„Das Thema begleitet uns schon lange. Aber die Frage, wie wir die betroffenen Anwohner und die Pendler entlasten können, haben wir noch nicht gelöst“, sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Mario Klotzsche. Die Liberalen hatten das Thema mit ihrem Antrag auf die Tagesordnung des Kreistags gesetzt. (Lesen Sie hier: Autobahn-Anschlussstelle Gersfeld: Mehr Chancen – oder mehr Risiken? Das sagen die Kommunen)
Der erste Versuch, die beiden Orte durch den Bau der Bundesstraße B87n zu entlastet, sei an naturschutzrechtlichen Hindernissen gescheitert, sagte Klotzsche. Doch die Region sei immer der Auffassung gewesen, dass auch ohne neue große Bundesstraße zumindest für betroffene Ortschaften Entlastung geschaffen werden müsse. „Passiert ist aber nichts. Wir sollten deshalb jetzt ein Zeichen setzen“, forderte der FDP-Chef.
Markus Meysner, Landtagsabgeordneter und Kreistagsmitglied der CDU, unterstützte den FDP-Antrag: „In meiner Zeit als Tanner Bürgermeister habe ich das Problem hautnah miterlebt. Die B87n ist vermutlich gescheitert, weil die Gegner lauter waren als die stille Mehrheit der Befürworter.“
Für den ländlichen Raum seien die Umgehungsstraßen elementar. „Es ist wichtig, dass wir als Kreis heute ein Signal geben.“ Meysner sagte, wenn der Kreis Ortsumgehungen fordere, dann müsse er auch an Stadtteile von Tann denken, die heute vom Durchgangsverkehr belastet würden. (Lesen Sie auch: Ärger wegen massiven Verkehrslärms in Bronnzell - Derzeit kein Rechtsanspruch auf Lärmschutz)
Die Ortsdurchfahrten von Margretenhaun und Niederbieber entlasten – das sollte ursprünglich durch eine neue, 57 Kilometer lange Bundesstraße erfolgen: die B87n von Fulda nach Meiningen.
Nach dem Fall der Mauer 1989 forderte die Region Osthessen den Bau zweier überregionaler Verbindungen: Mit der Fertigstellung der A 66 nach Frankfurt sollte Fulda näher ans Rhein-Main-Gebiet rücken. Der Lückenschluss gelang im September 2014. Mit dem Bau einer Bundesstraße nach Osten, der B87n nach Meinungen, sollten die Wirtschaftsräume Osthessen und Südthüringen näher aneinanderrücken.
Im Kreis Fulda wurden verschiedene Varianten diskutiert. Die Planungen konzentrierten sich dann auf die Trasse Fulda – Hofbieber – Tann – Unterweid (Tunnel) – Kaltensundheim – Meiningen. 2003 wurde das Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen, ab 2006 befand es sich im Raumordnungsverfahren. Doch 2013 lehnte das Bundesverkehrsministerium die Streckenführung auf hessischer Seite über Tann wegen naturschutzfachlicher Bedenken ab und stoppte die Planungen.
Der Teil in Thüringen aber wurde 2016 wegen regionaler Dringlichkeit in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen. Die B87n soll von Meiningen bis zur thüringisch-hessischen Grenze gebaut werden. Im Zuge der B87n sollen in Thüringen sieben Ortsumgehungen entstehen. Bei Tann-Theobaldshof würde die B87n an Hessen „angeschlossen“. Bei Theobaldshof wäre aber Schluss.
„Sie hätten ja mal im Verkehrsministerium nachfragen können, warum die Umgehungen nicht geplant werden, ehe Sie diesen Antrag stellen“, hielt Grünen-Abgeordneter Markus Hofmann dem FDP-Chef entgegen. Das Land setze einen Schwerpunkt auf die Sanierung bestehender Straßen und nicht auf ihren Neubau.
Das Land habe aus einer Vielzahl möglicher Ortsumgehungen in Hessen 21 Projekte herausgesucht, bei denen die Entlastungswirkung besonders groß wäre. Die Umgehungen Margretenhaun und Niederbieber gehörten nicht dazu. „Das Land hält die beiden Vorhaben nicht für dringlich. Daran wird die Resolution nichts ändern“, sagte der Grünen-Abgeordnete.
„Der Kreistag kann es vielleicht besser beurteilen als ein Landesministerium, ob hier im Kreis eine Straße notwendig ist“, widersprach Klotzsche. „Die Belastung hier ist hoch. Das weiß jeder, der die Straße täglich fährt.“ Daraufhin konterte Helmut Schönberger (Grüne), die FDP wolle die B87n „jetzt offenbar scheibchenweise“ – Die Behörden hätten gesehen, dass die B87n einen schweren Eingriff in die Natur darstelle.
Andreas Jörges, SPD-Abgeordneter aus Tann, sagte, die SPD sei gegen die B87n gewesen, aber habe sich immer für die Entlastung der betroffenen Orten eingesetzt. Landrat Bernd Woide (CDU) schloss sich der Forderung des Kreistags an: „Wir sind mit dem Land seit Jahren im Gespräch. Diese Ortsumgehungen sind kein Luxus, sondern pure Notwendigkeit für die Betroffenen.“ Er sei sich bewusst, dass die Landesmittel begrenzt seien. Deshalb müsse die Region jetzt mit ihrer Überzeugungsarbeit in Wiesbaden beginnen.