drohende Gasmangellage abzuwenden und um die hohen Kosten zu reduzieren, hatte die CWE-Fraktion beantragt, dass die Gemeinde ein Energiesparkonzept erarbeitet.

Kühler und dunkler: So will Künzell in der Energiekrise Gas und Strom sparen

Das wurde von allen Gemeindevertretern beschlossen – auch wenn der Rathauschef ausführlich erklärte, dass zahlreiche Maßnahmen bereits umgesetzt würden. So gelte die Temperatur von maximal 19 Grad in allen Einrichtungen der Gemeinde, ebenso für angemietete Räume in Gemeindezentrum und Bürgerhäusern.

Derzeit versuche die Gemeinde, elektronische Regelthermostate zu beschaffen. Die Temperatur-Vorgabe bewertete Zentgraf als Eingriff in die Persönlichkeit der Beschäftigten –  im Rathaus gebe es bereits lebhafte Diskussionen: „Der eine oder andere Mitarbeiter hat sich schon ein Fußheizgerät angeschafft.“

Er wies darauf hin, dass die Beschäftigten unterschiedliche Temperaturempfindungen haben: „Nicht jeder fühlt sich bei 19 Grad wohl.“ Auch gebe es an den Handwaschbecken ab sofort kein warmes Wasser mehr (lesen Sie auch hier: Mit diesen 4 Tipps heizen Sie sparsamer, ohne zu frieren).

Andere Maßnahmen betreffen die Beleuchtung in der Gemeinde: So bleibt es am Künzeller Kreisel, am Dicken Turm sowie am Rathaus dunkel. Zentgraf wies darauf hin, dass öffentliche Gebäude schon bisher aus Gründen der Lichtverschmutzung nicht angestrahlt würden – außer aus Sicherheitsgründen, etwa um Wege und Treppenanlagen auszuleuchten.

Bei den Straßenlaternen werde die Umrüstung auf LED „nach wie vor vorangetrieben“. Die Flutbeleuchtung an der Stadionanlage am Noppen sei Mitte September umgestellt worden, an anderen Sportplätzen sei die Beleuchtung noch relativ neu. An Weihnachten gebe es – außer an Tannenbäumen in den Ortsteilen – keine Beleuchtung, sagte Zentgraf. 

Langfristig will die Gemeinde die Installation von Photovoltaikanlagen forcieren, um die Stromkosten zu reduzieren. Das sei aber nicht ganz so einfach: Aufgrund der hohen Nachfrage seien die nötigen Teile derzeit nicht lieferbar. Im kommenden Haushaltsjahr würden aber für drei Anlagen 150.000 Euro eingestellt.

Planungen gibt es zudem für das Gemeindezentrum, um dort vor allem im Bereich der Gastronomie Wärmeverluste zu reduzieren. Dafür soll die Fassade im Eingangsbereich geändert werden, 100.000 Euro würden im Jahr 2023 dafür eingeplant. Auch bei den Bürgerhäusern in den Ortsteilen werde aufs Energiesparen geachtet, so hätten in Dirlos im Zuge einer Sanierung die Fenster Wärmeschutzverglasungen erhalten. 

Der Bürgermeister appellierte an die Bevölkerung: Denn auch private Haushalte müssten ihren Energieverbrauch am besten um 20 bis 30 Prozent reduzieren, um eine Gasmangellage zu vermeiden: „Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt. Aufgrund der recht gut gefüllten Gasspeicher sind wir eher zuversichtlich“, erklärte Zentgraf und mutmaßte, dass vermutlich viel von der Witterung in den kalten Monaten von Dezember bis Februar abhänge.

Trotzdem plant Künzell auch für den Notfall: So würden beispielsweise aktuell Angebote für Notstromaggregate eingeholt, die in den Feuerwehrhäusern in Pilgerzell, Keulos und Künzell-Bachrain eingesetzt werden könnten. Dort seien entsprechende Einspeiseeinrichtungen vorgesehen (lesen Sie auch hier: Goldener Oktober: Hessen können sich auf warmes Herbst-Wetter freuen).

Auch im Gruppenwasserwerk Florenberg wurden zwischenzeitlich technische Voraussetzungen für eine Notstromversorgung geschaffen. Ebenso werde für den neuen Anbau ans Rathaus ein weiteres fest installiertes Notstromaggregat eingeplant (lesen Sie auch hier: Verbraucherzentrale gibt Tipps zum Gas-Sparen - „Mit kleinen Änderungen viel erreichen“).

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Zu den Maßnahmen hatten neben der CWE auch die Fraktionen von Grünen, CDU und FDP Anfragen eingereicht und diskutierten lebhaft. Sowohl Grünen-Fraktionschef Bernd Eckart als auch sein Amtskollege von der CDU, Christof Erb, betonten, wie wichtig es sei, an die Bevölkerung zu appellieren.

Einig waren sie sich aber auch mit CWE-Fraktionsvorsitzendem Thomas Grünkorn, der betonte: „Die Energiekrise hat Ausmaße, die wir uns vor dem Ukraine-Krieg nicht vorstellen konnten. Wir als Gemeinde haben nun eine Vorbildfunktion.“ (lesen Sie auch hier: Vorrat für Notfall anlegen: Mit dieser Experten-Liste geht es für 10 Tage leicht).

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