Nach dem russischen Angriff auf ihre Heimat suchen inzwischen viele ukrainische Geflüchtete in Deutschland nach Arbeit. Anfang August veranstaltete der Gastro-Verband IGF in Kooperation mit dem Frankfurter Jobcenter und dem Dehoga Frankfurt eine Job-Messe für ukrainische Geflüchtete. Nach Angaben des Jobcenters verfügten viele der rund 200 ukrainischen Gäste über Berufserfahrungen in der Hotellerie und Gastronomie, einige Bewerbungen seien erfolgreich gewesen.
„Damit wollen wir zum einen den Menschen helfen und ihnen auf möglichst unbürokratischem und einfachem Weg einen Job und somit eine Perspektive verschaffen“, sagte IGF-Vorstandschef Madjid Djamegari. Zum anderen sei es für die Betriebe eine sinnvolle Maßnahme, dem Personalmangel in der Branche entgegenzutreten. Weitere Job-Messen würden bereits geplant.
Steffen Ackermann, Vizepräsident DEHOGA Hessen und Vorsitzender DEHOGA Kreisverband Fulda: „Etwa 30 Prozent der Beschäftigten sind seit Beginn der Pandemie von der Gastronomiebranche in andere Bereiche gewechselt. Vor Corona konnte man das in den Betrieben noch arrangieren, inzwischen werden jedoch andere Wege gegangen, etwa mit verkürzten Öffnungszeiten und Selbstbedienungskonzepten.
Viele Betriebe haben Geflüchtete eingestellt. Ihre Bereitschaft zu arbeiten ist vorhanden und einige Frauen, die etwa in der „Kneshecke“ untergebracht waren, haben schon nach wenigen Tagen gefragt ‚Wo kann ich arbeiten?‘. Für sie ist das Gastgewerbe ist ein guter Einstieg in den Arbeitsmarkt. Die Bezahlung ist in der Branche in den vergangenen zehn Jahren enorm gestiegen und im letzten Jahr wurde ein guter Tarifvertrag ausgehandelt. Da können wir uns mit anderen Branchen messen.“
Dieter Adt, Vorsitzender DEHOGA-Kreisverband Bad Orb: „Die Personalsituation ist bei uns im Main-Kinzig-Kreis bescheiden, so wie überall. Jeder Betrieb hat seine Probleme, die er versucht in den Griff zu bekommen. Aber das Klagen hilft ja nichts. Bei der Corona-Pandemie hat uns der Staat gut geholfen, da sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Danach war und ist der Nachholbedarf der Gäste riesig – und dann kommt der Ukrainekrieg und die Rezession.
Da aktuell die Nachfrage und die Belegung in den Hotels da ist, benötigen wir Personal. Dem ein oder anderen Betrieb gelingt es, eine ukrainische Hilfskraft zu bekommen, die in seinen Betrieb passt. Die Flüchtlinge suchen händeringend nach Wohnungen und einige Hotels stellen über den Kreis ihr Haus zur Verfügung, um in der Not zu helfen. Andererseits fallen dadurch Gästebetten weg. Wir haben zwar Angst vor der Rezession, hoffen aber, dass wir das überstehen.“
Trotz gut besuchter Lokale ist die Lage der Gastronomie oft kritisch. „Wir mussten unsere Öffnungszeiten anpassen. Entweder ist jemand vom Team erkrankt oder es findet sich kein neues Personal. Uns fehlt einfach die Kraft“, sagt die Mitarbeiterin eines Restaurants aus dem Frankfurter Nordend. Sie kenne auch Lokale aus der Nachbarschaft, die unfreiwillig einen Ruhetag eingeführt hätten. (Lesen Sie auch: In Fulda gibt es nun den ersten Servier-Roboter - weil es kein Personal gibt)
Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) fehlen im hessischen Gastgewerbe mindestens 6000 Arbeitskräfte. „Viele Betriebe, vor allem in der Gastronomie, haben ihre Servicezeiten längst an ihre Mitarbeitersituation angepasst“, betont Hauptgeschäftsführer Julius Wagner. Damit gehe es der Branche wie den meisten Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft.
Nach dem Sommer liege der Umsatz des hessischen Gastgewerbes 20 Prozent unter dem des Jahres 2019. „Kredite sind zu tilgen, teilweise stehen immer noch Corona-Hilfen aus, und gerade die Mitarbeiter müssen gut bezahlt werden. Einer Erhöhung der Preise im Restaurant sind dabei Grenzen gesetzt“, sagt Wagner.