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Bleiben bald die Öfen kalt? Explodierende Preise machen Bäckereien zu schaffen

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Von: Volker Nies

Bäckereien gehören zu den Betrieben, die von den explodierenden Preisen besonders hart getroffen werden. Öfen und Kühlkammern brauchen viel Energie. Zwei Traditionsbäcker geben jetzt auf. Weitere werden folgen, fürchtet Fuldas Bäcker-Innung.

Region - Nach 39 Jahren schloss in Bad Salzschlirf vor wenigen Tagen die Bäckerei Hisserich, in Nüsttal-Hofaschenbach endete eine 52 Jahre lange Tradition, als die Bäckerei Vogt aufgab. 17 Jahre gab es die Filiale von Café Prüfer in Großenlüder – auch sie ist jetzt zu.

Energiekrise und steigende Preise machen Bäckereien zu schaffen

Die Branche leidet seit vielen Jahren unter dem Preisdruck – nicht zuletzt durch die Discounter. Die Zahl der Bäcker geht seit Langem beständig zurück. Die Explosion der Energiepreise macht die Lage nicht besser: „Wir sind eine energieintensive Branche. Ein kleiner, durchschnittlicher Bäcker muss jetzt oft Mehrkosten von 100.000 Euro im Jahr verkraften – allein bei der Energie“, berichtet Joachim Michel (55), Obermeister der Bäcker-Innung in Fulda. In Schwalmtal-Storndorf (Vogelsberg) befürchtet die Bäckerei Karl, dass sich die Stromkosten bis Anfang 2023 versiebenfachen.

Zugleich steigen die Materialkosten: „Für Mehl müssen die Bäcker doppelt so viel zahlen wie vor einem Jahr“, berichtet Michel. Die Butter kosten zweieinhalb mal so viel wie vor einem Jahr. Selbst die Milch für den Kaffee ist viel teurer geworden. Auch die Lohnkosten sind stark gestiegen. „Der von der Ampel in Berlin beschlossene Anstieg des Mindestlohns führt dazu, dass auch Gesellen mehr als vorher bekommen müssen. Das gesamte Lohngefüge wird nach oben geschoben“, erklärt der Obermeister. Das Unternehmen, das viele Filialen beliefert, müsse zudem den Anstieg der Spritkosten verkraften.

Die Preise für Brot und andere Backwaren steigen derzeit stark an. Grund ist der Krieg in der Ukraine.
Bäckereien gehören zu den Betrieben, die von den explodierenden Preisen besonders hart getroffen werden. (Symbolbild) © Jens Kalaene/dpa

Zugleich sei es unmöglich, die Mehrkosten in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben. „Dann müssten die Kollegen Preise verlangen, mit denen sie die Kunden, die auch alle auf ihr Geld gucken müssen, vertreiben würden“, warnt Obermeister Michel.

„Die Zeit ist anspruchsvoll“, sagt Manfred Klüber (57), Geschäftsführer der Bäckerei Pappert in Poppenhausen. Sie beschäftigt in 144 Fachgeschäften 1700 Mitarbeiter. In diesem Jahr haben die Beschäftigten zwei Lohnerhöhungen erhalten, aber die Verbraucher mussten auch zwei „moderate Preiserhöhungen“ verkraften, wie der Pappert-Chef sagt. „Wir drehen jeden Stein um, um zu schauen, wo wir sparen können. Aber unsere Branche ist es gewohnt, große Herausforderungen zu meistern. Zuletzt in der Corona-Pandemie.“ An den Plänen für den Neubau in Rönshausen hält Pappert fest. 2023 soll Baubeginn sein.

Aufruf

Bäcker sind ein Stück Heimat. Ihre Produkte sind wie ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität der Region. Das Brot, das Brötchen oder das Gebäckstück, das man in der Jugend genoss, vergisst man nicht. Doch die Zahl der Bäcker in Rhön und Vogelsberg schrumpft. Dieser seit Jahren herrschende Trend verschärft sich.

Deshalb wollen wir Sie bitten, uns von Ihren Erinnerungen an Bäcker zu erzählen: Was hat Sie bewegt? Was haben Sie bis heute nicht vergessen? Schreiben Sie eine E-Mail mit Ihrem Namen an lokales@fuldaerzeitung.de.

„Klagen hilft ja nicht. Die Situation ist da, und wir müssen sehen, dass wir das Beste daraus machen“, äußert auch Michael Happ (45), Geschäftsführer der Bäckerei Happ in Neuhof. Sie beschäftigt in 54 Fachgeschäften 670 Mitarbeiter. Auch für sie gab es zwei Lohnerhöhungen – und für Happ-Kunden zwei „maßvolle Preiserhöhungen“, wie Happ sagt. „Wir müssen effizienter arbeiten. Die Öfen, Spülmaschinen und Klimaanlagen werden bewusster und energiesparender eingesetzt“, berichtet Michael Happ.

Obermeister Michel schlägt eine weitere Sparmöglichkeit vor: In den Läden soll nicht mehr gebacken werden. „Es ist effizienter, die großen Öfen in der Backstube zu nutzen“, sagt Michel. Die Bäckereien Pappert und Happ lehnen das einhellig ab: Das „Ladenbacken“ sei für die Kunden sehr wichtig, sagen sie. Aber auch das Ladenbacken könne man noch effizienter machen.

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