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40 Tage Pause für Leib und Seele - Fastenzeit beginnt heute

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Am heutigen Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Verzichten auch Sie auf etwas?
Am heutigen Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Verzichten auch Sie auf etwas? © dpa

Mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt die christliche Fastenzeit. Bis zur Auferstehung Jesu an Ostern üben Gläubige sich 40 Tage lang im Verzicht. Die Sonntage sind traditionell vom Fasten ausgenommen.

Fulda - Auf den Rosenmontag folgt der Aschermittwoch, der die Fastnachtszeit beendet. Ursprünglich geht das Verzichten in der Zeit bis Ostern auf die 40 Tage zurück, in denen Jesus betend und fastend durch die Wüste zog. Heute bietet die Fastenzeit vielen Anlass dazu, sich – zumindest vorübergehend – von Genussmitteln und Lastern zu befreien.

Diakon Helmut Kimmling aus Nüsttal (Kreis Fulda) unterstützt seit mehr als 15 Jahren Gruppen beim Heilfasten. „Beim Fasten geht es nicht nur um reinen Verzicht, sondern um die Reinigung von Geist und Seele“, erklärt der Experte.

Für ihn sei es besonders wichtig, sich in dieser Zeit auf sich selbst zu besinnen, den eigenen „Status quo“ zu reflektieren und neue Ziele zu definieren. „Mir geht es in der Fastenzeit immer ganz gut. Ich nehme mir aktiv Auszeiten vom stressigen Alltag, gehe spazieren und erlebe durch den Verzicht eine gewisse Leichtigkeit“, erläutert Kimmling.

Fulda: Fastenzeit beginnt - So üben sich Pfarrer und Diakone im Verzicht

Das Heilfasten habe ihm in den vergangenen Jahren einen besseren Zugang zu seinem Körper ermöglicht und neue Energien freigesetzt. „In den Gruppen haben wir uns gegenseitig unterstützt und zum Durchhalten motiviert“, beschreibt er die meditative Erfahrung.

Aus gesundheitlichen Gründen hat der 72-Jährige vor zwei Jahren mit dem Heilfasten aufgehört. Er fastet in diesem Jahr stattdessen Süßigkeiten und möchte das Essen allgemein etwas reduzieren. „Unabhängig von Meditation und Besinnung hilft das Fasten ja auch beim Abnehmen“, sagt der Diakon.

„Die Fastenzeit ist eine Konzentrationszeit“, erklärt Pfarrerin Anke Haendler-Kläsener. Gerade in Krisenzeiten solle man verzichten, um sich auf das Wichtige zu fokussieren. „Es geht nicht ums Beuteln und Bestrafen. Ich besinne mich darauf, wer mich durch solch schwere Zeiten trägt und mein Leben in der Hand hat. Dass ich mich an Gott wenden kann, gibt mir Kraft und spendet Trost“, erklärt die Pfarrerin aus Flieden. (Lesen Sie hier: Früher Pfarrer, heute verheiratet: Jan Kremer über Zölibat und sein neues Leben)

Fastenkalender bringt geistliche Impulse in den Tag

Sie selbst faste „ziemlich klassisch“ Alkohol und Süßigkeiten und baue außerdem Ruhe- und Gebetspausen in ihren Alltag ein. „Ich gestalte mein Leben in der Fastenzeit bewusst anders. Zum Beispiel nutze ich einen Fastenkalender, der täglich von Aschermittwoch bis Ostermontag geistliche Impulse enthält“, beschreibt Haendler-Kläsener ihr derzeitiges Morgenritual.

Auch für Carsten Noll, Pfarrer in Eckweisbach, geht das Fasten über blanken Verzicht hinaus. „Fasten bedeutet ein „Mehr“ – mehr Raum im eigenen Leben für Gott zu schaffen“, erläutert er. Die von Pandemiegeschehen und Ukrainekonflikt geprägte gegenwärtige Lage ziehe den Menschen fast gänzlich den Boden unter den Füßen weg und hinterlasse ein Gefühl der Machtlosigkeit.

„Daher ist es gerade jetzt notwendig, dass wir uns unserer Verantwortung gegenüber Gott bewusst werden. Wir müssen die Würde des Menschen schützen und erhalten“, führt Pfarrer Noll fort. Der Verzicht sei in diesem Zusammenhang ein Einsatz, den man in Verbindung mit dem Gebet zugunsten der eigenen seelischen Gesundheit erbringe. „Wir können zum lieben Gott flüchten. Er kann Köpfe und Herzen der Menschen bewegen“, erklärt der Pfarrer.

Durch Fasten Reflexion im flüchtigen Alltag schaffen

Durch das Fasten trainiere man außerdem den eigenen Willen und die Selbstbeherrschung. „Man lässt die Dinge nicht einfach laufen, sondern kontrolliert und reflektiert das eigene Handeln“, sagt Carsten Noll. Er selbst versuche, in den kommenden Wochen auf das Glas Wein am Abend zu verzichten und den eigenen Fleischkonsum etwas einzuschränken.

„Außerdem räume ich dem Gebet und dem Lesen in der Bibel mehr Zeit ein. Die Bibel ermöglicht die Kommunikation mit Gott – wenn mich eine Stelle besonders berührt, dann will er mir damit etwas mitteilen“, ergänzt Carsten Noll.

Alle drei sind sich einig – gerade in Krisenzeiten ist das christliche Fasten von hoher Bedeutung und bietet die Gelegenheit, innezuhalten und sich auf die wichtigen Dinge im Leben zu besinnen. Es geht dabei um mehr als Verzicht und schon gar nicht um Bestrafung. Vor allem soll man zur Ruhe kommen und bewusst Zeit für Reflexion im sonst so flüchtigen Alltag schaffen. (Von Sophie Brosch)

Den kompletten Artikel zum Thema „Fasten“ lesen Sie in der Mittwochsausgabe (2. März 2022) unseres Print-Produkts oder im E-Paper.

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