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Verwirrung um Fastnachtsumzug: Aktion wegen vermeintlicher Querdenker-Verbindung abgesagt

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Von: Sabrina Mehler

Der Fastnachtsumzug hat zu Irritationen geführt – und fällt nun ins Wasser.
Der Fastnachtsumzug hat zu Irritationen geführt – und fällt nun ins Wasser. © adobe.stock.com/Animaflora PicsStock

Eine Gruppe junger Leute hatte für Fastnachtssonntag eine Veranstaltung mit 800 Teilnehmern in Fulda geplant. Doch weil der Umzug in der Öffentlichkeit fälschlich mit Corona-Leugnern und Querdenkern in Verbindung gebracht wurde, ist er nun abgesagt.

Fulda - Aus der Traum von einem Faschingsumzug am Sonntag: Junge Leute aus dem Fuldaer und Hünfelder Raum hatten aus Enttäuschung über die vielen Absagen in der diesjährigen Fastnachtskampagne die Idee, trotz Corona-Pandemie – bei Einhaltung aller Hygienemaßnahmen – eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen.

Doch die Kommunikation lief gewaltig schief: Zwar schrieben sie Karnevalsvereine ebenso an wie Firmen, um für eine Teilnahme zu werben sowie um Sponsorengelder zu erhalten – und hatten damit Erfolg. Doch auch in den sozialen Medien machte das Schreiben die Runde, das aber keinerlei Hinweis auf den Veranstalter gab. Es war lediglich mit „Euer Orga-Team“ unterschrieben.

Fulda: Fastnachtsumzug wegen vermeintlicher Querdenker-Verbindung abgesagt

In dem Text heißt es: „Es handelt sich um einen Umzug für den Erhalt der Kultur und um zu zeigen, wie sehr wir unseren Fasching vermissen.“ Zudem schreiben die Veranstalter von „politischen Fehlentscheidungen“ und kritisieren die Absage vieler regulärer Faschingsumzüge in der Region. „Diese Regelung kommt uns sehr närrisch vor, weil eine Veranstaltung im Freien mit Abstand und Maske möglich gewesen wäre“, heißt es weiter.

Viele Vereine und Einzelpersonen, die die Nachricht über Kanäle wie WhatsApp, Facebook oder Telegram erhalten haben, waren irritiert und rückten die Aktion intuitiv in die Nähe von Querdenkern und Corona-Leugnern, die zurzeit ebenfalls mehrmals in der Woche durch Fulda laufen. Die Fuldaer Karneval-Gesellschaft (FKG) etwa verschickte umgehend eine Rundmail an ihre Mitglieder, um sich von dem Fastnachtsumzug zu distanzieren und die Aktiven zu bitten, die Aktion nicht zu unterstützen. Auch Medien der Region berichteten darüber.

Nun hat sich bei unserer Zeitung das Organisationsteam gemeldet. Lucian Hieret aus Hünfeld und Marcel Mertmann aus Petersberg berichten vom Ziel der kleinen Gruppe, deren Mitglieder allesamt karnevalistisch engagiert sind: „Wir fanden es schade, dass Fastnachtsumzüge nicht stattfinden sollten. Wir wollten aber auch in der Pandemie zeigen: Unsere Vereine gibt es noch, sie leben.“

Man habe mit dem Umzug durch Fulda die seit zwei Jahren ruhende Fastnacht wieder aufleben lassen wollen. Keiner der Beteiligten sei Impfgegner – ganz im Gegenteil. (Lesen Sie hier: Großer Friedensgottesdienst: Karnevalisten feiern in Fuldaer Stadtpfarrkirche)

Umzüge in der Region

Viele Karnevalsvereine der Region haben lange überlegt, ob sie ihre Romo-Umzüge durchführen. Die FKG beispielsweise hatte schließlich Mitte Januar in Absprache mit den Fuldaer Rand- und Bundesstaaten, der Stadt Fulda sowie Präsidium und Romo-Ausschuss entschieden, dass aufgrund der pandemischen Lage kein Umzug durchgeführt werden kann. Andere Vereine der Region trafen die gleiche Entscheidung. Stattdessen gibt es regionweit Alternativ-Veranstaltungen, etwa digitale Formate.

Hieret berichtet zudem von einem zunächst sehr positiven Feedback, das die Gruppe erhalten habe: „Viele Vereine aus dem Fuldaer und Hünfelder Land waren schon mit im Boot und haben sich über die Idee sehr gefreut.“ Auch Firmen hätten bereits angeboten, zum Beispiel mit Fahrzeugen für den Umzug auszuhelfen.

Die Aktion mit geschätzt 800 Beteiligten war bei der Stadt Fulda als Genehmigungsbehörde angemeldet. Laut Pressesprecher Johannes Heller habe es sich um eine „politische Kundgebung nach Versammlungsrecht, nicht um eine Veranstaltung“ gehandelt. Hieret und Mertmann beteuern hingegen, lediglich eine Versammlung haben organisieren wollen, auf den „Erhalt der Kultur“ habe aufmerksam machen wollen.

Video: Kanonenschüsse am Buttermarkt: Fulda startet in die Fastnacht

Am Dienstag sollten eigentlich noch klärende Gespräche mit Stadt und Polizei stattfinden. Mittlerweile hat sich das Organisationsteam aber entschieden, trotz der investierten Zeit und Mühen die ganze Veranstaltung abzublasen. Denn anders als die Karnevalsvereine haben sich viele Corona-Politik-Kritiker, etwa auf dem Messengerdienst Telegram, begeistert von der Aktion gezeigt. „Aber wir wollen diesen Leuten absolut keine Plattform bieten“, sagt Hieret.

Jeder in der Gruppe sei „durchgeimpft“, und man sei „fassungslos“, mit Querdenkern in Verbindung gebracht worden zu sein. Er sehe „keine Chance mehr“, die falschen Vorstellungen vieler Menschen in der Region geraderücken zu können. Daher hätten die Verantwortlichen schweren Herzens den Umzug abgesagt. Hieret ist jedoch auch selbstkritisch: Der Text, der nun im Umlauf ist, sei nicht optimal gewesen. Er sei bewusst „zugespitzt“ formuliert worden, um auf den Umzug aufmerksam zu machen. Das ist gelungen – allerdings anders als geplant.

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